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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Achtes Capitel.
drängt hatte, und selber zum Namen der Stadt und des
Landes geworden war, in Münster.

Da hatte sich ein lutherischer Prädicant, der schon
einmal entfernt worden war, Bernhard Rottmann, doch
wieder zu St. Moritz vor der Stadt festgesetzt, und sich
einen solchen Beifall erworben, daß ihm endlich der Bischof
auf Antrieb der städtischen Geistlichkeit das sichere Geleit
aufkündigte. Die Folge hievon war jedoch nur, daß ihn seine
Anhänger in die Stadt selbst aufnahmen, wo sie ihm an-
fangs eine hölzerne Kanzel auf einem Kirchhof errichteten,
gar bald aber, und zwar wohl mehr durch Androhung von
Gewalt, als durch Anwendung derselben, die Kirche zu
St. Lamberti eröffneten. 1 Hierauf ward ein Ausschuß der
Bürgerschaft ernannt, der die neue Lehre gegen Clerisey und
Rath vertheidigen sollte. Es erschienen noch andere lutheri-
sche Prädicanten, und man veranstaltete eine Disputation,
um die Mißbräuche des bisherigen Dienstes zu widerlegen.
Da sich Niemand recht zu dessen Vertheidigung erhob, so
bekam die Gesinnung der Gemeinde auch auf den Rath
Einfluß, der hier überhaupt der alten Verfassung gemäß einer
populären Einwirkung Raum gab, und gewann zuletzt die
Majorität. Dann schritt man ohne zu zögern zu einer de-
finitiven Einrichtung. In feierlicher Versammlung auf dem
Schauhaus wurden die sämmtlichen Pfarrkirchen von Rath,
Oldemännern und Gildemeistern den neu angekommenen
Predigern überliefert. Die Clerisey sammt der Minorität des
Rathes verließ die Stadt. Die religiöse Umwandlung war,

1 So erzählt der älteste einfachste Bericht: Dorpius wahrhaf-
tige Historie, wie das Evangelium zu Münster angegangen: "so ward
die Kirche, daß nicht zu Lerman gerieth, geöffnet."

Sechstes Buch. Achtes Capitel.
drängt hatte, und ſelber zum Namen der Stadt und des
Landes geworden war, in Münſter.

Da hatte ſich ein lutheriſcher Prädicant, der ſchon
einmal entfernt worden war, Bernhard Rottmann, doch
wieder zu St. Moritz vor der Stadt feſtgeſetzt, und ſich
einen ſolchen Beifall erworben, daß ihm endlich der Biſchof
auf Antrieb der ſtädtiſchen Geiſtlichkeit das ſichere Geleit
aufkündigte. Die Folge hievon war jedoch nur, daß ihn ſeine
Anhänger in die Stadt ſelbſt aufnahmen, wo ſie ihm an-
fangs eine hölzerne Kanzel auf einem Kirchhof errichteten,
gar bald aber, und zwar wohl mehr durch Androhung von
Gewalt, als durch Anwendung derſelben, die Kirche zu
St. Lamberti eröffneten. 1 Hierauf ward ein Ausſchuß der
Bürgerſchaft ernannt, der die neue Lehre gegen Cleriſey und
Rath vertheidigen ſollte. Es erſchienen noch andere lutheri-
ſche Prädicanten, und man veranſtaltete eine Disputation,
um die Mißbräuche des bisherigen Dienſtes zu widerlegen.
Da ſich Niemand recht zu deſſen Vertheidigung erhob, ſo
bekam die Geſinnung der Gemeinde auch auf den Rath
Einfluß, der hier überhaupt der alten Verfaſſung gemäß einer
populären Einwirkung Raum gab, und gewann zuletzt die
Majorität. Dann ſchritt man ohne zu zögern zu einer de-
finitiven Einrichtung. In feierlicher Verſammlung auf dem
Schauhaus wurden die ſämmtlichen Pfarrkirchen von Rath,
Oldemännern und Gildemeiſtern den neu angekommenen
Predigern überliefert. Die Cleriſey ſammt der Minorität des
Rathes verließ die Stadt. Die religiöſe Umwandlung war,

1 So erzaͤhlt der aͤlteſte einfachſte Bericht: Dorpius wahrhaf-
tige Hiſtorie, wie das Evangelium zu Muͤnſter angegangen: „ſo ward
die Kirche, daß nicht zu Lerman gerieth, geoͤffnet.“
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[498/0514] Sechstes Buch. Achtes Capitel. drängt hatte, und ſelber zum Namen der Stadt und des Landes geworden war, in Münſter. Da hatte ſich ein lutheriſcher Prädicant, der ſchon einmal entfernt worden war, Bernhard Rottmann, doch wieder zu St. Moritz vor der Stadt feſtgeſetzt, und ſich einen ſolchen Beifall erworben, daß ihm endlich der Biſchof auf Antrieb der ſtädtiſchen Geiſtlichkeit das ſichere Geleit aufkündigte. Die Folge hievon war jedoch nur, daß ihn ſeine Anhänger in die Stadt ſelbſt aufnahmen, wo ſie ihm an- fangs eine hölzerne Kanzel auf einem Kirchhof errichteten, gar bald aber, und zwar wohl mehr durch Androhung von Gewalt, als durch Anwendung derſelben, die Kirche zu St. Lamberti eröffneten. 1 Hierauf ward ein Ausſchuß der Bürgerſchaft ernannt, der die neue Lehre gegen Cleriſey und Rath vertheidigen ſollte. Es erſchienen noch andere lutheri- ſche Prädicanten, und man veranſtaltete eine Disputation, um die Mißbräuche des bisherigen Dienſtes zu widerlegen. Da ſich Niemand recht zu deſſen Vertheidigung erhob, ſo bekam die Geſinnung der Gemeinde auch auf den Rath Einfluß, der hier überhaupt der alten Verfaſſung gemäß einer populären Einwirkung Raum gab, und gewann zuletzt die Majorität. Dann ſchritt man ohne zu zögern zu einer de- finitiven Einrichtung. In feierlicher Verſammlung auf dem Schauhaus wurden die ſämmtlichen Pfarrkirchen von Rath, Oldemännern und Gildemeiſtern den neu angekommenen Predigern überliefert. Die Cleriſey ſammt der Minorität des Rathes verließ die Stadt. Die religiöſe Umwandlung war, 1 So erzaͤhlt der aͤlteſte einfachſte Bericht: Dorpius wahrhaf- tige Hiſtorie, wie das Evangelium zu Muͤnſter angegangen: „ſo ward die Kirche, daß nicht zu Lerman gerieth, geoͤffnet.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/514>, abgerufen am 22.11.2024.