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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Achtes Capitel.
es sich auch überall in freie und unberechenbare Beziehung
zu den Bestrebungen, Bedürfnissen, Leidenschaften der Men-
schen. Zwar hatte sich jetzt in den Protestanten eine Macht
gebildet, die demselben einen regelmäßigen Ausdruck gab,
-- einen solchen, dessen Legalität und Vereinbarkeit mit den
Zuständen des Reichs sich Anerkennung verschafft hatte, wenn
auch fürs Erste eine noch unvollkommene und einseitige; --
allein auch an diese konnten sich die Neuerungen nicht so
geradehin anschließen. Die Mitglieder des schmalkaldischen
Bundes, denen der Friede zu Gute kam, waren nament-
lich genannt, und noch wagten sie nicht, sich mit Andern
zu vereinigen. Allerwärts mußte sich die Neuerung le-
diglich mit eignen Kräften durchsetzen; natürlich, daß sie
dabei auf ungewohnte, von der schon gebildeten evangeli-
schen Kirche abweichende Wege gerieth.

Auch schon früher, in den niedersächsischen Städten,
hatte sich die Bewegung nicht leicht bei den Resultaten
ihrer ersten Siege, bei der bloßen Freiheit des Gottes-
dienstes nach neuem Ritus beruhigen wollen. In Mag-
deburg war noch unter dem Einfluß der Bauernunruhen
von der Gemeinschaft der Güter gepredigt worden; nur
ein so entschlossener Wille, wie Amsdorfs, der zum Su-
perintendenten der magdeburgischen Kirche berufen ward,
konnte die friedfertigen Intentionen Luthers da durchkäm-
pfen und festhalten. In Braunschweig that sich bald
nach Aufstellung der lutherischen Kirchenordnung, unter
den Predigern selbst, welche dieselbe abfassen helfen, eine
Neigung zum Zwinglianismus kund; sie verwarfen Or-

Sechstes Buch. Achtes Capitel.
es ſich auch überall in freie und unberechenbare Beziehung
zu den Beſtrebungen, Bedürfniſſen, Leidenſchaften der Men-
ſchen. Zwar hatte ſich jetzt in den Proteſtanten eine Macht
gebildet, die demſelben einen regelmäßigen Ausdruck gab,
— einen ſolchen, deſſen Legalität und Vereinbarkeit mit den
Zuſtänden des Reichs ſich Anerkennung verſchafft hatte, wenn
auch fürs Erſte eine noch unvollkommene und einſeitige; —
allein auch an dieſe konnten ſich die Neuerungen nicht ſo
geradehin anſchließen. Die Mitglieder des ſchmalkaldiſchen
Bundes, denen der Friede zu Gute kam, waren nament-
lich genannt, und noch wagten ſie nicht, ſich mit Andern
zu vereinigen. Allerwärts mußte ſich die Neuerung le-
diglich mit eignen Kräften durchſetzen; natürlich, daß ſie
dabei auf ungewohnte, von der ſchon gebildeten evangeli-
ſchen Kirche abweichende Wege gerieth.

Auch ſchon früher, in den niederſächſiſchen Städten,
hatte ſich die Bewegung nicht leicht bei den Reſultaten
ihrer erſten Siege, bei der bloßen Freiheit des Gottes-
dienſtes nach neuem Ritus beruhigen wollen. In Mag-
deburg war noch unter dem Einfluß der Bauernunruhen
von der Gemeinſchaft der Güter gepredigt worden; nur
ein ſo entſchloſſener Wille, wie Amsdorfs, der zum Su-
perintendenten der magdeburgiſchen Kirche berufen ward,
konnte die friedfertigen Intentionen Luthers da durchkäm-
pfen und feſthalten. In Braunſchweig that ſich bald
nach Aufſtellung der lutheriſchen Kirchenordnung, unter
den Predigern ſelbſt, welche dieſelbe abfaſſen helfen, eine
Neigung zum Zwinglianismus kund; ſie verwarfen Or-

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[502/0518] Sechstes Buch. Achtes Capitel. es ſich auch überall in freie und unberechenbare Beziehung zu den Beſtrebungen, Bedürfniſſen, Leidenſchaften der Men- ſchen. Zwar hatte ſich jetzt in den Proteſtanten eine Macht gebildet, die demſelben einen regelmäßigen Ausdruck gab, — einen ſolchen, deſſen Legalität und Vereinbarkeit mit den Zuſtänden des Reichs ſich Anerkennung verſchafft hatte, wenn auch fürs Erſte eine noch unvollkommene und einſeitige; — allein auch an dieſe konnten ſich die Neuerungen nicht ſo geradehin anſchließen. Die Mitglieder des ſchmalkaldiſchen Bundes, denen der Friede zu Gute kam, waren nament- lich genannt, und noch wagten ſie nicht, ſich mit Andern zu vereinigen. Allerwärts mußte ſich die Neuerung le- diglich mit eignen Kräften durchſetzen; natürlich, daß ſie dabei auf ungewohnte, von der ſchon gebildeten evangeli- ſchen Kirche abweichende Wege gerieth. Auch ſchon früher, in den niederſächſiſchen Städten, hatte ſich die Bewegung nicht leicht bei den Reſultaten ihrer erſten Siege, bei der bloßen Freiheit des Gottes- dienſtes nach neuem Ritus beruhigen wollen. In Mag- deburg war noch unter dem Einfluß der Bauernunruhen von der Gemeinſchaft der Güter gepredigt worden; nur ein ſo entſchloſſener Wille, wie Amsdorfs, der zum Su- perintendenten der magdeburgiſchen Kirche berufen ward, konnte die friedfertigen Intentionen Luthers da durchkäm- pfen und feſthalten. In Braunſchweig that ſich bald nach Aufſtellung der lutheriſchen Kirchenordnung, unter den Predigern ſelbſt, welche dieſelbe abfaſſen helfen, eine Neigung zum Zwinglianismus kund; ſie verwarfen Or-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/518>, abgerufen am 22.11.2024.