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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Verfolgungen der Evangelischen.

Hie und da brauchte man dieselben Mittel. In Oestreich
finden wir 1527 und 1528 Kirchenvisitationen, wie in Sach-
sen, aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern zusammenge-
setzt; nur ganz im entgegengesetzten Sinne. Man suchte da-
durch die Beobachtung des Regensburger Edicts und der dar-
auf gegründeten erzherzoglichen Mandate zunächst gütlich in
Gang zu bringen; 1 gar bald aber sah man, daß die neuen Mei-
nungen schon sehr weit vorgedrungen waren und schritt zu
Strafen. Am 20. Juli 1528 ward verordnet, daß die Ketzer
nicht nur gemein, sondern hochmalefizisch zu strafen seyen; 2
am 24. Juli wurden alle Drucker, ja alle Feilhaber sectireri-
scher Bücher bedroht, als Vergifter der Länder mit dem Tod
im Wasser bestraft zu werden. Es ergingen Edicte, um die
schon sehr herabgekommene geistliche Autorität herzustellen. 3

In Tyrol legte man den Reichsschluß von 1526 zu
Gunsten des Katholicismus aus, und wollte an die das Jahr
zuvor gemachten Zugeständnisse nicht mehr gebunden seyn.

In Baiern war die Hauptsache schon gethan und man
trug nur Sorge, die verhaßten Richtungen nicht aufs Neue
eindringen zu lassen. Die Straßen wurden bewacht, um
Diejenigen, welche zu den evangelischen Predigten in der
Nachbarschaft gingen, zu fangen und zu strafen. Anfangs
um Geld; da man aber wohl sagte, der Herzog thue das
aus Geiz, so nahm er kein Geld weiter. Jetzt ließ er in
Landsberg 9 Männer zum Tode im Feuer, in München 29
Männer zum Tode im Wasser verdammen. Wer kennt nicht
4

1 Bucholz VIII, 139.
2 Raupach Ev. Oestr. II, 49.
3 Z. B. bei Raupach II, Beil. nr. VIII.
4 Schelhorn bei Winter I, 258.
Ranke d. Gesch. III. 4
Verfolgungen der Evangeliſchen.

Hie und da brauchte man dieſelben Mittel. In Oeſtreich
finden wir 1527 und 1528 Kirchenviſitationen, wie in Sach-
ſen, aus geiſtlichen und weltlichen Mitgliedern zuſammenge-
ſetzt; nur ganz im entgegengeſetzten Sinne. Man ſuchte da-
durch die Beobachtung des Regensburger Edicts und der dar-
auf gegründeten erzherzoglichen Mandate zunächſt gütlich in
Gang zu bringen; 1 gar bald aber ſah man, daß die neuen Mei-
nungen ſchon ſehr weit vorgedrungen waren und ſchritt zu
Strafen. Am 20. Juli 1528 ward verordnet, daß die Ketzer
nicht nur gemein, ſondern hochmalefiziſch zu ſtrafen ſeyen; 2
am 24. Juli wurden alle Drucker, ja alle Feilhaber ſectireri-
ſcher Bücher bedroht, als Vergifter der Länder mit dem Tod
im Waſſer beſtraft zu werden. Es ergingen Edicte, um die
ſchon ſehr herabgekommene geiſtliche Autorität herzuſtellen. 3

In Tyrol legte man den Reichsſchluß von 1526 zu
Gunſten des Katholicismus aus, und wollte an die das Jahr
zuvor gemachten Zugeſtändniſſe nicht mehr gebunden ſeyn.

In Baiern war die Hauptſache ſchon gethan und man
trug nur Sorge, die verhaßten Richtungen nicht aufs Neue
eindringen zu laſſen. Die Straßen wurden bewacht, um
Diejenigen, welche zu den evangeliſchen Predigten in der
Nachbarſchaft gingen, zu fangen und zu ſtrafen. Anfangs
um Geld; da man aber wohl ſagte, der Herzog thue das
aus Geiz, ſo nahm er kein Geld weiter. Jetzt ließ er in
Landsberg 9 Männer zum Tode im Feuer, in München 29
Männer zum Tode im Waſſer verdammen. Wer kennt nicht
4

1 Bucholz VIII, 139.
2 Raupach Ev. Oeſtr. II, 49.
3 Z. B. bei Raupach II, Beil. nr. VIII.
4 Schelhorn bei Winter I, 258.
Ranke d. Geſch. III. 4
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[49/0065] Verfolgungen der Evangeliſchen. Hie und da brauchte man dieſelben Mittel. In Oeſtreich finden wir 1527 und 1528 Kirchenviſitationen, wie in Sach- ſen, aus geiſtlichen und weltlichen Mitgliedern zuſammenge- ſetzt; nur ganz im entgegengeſetzten Sinne. Man ſuchte da- durch die Beobachtung des Regensburger Edicts und der dar- auf gegründeten erzherzoglichen Mandate zunächſt gütlich in Gang zu bringen; 1 gar bald aber ſah man, daß die neuen Mei- nungen ſchon ſehr weit vorgedrungen waren und ſchritt zu Strafen. Am 20. Juli 1528 ward verordnet, daß die Ketzer nicht nur gemein, ſondern hochmalefiziſch zu ſtrafen ſeyen; 2 am 24. Juli wurden alle Drucker, ja alle Feilhaber ſectireri- ſcher Bücher bedroht, als Vergifter der Länder mit dem Tod im Waſſer beſtraft zu werden. Es ergingen Edicte, um die ſchon ſehr herabgekommene geiſtliche Autorität herzuſtellen. 3 In Tyrol legte man den Reichsſchluß von 1526 zu Gunſten des Katholicismus aus, und wollte an die das Jahr zuvor gemachten Zugeſtändniſſe nicht mehr gebunden ſeyn. In Baiern war die Hauptſache ſchon gethan und man trug nur Sorge, die verhaßten Richtungen nicht aufs Neue eindringen zu laſſen. Die Straßen wurden bewacht, um Diejenigen, welche zu den evangeliſchen Predigten in der Nachbarſchaft gingen, zu fangen und zu ſtrafen. Anfangs um Geld; da man aber wohl ſagte, der Herzog thue das aus Geiz, ſo nahm er kein Geld weiter. Jetzt ließ er in Landsberg 9 Männer zum Tode im Feuer, in München 29 Männer zum Tode im Waſſer verdammen. Wer kennt nicht 4 1 Bucholz VIII, 139. 2 Raupach Ev. Oeſtr. II, 49. 3 Z. B. bei Raupach II, Beil. nr. VIII. 4 Schelhorn bei Winter I, 258. Ranke d. Geſch. III. 4

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/65>, abgerufen am 26.11.2024.