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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Achtes Capitel.
in dem Frieden anfangs nicht allein verpflichten wollen, das
Land von ihm zu Lehen zu empfangen, sondern auch keine
Veränderung in Hinsicht der Religion vorzunehmen: ein
Artikel war in Vorschlag gebracht, daß der Herzog in Hin-
sicht der Religion einen Jeden in dem Wesen lassen solle,
wie er ihn gefunden. 1 Bestand aber Ferdinand, wie wir
wissen, unerschütterlich auf der ersten Forderung, so beharrte
der Churfürst eben so fest auf der Zurückweisung der zweiten.
Denn unmöglich könne er zugeben, daß das Wort Gottes
nach seines seligen Vaters und seinem Bekenntniß nicht ge-
predigt werden solle; er könne den Lauf des Evangeliums
nicht hindern; er werde es nicht thun, selbst wenn es der
Herzog bewilligen sollte; eher werde er auch in der Wahl-
sache zurücktreten. Jener Artikel mußte wirklich gestrichen
werden. 2 Alsdann ward der Herzog mit Freuden benachrich-
tigt, er solle des Glaubens halber unverstrickt bleiben und Ge-
walt haben, christliche Ordnung mit seinen Unterthanen vor-
zunehmen. 3 Nur in Hinsicht derjenigen, welche mit Rega-
lien ausgestattet, nicht eigentlich als seine Unterthanen zu be-
trachten seyen, ward ihm eine gewisse Beschränkung auferlegt.

Eben dieß sind nun aber die Bestimmungen, welche
den Frieden von Kadan für die Religion so wichtig ma-
chen. Wir sahen, daß es bei der wirtembergische Unterneh-

1 Das ist ohne Zweifel der Sinn der etwas dunkeln Worte:
"das Hzg. Ulrich einen jedern in dem Fürstenthumb Wirtemberg der
Religionssachen halber, in dem Wesen wie sie bis uf sein Einneh-
men (gewesen) verfolgen, und zugestellt werden."
2 Wir kennen diese Unterhandlungen aus einem Schreiben des
Chnrfürsten von Sachsen an den König bei Sattler III, p. 129.
An den Rand jenes Artikels ward geschrieben: "Sol aussen pleiben."
3 Durch Hans v. Dölzk Schreiben Ulrichs ibid. 124.

Sechstes Buch. Achtes Capitel.
in dem Frieden anfangs nicht allein verpflichten wollen, das
Land von ihm zu Lehen zu empfangen, ſondern auch keine
Veränderung in Hinſicht der Religion vorzunehmen: ein
Artikel war in Vorſchlag gebracht, daß der Herzog in Hin-
ſicht der Religion einen Jeden in dem Weſen laſſen ſolle,
wie er ihn gefunden. 1 Beſtand aber Ferdinand, wie wir
wiſſen, unerſchütterlich auf der erſten Forderung, ſo beharrte
der Churfürſt eben ſo feſt auf der Zurückweiſung der zweiten.
Denn unmöglich könne er zugeben, daß das Wort Gottes
nach ſeines ſeligen Vaters und ſeinem Bekenntniß nicht ge-
predigt werden ſolle; er könne den Lauf des Evangeliums
nicht hindern; er werde es nicht thun, ſelbſt wenn es der
Herzog bewilligen ſollte; eher werde er auch in der Wahl-
ſache zurücktreten. Jener Artikel mußte wirklich geſtrichen
werden. 2 Alsdann ward der Herzog mit Freuden benachrich-
tigt, er ſolle des Glaubens halber unverſtrickt bleiben und Ge-
walt haben, chriſtliche Ordnung mit ſeinen Unterthanen vor-
zunehmen. 3 Nur in Hinſicht derjenigen, welche mit Rega-
lien ausgeſtattet, nicht eigentlich als ſeine Unterthanen zu be-
trachten ſeyen, ward ihm eine gewiſſe Beſchränkung auferlegt.

Eben dieß ſind nun aber die Beſtimmungen, welche
den Frieden von Kadan für die Religion ſo wichtig ma-
chen. Wir ſahen, daß es bei der wirtembergiſche Unterneh-

1 Das iſt ohne Zweifel der Sinn der etwas dunkeln Worte:
„das Hzg. Ulrich einen jedern in dem Fuͤrſtenthumb Wirtemberg der
Religionsſachen halber, in dem Weſen wie ſie bis uf ſein Einneh-
men (geweſen) verfolgen, und zugeſtellt werden.“
2 Wir kennen dieſe Unterhandlungen aus einem Schreiben des
Chnrfuͤrſten von Sachſen an den Koͤnig bei Sattler III, p. 129.
An den Rand jenes Artikels ward geſchrieben: „Sol auſſen pleiben.“
3 Durch Hans v. Doͤlzk Schreiben Ulrichs ibid. 124.
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[482/0498] Sechstes Buch. Achtes Capitel. in dem Frieden anfangs nicht allein verpflichten wollen, das Land von ihm zu Lehen zu empfangen, ſondern auch keine Veränderung in Hinſicht der Religion vorzunehmen: ein Artikel war in Vorſchlag gebracht, daß der Herzog in Hin- ſicht der Religion einen Jeden in dem Weſen laſſen ſolle, wie er ihn gefunden. 1 Beſtand aber Ferdinand, wie wir wiſſen, unerſchütterlich auf der erſten Forderung, ſo beharrte der Churfürſt eben ſo feſt auf der Zurückweiſung der zweiten. Denn unmöglich könne er zugeben, daß das Wort Gottes nach ſeines ſeligen Vaters und ſeinem Bekenntniß nicht ge- predigt werden ſolle; er könne den Lauf des Evangeliums nicht hindern; er werde es nicht thun, ſelbſt wenn es der Herzog bewilligen ſollte; eher werde er auch in der Wahl- ſache zurücktreten. Jener Artikel mußte wirklich geſtrichen werden. 2 Alsdann ward der Herzog mit Freuden benachrich- tigt, er ſolle des Glaubens halber unverſtrickt bleiben und Ge- walt haben, chriſtliche Ordnung mit ſeinen Unterthanen vor- zunehmen. 3 Nur in Hinſicht derjenigen, welche mit Rega- lien ausgeſtattet, nicht eigentlich als ſeine Unterthanen zu be- trachten ſeyen, ward ihm eine gewiſſe Beſchränkung auferlegt. Eben dieß ſind nun aber die Beſtimmungen, welche den Frieden von Kadan für die Religion ſo wichtig ma- chen. Wir ſahen, daß es bei der wirtembergiſche Unterneh- 1 Das iſt ohne Zweifel der Sinn der etwas dunkeln Worte: „das Hzg. Ulrich einen jedern in dem Fuͤrſtenthumb Wirtemberg der Religionsſachen halber, in dem Weſen wie ſie bis uf ſein Einneh- men (geweſen) verfolgen, und zugeſtellt werden.“ 2 Wir kennen dieſe Unterhandlungen aus einem Schreiben des Chnrfuͤrſten von Sachſen an den Koͤnig bei Sattler III, p. 129. An den Rand jenes Artikels ward geſchrieben: „Sol auſſen pleiben.“ 3 Durch Hans v. Doͤlzk Schreiben Ulrichs ibid. 124.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/498>, abgerufen am 23.11.2024.