gefangenen Pfarrer aus der Schrift nachgewiesen zu haben; es war einer der größten Triumphe Zwingli's, daß Faber, von ihm aufgefordert, diesen Beweis doch noch einmal zu führen und zwar hier zur Stelle, damit natürlich nicht zum Ziel kommen konnte. Ueberhaupt gestanden selbst eifrige Gegner damals ein, und noch heute kann es Niemand, der die Verhandlungen liest, in Abrede stellen, daß Zwingli vollkommen den Platz behielt. Daraus folgte dann, daß der Rath ihn ausdrücklich ermächtigte, fortzufahren, wie bisher, und die Geistlichkeit aufs neue anwies, nichts vor- zunehmen oder zu lehren, was sie nicht aus dem Worte Gottes beweisen könne.
Bemerken wir wohl die Worte vornehmen oder lehren, sie schließen so gut eine Aenderung der Cerimonien wie der Predigt ein.
Schon war die Umwandlung der Aeußerlichkeiten des Kirchenwesens in vollem Gange. Die Geistlichen verhei- ratheten sich: den Klosterfrauen ward freigestellt, auszutre- ten oder zu bleiben: -- "Wisset lieber Meister Ulrich," schrieb der Schaffner des Kloster Cappel an Zwingli, "wir sind alle mit dem Abt einhellig geworden, anzunehmen das heilig Evangelium und göttlich Wort, und dabei zu ster- ben." 2 Obwohl im Stift am Münster noch sehr eifrige Anhänger des Alten lebten, so ward doch am Ende von den Chorherrn selbst der Beschluß, dasselbe zu reformiren, 1 3
1 Handlung der Versammlung in der löblichen Stadt Zürich von Hegenwaldt, mit Auszügen aus Fabers warlicher unterrichtung in Zwingli's Werken I, p. 105.
3 Jakob Leu der Schaffner an Zwingli Epp. I, 367.
Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel.
gefangenen Pfarrer aus der Schrift nachgewieſen zu haben; es war einer der größten Triumphe Zwingli’s, daß Faber, von ihm aufgefordert, dieſen Beweis doch noch einmal zu führen und zwar hier zur Stelle, damit natürlich nicht zum Ziel kommen konnte. Ueberhaupt geſtanden ſelbſt eifrige Gegner damals ein, und noch heute kann es Niemand, der die Verhandlungen lieſt, in Abrede ſtellen, daß Zwingli vollkommen den Platz behielt. Daraus folgte dann, daß der Rath ihn ausdrücklich ermächtigte, fortzufahren, wie bisher, und die Geiſtlichkeit aufs neue anwies, nichts vor- zunehmen oder zu lehren, was ſie nicht aus dem Worte Gottes beweiſen könne.
Bemerken wir wohl die Worte vornehmen oder lehren, ſie ſchließen ſo gut eine Aenderung der Cerimonien wie der Predigt ein.
Schon war die Umwandlung der Aeußerlichkeiten des Kirchenweſens in vollem Gange. Die Geiſtlichen verhei- ratheten ſich: den Kloſterfrauen ward freigeſtellt, auszutre- ten oder zu bleiben: — „Wiſſet lieber Meiſter Ulrich,“ ſchrieb der Schaffner des Kloſter Cappel an Zwingli, „wir ſind alle mit dem Abt einhellig geworden, anzunehmen das heilig Evangelium und göttlich Wort, und dabei zu ſter- ben.“ 2 Obwohl im Stift am Münſter noch ſehr eifrige Anhänger des Alten lebten, ſo ward doch am Ende von den Chorherrn ſelbſt der Beſchluß, daſſelbe zu reformiren, 1 3
1 Handlung der Verſammlung in der loͤblichen Stadt Zuͤrich von Hegenwaldt, mit Auszuͤgen aus Fabers warlicher unterrichtung in Zwingli’s Werken I, p. 105.
