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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Eroberung.
mer enthusiasmirten Phantasten, und dagegen die mühsam
zusammengehaltenen, langsam und ohne Energie vorschrei-
tenden, erst, als an den Erfolg kein Zweifel seyn kann,
zu der entscheidenden Unternehmung entschlossenen Lands-
knechtshaufen. Zu besonders ruhmwürdigen Thaten konnte
es da nicht kommen. In der bestimmten Stunde in der Jo-
hannisnacht 1535 gingen ein paar Hundert Landsknechte
über den Graben, wo er am schmalsten, und erstiegen mit
ihren Leitern die Mauern, wo sie am niedrigsten waren. Sie
kannten die Losung der Wiedertäufer, täuschten damit die
Schildwächter und stießen sie dann nieder; so nahmen sie ein
Bollwerk am Zwinger ein und drangen bis auf den Domhof:
dann ohne erst lange ihrer Kameraden zu warten, schrien sie
Lerman und rührten die Trommel. Die Wiedertäufer spran-
gen aus ihren Betten und sammelten sich zur Gegenwehr.
Der Erfolg war einen Augenblick zweifelhaft; jedoch nur
so lange bis die Masse der Belagerer durch ein von in-
nen geöffnetes Thor eindrang. Die Wiedertäufer schlugen
sich auch dann noch mit Erbitterung, und namentlich
mit ihrem Geschütz thaten sie den Angreifenden noch vie-
len Schaden; anderthalb hundert Edelleute und Doppel-
söldner, die in den ersten Reihen standen, sind noch ge-
blieben; allein es war der hoffnungslose Kampf der Ver-
zweiflung. Indem der König sich nach dem festesten Boll-
werk zurückzuziehen gedachte, ward er gefangen. Rottmann
soll sich, um dem Hohn der Gefangenschaft nicht aus-
gesetzt zu werden, in das dichteste Gewühl gestürzt und so
den Tod gefunden haben. Noch wehrten sich einige Hun-

Eroberung.
mer enthuſiasmirten Phantaſten, und dagegen die mühſam
zuſammengehaltenen, langſam und ohne Energie vorſchrei-
tenden, erſt, als an den Erfolg kein Zweifel ſeyn kann,
zu der entſcheidenden Unternehmung entſchloſſenen Lands-
knechtshaufen. Zu beſonders ruhmwürdigen Thaten konnte
es da nicht kommen. In der beſtimmten Stunde in der Jo-
hannisnacht 1535 gingen ein paar Hundert Landsknechte
über den Graben, wo er am ſchmalſten, und erſtiegen mit
ihren Leitern die Mauern, wo ſie am niedrigſten waren. Sie
kannten die Loſung der Wiedertäufer, täuſchten damit die
Schildwächter und ſtießen ſie dann nieder; ſo nahmen ſie ein
Bollwerk am Zwinger ein und drangen bis auf den Domhof:
dann ohne erſt lange ihrer Kameraden zu warten, ſchrien ſie
Lerman und rührten die Trommel. Die Wiedertäufer ſpran-
gen aus ihren Betten und ſammelten ſich zur Gegenwehr.
Der Erfolg war einen Augenblick zweifelhaft; jedoch nur
ſo lange bis die Maſſe der Belagerer durch ein von in-
nen geöffnetes Thor eindrang. Die Wiedertäufer ſchlugen
ſich auch dann noch mit Erbitterung, und namentlich
mit ihrem Geſchütz thaten ſie den Angreifenden noch vie-
len Schaden; anderthalb hundert Edelleute und Doppel-
ſöldner, die in den erſten Reihen ſtanden, ſind noch ge-
blieben; allein es war der hoffnungsloſe Kampf der Ver-
zweiflung. Indem der König ſich nach dem feſteſten Boll-
werk zurückzuziehen gedachte, ward er gefangen. Rottmann
ſoll ſich, um dem Hohn der Gefangenſchaft nicht aus-
geſetzt zu werden, in das dichteſte Gewühl geſtürzt und ſo
den Tod gefunden haben. Noch wehrten ſich einige Hun-

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[557/0573] Eroberung. mer enthuſiasmirten Phantaſten, und dagegen die mühſam zuſammengehaltenen, langſam und ohne Energie vorſchrei- tenden, erſt, als an den Erfolg kein Zweifel ſeyn kann, zu der entſcheidenden Unternehmung entſchloſſenen Lands- knechtshaufen. Zu beſonders ruhmwürdigen Thaten konnte es da nicht kommen. In der beſtimmten Stunde in der Jo- hannisnacht 1535 gingen ein paar Hundert Landsknechte über den Graben, wo er am ſchmalſten, und erſtiegen mit ihren Leitern die Mauern, wo ſie am niedrigſten waren. Sie kannten die Loſung der Wiedertäufer, täuſchten damit die Schildwächter und ſtießen ſie dann nieder; ſo nahmen ſie ein Bollwerk am Zwinger ein und drangen bis auf den Domhof: dann ohne erſt lange ihrer Kameraden zu warten, ſchrien ſie Lerman und rührten die Trommel. Die Wiedertäufer ſpran- gen aus ihren Betten und ſammelten ſich zur Gegenwehr. Der Erfolg war einen Augenblick zweifelhaft; jedoch nur ſo lange bis die Maſſe der Belagerer durch ein von in- nen geöffnetes Thor eindrang. Die Wiedertäufer ſchlugen ſich auch dann noch mit Erbitterung, und namentlich mit ihrem Geſchütz thaten ſie den Angreifenden noch vie- len Schaden; anderthalb hundert Edelleute und Doppel- ſöldner, die in den erſten Reihen ſtanden, ſind noch ge- blieben; allein es war der hoffnungsloſe Kampf der Ver- zweiflung. Indem der König ſich nach dem feſteſten Boll- werk zurückzuziehen gedachte, ward er gefangen. Rottmann ſoll ſich, um dem Hohn der Gefangenſchaft nicht aus- geſetzt zu werden, in das dichteſte Gewühl geſtürzt und ſo den Tod gefunden haben. Noch wehrten ſich einige Hun-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/573>, abgerufen am 22.11.2024.