Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Zwingli. ral, die durch dieß Unwesen beleidigt war, die Meinungdes Volkes fand in ihm ihren beredtesten Sprecher. Das Studium der Alten und der Schrift, im Gegensatz gegen die um sich greifende sittliche und religiöse Verwilderung, das Bewußtseyn einer redlichen Vaterlandsliebe im Kampfe mit erkaufter Dienstbeflissenheit gegen fremde Höfe, bildete in ihm eine Gesinnung aus, in der sich schon der zukünftige Versuch, die kirchlichen wie die weltlichen Zustände umzuge- stalten, ankündigte: es kam nur darauf an, daß er freien Raum bekam, an die rechte Stelle gelangte. Die ward ihm im J. 1519 in Zürich zu Theil. Zürich war wenn damals noch nicht der einzige, doch Und hier nahm nun Ulrich Zwingli sogleich nach beiden Zunächst bekämpfte er alle jene Partei-Verbindungen 1 Bullinger: Reformationsgeschichte p. 11 furnamlich darum
das er vernommen, wie er heftig wider pensionen pensiöner, der für- sten pündtnissen und kriegen prediget. Zwingli. ral, die durch dieß Unweſen beleidigt war, die Meinungdes Volkes fand in ihm ihren beredteſten Sprecher. Das Studium der Alten und der Schrift, im Gegenſatz gegen die um ſich greifende ſittliche und religiöſe Verwilderung, das Bewußtſeyn einer redlichen Vaterlandsliebe im Kampfe mit erkaufter Dienſtbefliſſenheit gegen fremde Höfe, bildete in ihm eine Geſinnung aus, in der ſich ſchon der zukünftige Verſuch, die kirchlichen wie die weltlichen Zuſtände umzuge- ſtalten, ankündigte: es kam nur darauf an, daß er freien Raum bekam, an die rechte Stelle gelangte. Die ward ihm im J. 1519 in Zürich zu Theil. Zürich war wenn damals noch nicht der einzige, doch Und hier nahm nun Ulrich Zwingli ſogleich nach beiden Zunächſt bekämpfte er alle jene Partei-Verbindungen 1 Bullinger: Reformationsgeſchichte p. 11 furnamlich darum
das er vernommen, wie er heftig wider penſionen penſioͤner, der fuͤr- ſten puͤndtniſſen und kriegen prediget. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0077" n="61"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zwingli</hi>.</fw><lb/> ral, die durch dieß Unweſen beleidigt war, die Meinung<lb/> des Volkes fand in ihm ihren beredteſten Sprecher. Das<lb/> Studium der Alten und der Schrift, im Gegenſatz gegen die<lb/> um ſich greifende ſittliche und religiöſe Verwilderung, das<lb/> Bewußtſeyn einer redlichen Vaterlandsliebe im Kampfe mit<lb/> erkaufter Dienſtbefliſſenheit gegen fremde Höfe, bildete in<lb/> ihm eine Geſinnung aus, in der ſich ſchon der zukünftige<lb/> Verſuch, die kirchlichen wie die weltlichen Zuſtände umzuge-<lb/> ſtalten, ankündigte: es kam nur darauf an, daß er freien<lb/> Raum bekam, an die rechte Stelle gelangte.</p><lb/> <p>Die ward ihm im J. 1519 in Zürich zu Theil.</p><lb/> <p>Zürich war wenn damals noch nicht der einzige, doch<lb/> der vornehmſte Ort in der Eidgenoſſenſchaft, der ſich nicht<lb/> wieder zur Annahme franzöſiſcher Jahrgelder überreden ließ.<lb/> Ein Chorherr am Münſter, Conrad Hofmann, der ein au-<lb/> ßerordentliches Anſehen genoß, hielt hier die vaterländiſchen<lb/> Grundſätze gegen den Fremdendienſt und die Penſionen auf-<lb/> recht; er war ein Redner, welcher der Menge auch bittere<lb/> Wahrheiten nicht erſparte. Durch dieſen hauptſächlich ge-<lb/> ſchah es, daß Zwingli manchen Einwendungen zum Trotz,<lb/> aber eben wegen ſeiner politiſchen Geſinnung zum Leutprie-<lb/> ſter am großen Münſter gewählt wurde. <note place="foot" n="1">Bullinger: Reformationsgeſchichte <hi rendition="#aq">p.</hi> 11 furnamlich darum<lb/> das er vernommen, wie er heftig wider penſionen penſioͤner, der fuͤr-<lb/> ſten puͤndtniſſen und kriegen prediget.</note></p><lb/> <p>Und hier nahm nun Ulrich Zwingli ſogleich nach beiden<lb/> Seiten hin die Stellung ein, die er darnach behauptet hat.</p><lb/> <p>Zunächſt bekämpfte er alle jene Partei-Verbindungen<lb/> mit den auswärtigen Mächten, ſelbſt mit dem Papſt. Er<lb/> ſoll geſagt haben: der Cardinal von Sitten, der für den<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0077]
Zwingli.
ral, die durch dieß Unweſen beleidigt war, die Meinung
des Volkes fand in ihm ihren beredteſten Sprecher. Das
Studium der Alten und der Schrift, im Gegenſatz gegen die
um ſich greifende ſittliche und religiöſe Verwilderung, das
Bewußtſeyn einer redlichen Vaterlandsliebe im Kampfe mit
erkaufter Dienſtbefliſſenheit gegen fremde Höfe, bildete in
ihm eine Geſinnung aus, in der ſich ſchon der zukünftige
Verſuch, die kirchlichen wie die weltlichen Zuſtände umzuge-
ſtalten, ankündigte: es kam nur darauf an, daß er freien
Raum bekam, an die rechte Stelle gelangte.
Die ward ihm im J. 1519 in Zürich zu Theil.
Zürich war wenn damals noch nicht der einzige, doch
der vornehmſte Ort in der Eidgenoſſenſchaft, der ſich nicht
wieder zur Annahme franzöſiſcher Jahrgelder überreden ließ.
Ein Chorherr am Münſter, Conrad Hofmann, der ein au-
ßerordentliches Anſehen genoß, hielt hier die vaterländiſchen
Grundſätze gegen den Fremdendienſt und die Penſionen auf-
recht; er war ein Redner, welcher der Menge auch bittere
Wahrheiten nicht erſparte. Durch dieſen hauptſächlich ge-
ſchah es, daß Zwingli manchen Einwendungen zum Trotz,
aber eben wegen ſeiner politiſchen Geſinnung zum Leutprie-
ſter am großen Münſter gewählt wurde. 1
Und hier nahm nun Ulrich Zwingli ſogleich nach beiden
Seiten hin die Stellung ein, die er darnach behauptet hat.
Zunächſt bekämpfte er alle jene Partei-Verbindungen
mit den auswärtigen Mächten, ſelbſt mit dem Papſt. Er
ſoll geſagt haben: der Cardinal von Sitten, der für den
1 Bullinger: Reformationsgeſchichte p. 11 furnamlich darum
das er vernommen, wie er heftig wider penſionen penſioͤner, der fuͤr-
ſten puͤndtniſſen und kriegen prediget.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |