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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Neuntes Capitel.
eine Zeitlang Zuflucht. 1 In Ulm glaubte man Mei-
nungsabwandlungen, die sich den wiedertäuferischen nur
annäherten, wie Sebastian Franks oder Schwenkfelds
fürchten zu müssen; in der Gegend bei Augsburg tauchte
ein Wiedertäuferkönig auf. In der Schweiz bemerkte man
sie denn noch immer auch in den protestantischen Gebieten:
in Bern benutzte der eifrige Haller ihre Erscheinung, denn
besonders das böse Leben der angeblichen Christen war es
was sie tadelten, um eine bessere Kirchenordnung durchzu-
setzen. 2 In Strasburg ließen sich Viele den Glauben nicht
nehmen, Hoffmann werde von Herrlichkeit umstrahlt aus sei-
nem Gefängniß hervorgehn; sie fügten diesem ihrem Elias auch
einen vermeinten Henoch hinzu. Den ganzen Rhein hinab
regten sich diese Tendenzen. In Cöln und Cleve ließ man
das Land von einigen Trupps leichter Reiter durchstreifen,
um wiedertäuferische Zusammenrottungen zu verhüten. 3
Aber bei weitem am stärksten waren sie doch in den Nie-
derlanden. In Amsterdam, wo vor kurzem ein Emissar
von Münster eine große Anzahl Proselyten gemacht hatte,
wagten sie sich mehr als einmal öffentlich hervor. Als der
geheime Rath der Regentin, Graf Hoogstraten, im Octo-
ber dahin kam, und einige strengere Maaßregeln zugleich
gegen Lutheraner und Wiedertäufer durchführen wollte, ent-
stand ein nächtlicher Auflauf, der leicht die schlimmsten
Folgen hätte haben können. 4 Und unaufhörlich war seit-
dem von der Absicht der Wiedertäufer, sich der Stadt zu

1 Lang II, 33. Sattler III, p. 104.
2 Haller und Frecht bei Ottius p. 69, 81.
3 Rathsprotocoll vom März 1534.
4 Lambertus Hortensius tumultus Anabaptistarum ap Schard.
II, p.
306. Diese niederländische Nachrichten sind bei Hort. das
Wichtigste.

Sechstes Buch. Neuntes Capitel.
eine Zeitlang Zuflucht. 1 In Ulm glaubte man Mei-
nungsabwandlungen, die ſich den wiedertäuferiſchen nur
annäherten, wie Sebaſtian Franks oder Schwenkfelds
fürchten zu müſſen; in der Gegend bei Augsburg tauchte
ein Wiedertäuferkönig auf. In der Schweiz bemerkte man
ſie denn noch immer auch in den proteſtantiſchen Gebieten:
in Bern benutzte der eifrige Haller ihre Erſcheinung, denn
beſonders das böſe Leben der angeblichen Chriſten war es
was ſie tadelten, um eine beſſere Kirchenordnung durchzu-
ſetzen. 2 In Strasburg ließen ſich Viele den Glauben nicht
nehmen, Hoffmann werde von Herrlichkeit umſtrahlt aus ſei-
nem Gefängniß hervorgehn; ſie fügten dieſem ihrem Elias auch
einen vermeinten Henoch hinzu. Den ganzen Rhein hinab
regten ſich dieſe Tendenzen. In Cöln und Cleve ließ man
das Land von einigen Trupps leichter Reiter durchſtreifen,
um wiedertäuferiſche Zuſammenrottungen zu verhüten. 3
Aber bei weitem am ſtärkſten waren ſie doch in den Nie-
derlanden. In Amſterdam, wo vor kurzem ein Emiſſar
von Münſter eine große Anzahl Proſelyten gemacht hatte,
wagten ſie ſich mehr als einmal öffentlich hervor. Als der
geheime Rath der Regentin, Graf Hoogſtraten, im Octo-
ber dahin kam, und einige ſtrengere Maaßregeln zugleich
gegen Lutheraner und Wiedertäufer durchführen wollte, ent-
ſtand ein nächtlicher Auflauf, der leicht die ſchlimmſten
Folgen hätte haben können. 4 Und unaufhörlich war ſeit-
dem von der Abſicht der Wiedertäufer, ſich der Stadt zu

1 Lang II, 33. Sattler III, p. 104.
2 Haller und Frecht bei Ottius p. 69, 81.
3 Rathsprotocoll vom Maͤrz 1534.
4 Lambertus Hortenſius tumultus Anabaptistarum ap Schard.
II, p.
306. Dieſe niederlaͤndiſche Nachrichten ſind bei Hort. das
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[546/0562] Sechstes Buch. Neuntes Capitel. eine Zeitlang Zuflucht. 1 In Ulm glaubte man Mei- nungsabwandlungen, die ſich den wiedertäuferiſchen nur annäherten, wie Sebaſtian Franks oder Schwenkfelds fürchten zu müſſen; in der Gegend bei Augsburg tauchte ein Wiedertäuferkönig auf. In der Schweiz bemerkte man ſie denn noch immer auch in den proteſtantiſchen Gebieten: in Bern benutzte der eifrige Haller ihre Erſcheinung, denn beſonders das böſe Leben der angeblichen Chriſten war es was ſie tadelten, um eine beſſere Kirchenordnung durchzu- ſetzen. 2 In Strasburg ließen ſich Viele den Glauben nicht nehmen, Hoffmann werde von Herrlichkeit umſtrahlt aus ſei- nem Gefängniß hervorgehn; ſie fügten dieſem ihrem Elias auch einen vermeinten Henoch hinzu. Den ganzen Rhein hinab regten ſich dieſe Tendenzen. In Cöln und Cleve ließ man das Land von einigen Trupps leichter Reiter durchſtreifen, um wiedertäuferiſche Zuſammenrottungen zu verhüten. 3 Aber bei weitem am ſtärkſten waren ſie doch in den Nie- derlanden. In Amſterdam, wo vor kurzem ein Emiſſar von Münſter eine große Anzahl Proſelyten gemacht hatte, wagten ſie ſich mehr als einmal öffentlich hervor. Als der geheime Rath der Regentin, Graf Hoogſtraten, im Octo- ber dahin kam, und einige ſtrengere Maaßregeln zugleich gegen Lutheraner und Wiedertäufer durchführen wollte, ent- ſtand ein nächtlicher Auflauf, der leicht die ſchlimmſten Folgen hätte haben können. 4 Und unaufhörlich war ſeit- dem von der Abſicht der Wiedertäufer, ſich der Stadt zu 1 Lang II, 33. Sattler III, p. 104. 2 Haller und Frecht bei Ottius p. 69, 81. 3 Rathsprotocoll vom Maͤrz 1534. 4 Lambertus Hortenſius tumultus Anabaptistarum ap Schard. II, p. 306. Dieſe niederlaͤndiſche Nachrichten ſind bei Hort. das Wichtigſte.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/562>, abgerufen am 22.11.2024.