Ehe sich aber der kaiserliche Hof oder die niederlän- dische Regierung zu einer Maaßregel so entschiedener Art entschloß, hatten die Lübecker im Norden selbst einen Wi- derstand gefunden, der sich ihnen immer gefährlicher ent- wickelte.
Herzog Christian von Holstein gehörte zu jenen ru- higen norddeutschen Naturen, welche sich nicht leicht re- gen, aber wenn sie einmal dazu genöthigt sind, ihre Sache mit aller Ausdauer und Umsicht ins Werk setzen. Was er vermöge, hatte er schon durch die glückliche Einführung der Reformation in den Herzogthümern gezeigt. Er war überhaupt durchdrungen von dem religiösen und morali- schen Elemente der deutschen Reform. Die lutherischen Lieder sang er so eifrig wie irgend ein ehrsamer Hand- werksmeister in einer Reichsstadt. Den Eidbruch belegte er mit neuen geschärften Strafen. Die Bibel zu lesen, Historien zu hören, bei Tisch einen Gottesgelehrten und Staatsmann zu sprechen, den astronomischen Entdeckun- gen zu folgen, war sein Vergnügen. Seine politische und kriegsmännische Thätigkeit war, wie wir sehen, nicht ohne guten innerlichen Grund, eine höhere Tendenz. 1
Diesem Fürsten nun hatten die Lübecker Volksführer, wie wir berührten, angeboten, ihn zum König zu ma- chen; er hatte es abgelehnt, weil er seine Krone der Ge- walt nicht verdanken wollte; eben ihn hatten sie dafür
in dem dritten Bande der Reichsdoc. zu Brüssel. Besonders merk- würdig das Schreiben vom 1. Aug. 1534, das ich im Anhang mit- zutheilen denke.
1Cragius Historia Christiani III, p. 395. Hemming ora- tio funebris ad calcem historiae Cragianae.
Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
Ehe ſich aber der kaiſerliche Hof oder die niederlän- diſche Regierung zu einer Maaßregel ſo entſchiedener Art entſchloß, hatten die Lübecker im Norden ſelbſt einen Wi- derſtand gefunden, der ſich ihnen immer gefährlicher ent- wickelte.
Herzog Chriſtian von Holſtein gehörte zu jenen ru- higen norddeutſchen Naturen, welche ſich nicht leicht re- gen, aber wenn ſie einmal dazu genöthigt ſind, ihre Sache mit aller Ausdauer und Umſicht ins Werk ſetzen. Was er vermöge, hatte er ſchon durch die glückliche Einführung der Reformation in den Herzogthümern gezeigt. Er war überhaupt durchdrungen von dem religiöſen und morali- ſchen Elemente der deutſchen Reform. Die lutheriſchen Lieder ſang er ſo eifrig wie irgend ein ehrſamer Hand- werksmeiſter in einer Reichsſtadt. Den Eidbruch belegte er mit neuen geſchärften Strafen. Die Bibel zu leſen, Hiſtorien zu hören, bei Tiſch einen Gottesgelehrten und Staatsmann zu ſprechen, den aſtronomiſchen Entdeckun- gen zu folgen, war ſein Vergnügen. Seine politiſche und kriegsmänniſche Thätigkeit war, wie wir ſehen, nicht ohne guten innerlichen Grund, eine höhere Tendenz. 1
Dieſem Fürſten nun hatten die Lübecker Volksführer, wie wir berührten, angeboten, ihn zum König zu ma- chen; er hatte es abgelehnt, weil er ſeine Krone der Ge- walt nicht verdanken wollte; eben ihn hatten ſie dafür
in dem dritten Bande der Reichsdoc. zu Bruͤſſel. Beſonders merk- wuͤrdig das Schreiben vom 1. Aug. 1534, das ich im Anhang mit- zutheilen denke.
1Cragius Historia Christiani III, p. 395. Hemming ora- tio funebris ad calcem historiae Cragianae.
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Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
Ehe ſich aber der kaiſerliche Hof oder die niederlän-
diſche Regierung zu einer Maaßregel ſo entſchiedener Art
entſchloß, hatten die Lübecker im Norden ſelbſt einen Wi-
derſtand gefunden, der ſich ihnen immer gefährlicher ent-
wickelte.
Herzog Chriſtian von Holſtein gehörte zu jenen ru-
higen norddeutſchen Naturen, welche ſich nicht leicht re-
gen, aber wenn ſie einmal dazu genöthigt ſind, ihre Sache
mit aller Ausdauer und Umſicht ins Werk ſetzen. Was
er vermöge, hatte er ſchon durch die glückliche Einführung
der Reformation in den Herzogthümern gezeigt. Er war
überhaupt durchdrungen von dem religiöſen und morali-
ſchen Elemente der deutſchen Reform. Die lutheriſchen
Lieder ſang er ſo eifrig wie irgend ein ehrſamer Hand-
werksmeiſter in einer Reichsſtadt. Den Eidbruch belegte
er mit neuen geſchärften Strafen. Die Bibel zu leſen,
Hiſtorien zu hören, bei Tiſch einen Gottesgelehrten und
Staatsmann zu ſprechen, den aſtronomiſchen Entdeckun-
gen zu folgen, war ſein Vergnügen. Seine politiſche und
kriegsmänniſche Thätigkeit war, wie wir ſehen, nicht ohne
guten innerlichen Grund, eine höhere Tendenz. 1
Dieſem Fürſten nun hatten die Lübecker Volksführer,
wie wir berührten, angeboten, ihn zum König zu ma-
chen; er hatte es abgelehnt, weil er ſeine Krone der Ge-
walt nicht verdanken wollte; eben ihn hatten ſie dafür
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1 Cragius Historia Christiani III, p. 395. Hemming ora-
tio funebris ad calcem historiae Cragianae.
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wuͤrdig das Schreiben vom 1. Aug. 1534, das ich im Anhang mit-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/602>, abgerufen am 23.11.2024.
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