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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Reformation in Wirtemberg.
mung nicht darauf abgesehen war, die protestantischen Theo-
logen davon nichts hofften, der Papst nichts fürchtete. Allein,
vollzogen von einem der Oberhäupter der evangelischen Par-
tei, zu Gunsten eines Fürsten, der sich während seiner Ver-
bannung mit gleichen Gesinnungen durchdrungen hatte, und
unter Bedingungen zum Ziel gebracht, wie die angeführten,
konnte sie gar nichts anders als eine vollkommene Verände-
rung des religiösen Zustandes in Wirtemberg nach sich ziehn.

Auch war durch den Gang des Ereignisses gewisser-
maaßen schon die Form vorgeschrieben, welche die Refor-
mation hier nehmen mußte.

Wäre die Wiederherstellung des Herzogs früher, viel-
leicht durch eine jener politischen Combinationen, welche
Zwingli beabsichtigte, bewirkt worden, so würde wahrschein-
lich dessen Auffassung auch in dem Fürstenthum das Ueber-
gewicht gewonnen haben.

Jetzt aber, da der Krieg durch Hessen geführt, der
Friede durch Sachsen bewirkt worden, nach der Niederlage
der Schweizer und der Annäherung der Oberländer an das
sächsische Bekenntniß war das nicht mehr zu erwarten.
Vielmehr eignete sich der Herzog jetzt die Ausdrucksweise
an, welche seit jener Annäherung vorwaltete; er machte
bekannt, er werde Niemand dulden, der etwas anders, als
die wahre Gegenwärtigkeit des wahren Leibes und Blutes
Christi in dem Nachtmahl predige. Lautete doch ein Ar-
tikel des Kadanschen Friedens ausdrücklich wider die Sa-
cramentirer! 1


1 Schreiben an Blaurer 22. Dezbr. 1534. Der Zusatz "wie
Euch denn selber alles wohl wissen ist" beweist, daß Ulrich sich von An-
fang nicht anders ausgedrückt hatte.
31*

Reformation in Wirtemberg.
mung nicht darauf abgeſehen war, die proteſtantiſchen Theo-
logen davon nichts hofften, der Papſt nichts fürchtete. Allein,
vollzogen von einem der Oberhäupter der evangeliſchen Par-
tei, zu Gunſten eines Fürſten, der ſich während ſeiner Ver-
bannung mit gleichen Geſinnungen durchdrungen hatte, und
unter Bedingungen zum Ziel gebracht, wie die angeführten,
konnte ſie gar nichts anders als eine vollkommene Verände-
rung des religiöſen Zuſtandes in Wirtemberg nach ſich ziehn.

Auch war durch den Gang des Ereigniſſes gewiſſer-
maaßen ſchon die Form vorgeſchrieben, welche die Refor-
mation hier nehmen mußte.

Wäre die Wiederherſtellung des Herzogs früher, viel-
leicht durch eine jener politiſchen Combinationen, welche
Zwingli beabſichtigte, bewirkt worden, ſo würde wahrſchein-
lich deſſen Auffaſſung auch in dem Fürſtenthum das Ueber-
gewicht gewonnen haben.

Jetzt aber, da der Krieg durch Heſſen geführt, der
Friede durch Sachſen bewirkt worden, nach der Niederlage
der Schweizer und der Annäherung der Oberländer an das
ſächſiſche Bekenntniß war das nicht mehr zu erwarten.
Vielmehr eignete ſich der Herzog jetzt die Ausdrucksweiſe
an, welche ſeit jener Annäherung vorwaltete; er machte
bekannt, er werde Niemand dulden, der etwas anders, als
die wahre Gegenwärtigkeit des wahren Leibes und Blutes
Chriſti in dem Nachtmahl predige. Lautete doch ein Ar-
tikel des Kadanſchen Friedens ausdrücklich wider die Sa-
cramentirer! 1


1 Schreiben an Blaurer 22. Dezbr. 1534. Der Zuſatz „wie
Euch denn ſelber alles wohl wiſſen iſt“ beweiſt, daß Ulrich ſich von An-
fang nicht anders ausgedruͤckt hatte.
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[483/0499] Reformation in Wirtemberg. mung nicht darauf abgeſehen war, die proteſtantiſchen Theo- logen davon nichts hofften, der Papſt nichts fürchtete. Allein, vollzogen von einem der Oberhäupter der evangeliſchen Par- tei, zu Gunſten eines Fürſten, der ſich während ſeiner Ver- bannung mit gleichen Geſinnungen durchdrungen hatte, und unter Bedingungen zum Ziel gebracht, wie die angeführten, konnte ſie gar nichts anders als eine vollkommene Verände- rung des religiöſen Zuſtandes in Wirtemberg nach ſich ziehn. Auch war durch den Gang des Ereigniſſes gewiſſer- maaßen ſchon die Form vorgeſchrieben, welche die Refor- mation hier nehmen mußte. Wäre die Wiederherſtellung des Herzogs früher, viel- leicht durch eine jener politiſchen Combinationen, welche Zwingli beabſichtigte, bewirkt worden, ſo würde wahrſchein- lich deſſen Auffaſſung auch in dem Fürſtenthum das Ueber- gewicht gewonnen haben. Jetzt aber, da der Krieg durch Heſſen geführt, der Friede durch Sachſen bewirkt worden, nach der Niederlage der Schweizer und der Annäherung der Oberländer an das ſächſiſche Bekenntniß war das nicht mehr zu erwarten. Vielmehr eignete ſich der Herzog jetzt die Ausdrucksweiſe an, welche ſeit jener Annäherung vorwaltete; er machte bekannt, er werde Niemand dulden, der etwas anders, als die wahre Gegenwärtigkeit des wahren Leibes und Blutes Chriſti in dem Nachtmahl predige. Lautete doch ein Ar- tikel des Kadanſchen Friedens ausdrücklich wider die Sa- cramentirer! 1 1 Schreiben an Blaurer 22. Dezbr. 1534. Der Zuſatz „wie Euch denn ſelber alles wohl wiſſen iſt“ beweiſt, daß Ulrich ſich von An- fang nicht anders ausgedruͤckt hatte. 31*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/499>, abgerufen am 22.11.2024.