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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Emancipation von Zürich 1523.
chen Kirchensatzungen zu leben, durch ein neues Decret ver-
dammte; an eben dieser Meinung hielt die freie Gemeinde
fest, welche sich von ihm lossagte.

Die einzige wahre Schwierigkeit, welche sich dieser auf
ihrem Wege entgegenstellte, lag in der Hartnäckigkeit ein-
zelner abweichenden Meinungen in ihrem Innern. Noch
immer fanden sich Leute, welche Zwingli für einen Ketzer
erklärten.

Um dem ein Ende zu machen und auf den Grund ge-
stützt, daß die von ihm begehrte Erläuterung niemals ausge-
bracht worden, veranstaltete der Rath im Februar 1523 eine
Disputation seiner Leutpriester, Seelsorger, Pfarrer und Prä-
dicanten. Ohnehin entsprach das dem Begriffe Zwingli's.
Er meinte, Gott werde einmal nicht fragen, was der Papst
mit seinen Bischöfen, was Concilien und Universitäten sta-
tuirt, sondern was in seinem Worte enthalten sey. Der
Bischof, der noch nicht alle Hoffnung aufgegeben zu haben
scheint, sendete auch einige Abgeordnete, unter ihnen seinen
Generalvicar Faber, zwar nicht um an der Disputation
eigentlich Theil zu nehmen, aber um ihr beizuwohnen und
den Zwist der Parteien zu schlichten. 1 Die Disputation
fiel jedoch vollkommen zu Gunsten Zwingli's aus. Was
wollte man auch sagen, so wie man ihm seinen Grundsatz
zugab, daß die Schrift "die nicht lüge noch trüge" die
einige Richtschnur des Glaubens sey. Ich wundre mich,
daß sich der kluge Faber auf diesen schlüpfrigen Boden
wagte. Er rühmte sich, die Anrufung der Heiligen einem

1 "nit zu disputiren, sondern allein uffhören, rath geben und
schidlüt zu seyn. Faber Warlich Unterrichtung bei Hottinger I, 437.

Emancipation von Zuͤrich 1523.
chen Kirchenſatzungen zu leben, durch ein neues Decret ver-
dammte; an eben dieſer Meinung hielt die freie Gemeinde
feſt, welche ſich von ihm losſagte.

Die einzige wahre Schwierigkeit, welche ſich dieſer auf
ihrem Wege entgegenſtellte, lag in der Hartnäckigkeit ein-
zelner abweichenden Meinungen in ihrem Innern. Noch
immer fanden ſich Leute, welche Zwingli für einen Ketzer
erklärten.

Um dem ein Ende zu machen und auf den Grund ge-
ſtützt, daß die von ihm begehrte Erläuterung niemals ausge-
bracht worden, veranſtaltete der Rath im Februar 1523 eine
Disputation ſeiner Leutprieſter, Seelſorger, Pfarrer und Prä-
dicanten. Ohnehin entſprach das dem Begriffe Zwingli’s.
Er meinte, Gott werde einmal nicht fragen, was der Papſt
mit ſeinen Biſchöfen, was Concilien und Univerſitäten ſta-
tuirt, ſondern was in ſeinem Worte enthalten ſey. Der
Biſchof, der noch nicht alle Hoffnung aufgegeben zu haben
ſcheint, ſendete auch einige Abgeordnete, unter ihnen ſeinen
Generalvicar Faber, zwar nicht um an der Disputation
eigentlich Theil zu nehmen, aber um ihr beizuwohnen und
den Zwiſt der Parteien zu ſchlichten. 1 Die Disputation
fiel jedoch vollkommen zu Gunſten Zwingli’s aus. Was
wollte man auch ſagen, ſo wie man ihm ſeinen Grundſatz
zugab, daß die Schrift „die nicht lüge noch trüge“ die
einige Richtſchnur des Glaubens ſey. Ich wundre mich,
daß ſich der kluge Faber auf dieſen ſchlüpfrigen Boden
wagte. Er rühmte ſich, die Anrufung der Heiligen einem

1 „nit zu disputiren, ſondern allein uffhoͤren, rath geben und
ſchidluͤt zu ſeyn. Faber Warlich Unterrichtung bei Hottinger I, 437.
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[73/0089] Emancipation von Zuͤrich 1523. chen Kirchenſatzungen zu leben, durch ein neues Decret ver- dammte; an eben dieſer Meinung hielt die freie Gemeinde feſt, welche ſich von ihm losſagte. Die einzige wahre Schwierigkeit, welche ſich dieſer auf ihrem Wege entgegenſtellte, lag in der Hartnäckigkeit ein- zelner abweichenden Meinungen in ihrem Innern. Noch immer fanden ſich Leute, welche Zwingli für einen Ketzer erklärten. Um dem ein Ende zu machen und auf den Grund ge- ſtützt, daß die von ihm begehrte Erläuterung niemals ausge- bracht worden, veranſtaltete der Rath im Februar 1523 eine Disputation ſeiner Leutprieſter, Seelſorger, Pfarrer und Prä- dicanten. Ohnehin entſprach das dem Begriffe Zwingli’s. Er meinte, Gott werde einmal nicht fragen, was der Papſt mit ſeinen Biſchöfen, was Concilien und Univerſitäten ſta- tuirt, ſondern was in ſeinem Worte enthalten ſey. Der Biſchof, der noch nicht alle Hoffnung aufgegeben zu haben ſcheint, ſendete auch einige Abgeordnete, unter ihnen ſeinen Generalvicar Faber, zwar nicht um an der Disputation eigentlich Theil zu nehmen, aber um ihr beizuwohnen und den Zwiſt der Parteien zu ſchlichten. 1 Die Disputation fiel jedoch vollkommen zu Gunſten Zwingli’s aus. Was wollte man auch ſagen, ſo wie man ihm ſeinen Grundſatz zugab, daß die Schrift „die nicht lüge noch trüge“ die einige Richtſchnur des Glaubens ſey. Ich wundre mich, daß ſich der kluge Faber auf dieſen ſchlüpfrigen Boden wagte. Er rühmte ſich, die Anrufung der Heiligen einem 1 „nit zu disputiren, ſondern allein uffhoͤren, rath geben und ſchidluͤt zu ſeyn. Faber Warlich Unterrichtung bei Hottinger I, 437.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/89>, abgerufen am 24.11.2024.