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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Reformation in Westfalen.
Leben. Nur kam damit die Lehre nicht wieder empor.
Die Evangelischgesinnten wurden unter strenger Aufsicht ge-
halten, nach Befinden mit Geldstrafe belegt. Ein Receß
ward aufgerichtet, durch welchen die neue Lehre auf das
schärfste verpönt ward. 1

Man sieht, welche Kräfte hier in Westfalen mit einan-
der kämpfen: auf der einen Seite geistliche Fürsten, Domca-
pitel, Ritterschaften, Stadtobrigkeiten eng verbündet: dagegen
lebhaft angeregte, durch eifrige Prädicanten befeuerte Bürger-
schaften: die einen so gewaltsamer Natur wie die andren.
Jene tragen kein Bedenken ihre jurisdictionellen und ober-
herrlichen Rechte mit äußerster Härte zur Dämpfung der
Lehre anzuwenden: diese dagegen, gehorsam so lange es
das strenge Recht gilt, sind doch augenblicklich zum Aufruhr
fertig, so wie dasselbe im mindesten verletzt zu seyn scheint.
Der geistliche Staat, der hier die höhern Classen durch ge-
meinschaftliche Interessen zusammenhält, sieht sich von den
untern, die seine Berechtigung läugnen, mit aller Heftig-
keit eines beginnenden Abfalls angegriffen.

Nirgends aber stießen diese Gegensätze gewaltiger
auf einander, als in dem Mittelpunkt der geistlichen Or-
ganisation; dort wo die Bezeichnung des einst zur Zeit
der Einführung des Christenthums an der Aa gestifteten
Klosters die alten Namen des Ortes und des Gaues ver-

1 "Wollen, daß nun und hinfüro kein fremder Mann, Frau,
Knecht oder Magd, welche aus solchen Städten und Flecken herkom-
men, die der neuen Lehre anhängig oder deshalb berüchtigt sind, zu
Dienstboten in unsrer Stadt Paderborn angenommen werden, 1532
18. October. Bei Kleinsorgen Bd. II, p. 364.
Ranke d. Gesch. III. 32

Reformation in Weſtfalen.
Leben. Nur kam damit die Lehre nicht wieder empor.
Die Evangeliſchgeſinnten wurden unter ſtrenger Aufſicht ge-
halten, nach Befinden mit Geldſtrafe belegt. Ein Receß
ward aufgerichtet, durch welchen die neue Lehre auf das
ſchärfſte verpönt ward. 1

Man ſieht, welche Kräfte hier in Weſtfalen mit einan-
der kämpfen: auf der einen Seite geiſtliche Fürſten, Domca-
pitel, Ritterſchaften, Stadtobrigkeiten eng verbündet: dagegen
lebhaft angeregte, durch eifrige Prädicanten befeuerte Bürger-
ſchaften: die einen ſo gewaltſamer Natur wie die andren.
Jene tragen kein Bedenken ihre jurisdictionellen und ober-
herrlichen Rechte mit äußerſter Härte zur Dämpfung der
Lehre anzuwenden: dieſe dagegen, gehorſam ſo lange es
das ſtrenge Recht gilt, ſind doch augenblicklich zum Aufruhr
fertig, ſo wie daſſelbe im mindeſten verletzt zu ſeyn ſcheint.
Der geiſtliche Staat, der hier die höhern Claſſen durch ge-
meinſchaftliche Intereſſen zuſammenhält, ſieht ſich von den
untern, die ſeine Berechtigung läugnen, mit aller Heftig-
keit eines beginnenden Abfalls angegriffen.

Nirgends aber ſtießen dieſe Gegenſätze gewaltiger
auf einander, als in dem Mittelpunkt der geiſtlichen Or-
ganiſation; dort wo die Bezeichnung des einſt zur Zeit
der Einführung des Chriſtenthums an der Aa geſtifteten
Kloſters die alten Namen des Ortes und des Gaues ver-

1 „Wollen, daß nun und hinfuͤro kein fremder Mann, Frau,
Knecht oder Magd, welche aus ſolchen Staͤdten und Flecken herkom-
men, die der neuen Lehre anhaͤngig oder deshalb beruͤchtigt ſind, zu
Dienſtboten in unſrer Stadt Paderborn angenommen werden, 1532
18. October. Bei Kleinſorgen Bd. II, p. 364.
Ranke d. Geſch. III. 32
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[497/0513] Reformation in Weſtfalen. Leben. Nur kam damit die Lehre nicht wieder empor. Die Evangeliſchgeſinnten wurden unter ſtrenger Aufſicht ge- halten, nach Befinden mit Geldſtrafe belegt. Ein Receß ward aufgerichtet, durch welchen die neue Lehre auf das ſchärfſte verpönt ward. 1 Man ſieht, welche Kräfte hier in Weſtfalen mit einan- der kämpfen: auf der einen Seite geiſtliche Fürſten, Domca- pitel, Ritterſchaften, Stadtobrigkeiten eng verbündet: dagegen lebhaft angeregte, durch eifrige Prädicanten befeuerte Bürger- ſchaften: die einen ſo gewaltſamer Natur wie die andren. Jene tragen kein Bedenken ihre jurisdictionellen und ober- herrlichen Rechte mit äußerſter Härte zur Dämpfung der Lehre anzuwenden: dieſe dagegen, gehorſam ſo lange es das ſtrenge Recht gilt, ſind doch augenblicklich zum Aufruhr fertig, ſo wie daſſelbe im mindeſten verletzt zu ſeyn ſcheint. Der geiſtliche Staat, der hier die höhern Claſſen durch ge- meinſchaftliche Intereſſen zuſammenhält, ſieht ſich von den untern, die ſeine Berechtigung läugnen, mit aller Heftig- keit eines beginnenden Abfalls angegriffen. Nirgends aber ſtießen dieſe Gegenſätze gewaltiger auf einander, als in dem Mittelpunkt der geiſtlichen Or- ganiſation; dort wo die Bezeichnung des einſt zur Zeit der Einführung des Chriſtenthums an der Aa geſtifteten Kloſters die alten Namen des Ortes und des Gaues ver- 1 „Wollen, daß nun und hinfuͤro kein fremder Mann, Frau, Knecht oder Magd, welche aus ſolchen Staͤdten und Flecken herkom- men, die der neuen Lehre anhaͤngig oder deshalb beruͤchtigt ſind, zu Dienſtboten in unſrer Stadt Paderborn angenommen werden, 1532 18. October. Bei Kleinſorgen Bd. II, p. 364. Ranke d. Geſch. III. 32

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/513>, abgerufen am 25.11.2024.