3 Jakob Leu der Schaffner an Zwingli Epp. I, 367.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0090"n="74"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/>
gefangenen Pfarrer aus der Schrift nachgewieſen zu haben;<lb/>
es war einer der größten Triumphe Zwingli’s, daß Faber,<lb/>
von ihm aufgefordert, dieſen Beweis doch noch einmal zu<lb/>
führen und zwar hier zur Stelle, damit natürlich nicht<lb/>
zum Ziel kommen konnte. Ueberhaupt geſtanden ſelbſt eifrige<lb/>
Gegner damals ein, und noch heute kann es Niemand,<lb/>
der die Verhandlungen lieſt, in Abrede ſtellen, daß Zwingli<lb/>
vollkommen den Platz behielt. Daraus folgte dann, daß<lb/>
der Rath ihn ausdrücklich ermächtigte, fortzufahren, wie<lb/>
bisher, und die Geiſtlichkeit aufs neue anwies, nichts vor-<lb/>
zunehmen oder zu lehren, was ſie nicht aus dem Worte<lb/>
Gottes beweiſen könne.</p><lb/><p>Bemerken wir wohl die Worte vornehmen oder lehren,<lb/>ſie ſchließen ſo gut eine Aenderung der Cerimonien wie<lb/>
der Predigt ein.</p><lb/><p>Schon war die Umwandlung der Aeußerlichkeiten des<lb/>
Kirchenweſens in vollem Gange. Die Geiſtlichen verhei-<lb/>
ratheten ſich: den Kloſterfrauen ward freigeſtellt, auszutre-<lb/>
ten oder zu bleiben: —„Wiſſet lieber Meiſter Ulrich,“<lb/>ſchrieb der Schaffner des Kloſter Cappel an Zwingli, „wir<lb/>ſind alle mit dem Abt einhellig geworden, anzunehmen das<lb/>
heilig Evangelium und göttlich Wort, und dabei zu ſter-<lb/>
ben.“<noteplace="foot"n="2">Chunrad Hofmanns ſchriftlicher Fuͤrtrag wider Zwingli’s<lb/>
Reformation: Fuͤßli Beitraͤge <hirendition="#aq">III,</hi> 93.</note> Obwohl im Stift am Münſter noch ſehr eifrige<lb/>
Anhänger des Alten lebten, ſo ward doch am Ende von<lb/>
den Chorherrn ſelbſt der Beſchluß, daſſelbe zu reformiren,<lb/><noteplace="foot"n="1">Handlung der Verſammlung in der loͤblichen Stadt Zuͤrich<lb/>
von Hegenwaldt, mit Auszuͤgen aus Fabers warlicher unterrichtung<lb/>
in Zwingli’s Werken <hirendition="#aq">I, p.</hi> 105.</note><lb/><noteplace="foot"n="3">Jakob Leu der Schaffner an Zwingli <hirendition="#aq">Epp. I,</hi> 367.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[74/0090]
Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel.
gefangenen Pfarrer aus der Schrift nachgewieſen zu haben;
es war einer der größten Triumphe Zwingli’s, daß Faber,
von ihm aufgefordert, dieſen Beweis doch noch einmal zu
führen und zwar hier zur Stelle, damit natürlich nicht
zum Ziel kommen konnte. Ueberhaupt geſtanden ſelbſt eifrige
Gegner damals ein, und noch heute kann es Niemand,
der die Verhandlungen lieſt, in Abrede ſtellen, daß Zwingli
vollkommen den Platz behielt. Daraus folgte dann, daß
der Rath ihn ausdrücklich ermächtigte, fortzufahren, wie
bisher, und die Geiſtlichkeit aufs neue anwies, nichts vor-
zunehmen oder zu lehren, was ſie nicht aus dem Worte
Gottes beweiſen könne.
Bemerken wir wohl die Worte vornehmen oder lehren,
ſie ſchließen ſo gut eine Aenderung der Cerimonien wie
der Predigt ein.
Schon war die Umwandlung der Aeußerlichkeiten des
Kirchenweſens in vollem Gange. Die Geiſtlichen verhei-
ratheten ſich: den Kloſterfrauen ward freigeſtellt, auszutre-
ten oder zu bleiben: — „Wiſſet lieber Meiſter Ulrich,“
ſchrieb der Schaffner des Kloſter Cappel an Zwingli, „wir
ſind alle mit dem Abt einhellig geworden, anzunehmen das
heilig Evangelium und göttlich Wort, und dabei zu ſter-
ben.“ 2 Obwohl im Stift am Münſter noch ſehr eifrige
Anhänger des Alten lebten, ſo ward doch am Ende von
den Chorherrn ſelbſt der Beſchluß, daſſelbe zu reformiren,
1
3
2 Chunrad Hofmanns ſchriftlicher Fuͤrtrag wider Zwingli’s
Reformation: Fuͤßli Beitraͤge III, 93.
1 Handlung der Verſammlung in der loͤblichen Stadt Zuͤrich
von Hegenwaldt, mit Auszuͤgen aus Fabers warlicher unterrichtung
in Zwingli’s Werken I, p. 105.
3 Jakob Leu der Schaffner an Zwingli Epp. I, 367.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/90>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.