Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Schwierigkeiten in Hinsicht d. Verfassung.
Klosterverwaltung zu einer Gesammtcasse, einem Vorrath
aufgespart werden sollte, für irgend einen Fall der Noth,
in welche das ganze Fürstenthum gerathen dürfte. Alles
aber, was von andern Stiftungen und erledigt werdenden
Pfründen aufkomme, sollte zum Unterhalt der Pfarren und
Schulen dienen. Im Jahre 1533 ward eine Kirchenord-
nung entworfen, gemeinschaftlich mit Nürnberg, nach wel-
cher Kirchen und Klöster sich richten sollten. 1

Man sieht, alles war noch im Werden, noch ziem-
lich formlos; an eine stabile Kirchenverfassung war noch
nicht zu denken. Nur so viel sehen wir, daß das Prin-
zip des weltlichen Standes überhaupt einen großen Vor-
theil über die geistliche Seite davon trug.

Ein Theil der geistlichen Einkünfte kam entweder dem
Fürsten, oder dem Adel, oder auch den Städten, oder der
Gesammtheit des Landes zu Gute. Ueberall trat eine
Geistlichkeit, die ihre Stellung und Bedeutung den An-
strengungen und dem Eifer der fürstlichen Gewalt verdankte,
an die Stelle einer andern, deren Recht sich von der bi-
schöflichen Autorisation herschrieb.

Wie wenig sich aber der weltliche Stand auch dieser neuen
Geistlichkeit zu unterwerfen geneigt war, davon zeugt unter
andern jene nürnbergisch-brandenburgische Kirchenordnung.

Die Geistlichen wünschten hier die Wiedereinführung
des Kirchenbannes; die nürnbergischen trugen förmlich
darauf an; die brandenburgischen waren wenigstens nicht
dagegen, in ihrem Gutachten führen sie vielmehr Gründe
für den Nutzen dieses Institutes auf. Allein sie konnten

1 Lang II, 42.

Schwierigkeiten in Hinſicht d. Verfaſſung.
Kloſterverwaltung zu einer Geſammtcaſſe, einem Vorrath
aufgeſpart werden ſollte, für irgend einen Fall der Noth,
in welche das ganze Fürſtenthum gerathen dürfte. Alles
aber, was von andern Stiftungen und erledigt werdenden
Pfründen aufkomme, ſollte zum Unterhalt der Pfarren und
Schulen dienen. Im Jahre 1533 ward eine Kirchenord-
nung entworfen, gemeinſchaftlich mit Nürnberg, nach wel-
cher Kirchen und Klöſter ſich richten ſollten. 1

Man ſieht, alles war noch im Werden, noch ziem-
lich formlos; an eine ſtabile Kirchenverfaſſung war noch
nicht zu denken. Nur ſo viel ſehen wir, daß das Prin-
zip des weltlichen Standes überhaupt einen großen Vor-
theil über die geiſtliche Seite davon trug.

Ein Theil der geiſtlichen Einkünfte kam entweder dem
Fürſten, oder dem Adel, oder auch den Städten, oder der
Geſammtheit des Landes zu Gute. Ueberall trat eine
Geiſtlichkeit, die ihre Stellung und Bedeutung den An-
ſtrengungen und dem Eifer der fürſtlichen Gewalt verdankte,
an die Stelle einer andern, deren Recht ſich von der bi-
ſchöflichen Autoriſation herſchrieb.

Wie wenig ſich aber der weltliche Stand auch dieſer neuen
Geiſtlichkeit zu unterwerfen geneigt war, davon zeugt unter
andern jene nürnbergiſch-brandenburgiſche Kirchenordnung.

Die Geiſtlichen wünſchten hier die Wiedereinführung
des Kirchenbannes; die nürnbergiſchen trugen förmlich
darauf an; die brandenburgiſchen waren wenigſtens nicht
dagegen, in ihrem Gutachten führen ſie vielmehr Gründe
für den Nutzen dieſes Inſtitutes auf. Allein ſie konnten

1 Lang II, 42.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0489" n="473"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Schwierigkeiten in Hin&#x017F;icht d. Verfa&#x017F;&#x017F;ung</hi>.</fw><lb/>
Klo&#x017F;terverwaltung zu einer Ge&#x017F;ammtca&#x017F;&#x017F;e, einem Vorrath<lb/>
aufge&#x017F;part werden &#x017F;ollte, für irgend einen Fall der Noth,<lb/>
in welche das ganze Für&#x017F;tenthum gerathen dürfte. Alles<lb/>
aber, was von andern Stiftungen und erledigt werdenden<lb/>
Pfründen aufkomme, &#x017F;ollte zum Unterhalt der Pfarren und<lb/>
Schulen dienen. Im Jahre 1533 ward eine Kirchenord-<lb/>
nung entworfen, gemein&#x017F;chaftlich mit Nürnberg, nach wel-<lb/>
cher Kirchen und Klö&#x017F;ter &#x017F;ich richten &#x017F;ollten. <note place="foot" n="1">Lang <hi rendition="#aq">II,</hi> 42.</note></p><lb/>
          <p>Man &#x017F;ieht, alles war noch im Werden, noch ziem-<lb/>
lich formlos; an eine &#x017F;tabile Kirchenverfa&#x017F;&#x017F;ung war noch<lb/>
nicht zu denken. Nur &#x017F;o viel &#x017F;ehen wir, daß das Prin-<lb/>
zip des weltlichen Standes überhaupt einen großen Vor-<lb/>
theil über die gei&#x017F;tliche Seite davon trug.</p><lb/>
          <p>Ein Theil der gei&#x017F;tlichen Einkünfte kam entweder dem<lb/>
Für&#x017F;ten, oder dem Adel, oder auch den Städten, oder der<lb/>
Ge&#x017F;ammtheit des Landes zu Gute. Ueberall trat eine<lb/>
Gei&#x017F;tlichkeit, die ihre Stellung und Bedeutung den An-<lb/>
&#x017F;trengungen und dem Eifer der für&#x017F;tlichen Gewalt verdankte,<lb/>
an die Stelle einer andern, deren Recht &#x017F;ich von der bi-<lb/>
&#x017F;chöflichen Autori&#x017F;ation her&#x017F;chrieb.</p><lb/>
          <p>Wie wenig &#x017F;ich aber der weltliche Stand auch die&#x017F;er neuen<lb/>
Gei&#x017F;tlichkeit zu unterwerfen geneigt war, davon zeugt unter<lb/>
andern jene nürnbergi&#x017F;ch-brandenburgi&#x017F;che Kirchenordnung.</p><lb/>
          <p>Die Gei&#x017F;tlichen wün&#x017F;chten hier die Wiedereinführung<lb/>
des Kirchenbannes; die nürnbergi&#x017F;chen trugen förmlich<lb/>
darauf an; die brandenburgi&#x017F;chen waren wenig&#x017F;tens nicht<lb/>
dagegen, in ihrem Gutachten führen &#x017F;ie vielmehr Gründe<lb/>
für den Nutzen die&#x017F;es In&#x017F;titutes auf. Allein &#x017F;ie konnten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0489] Schwierigkeiten in Hinſicht d. Verfaſſung. Kloſterverwaltung zu einer Geſammtcaſſe, einem Vorrath aufgeſpart werden ſollte, für irgend einen Fall der Noth, in welche das ganze Fürſtenthum gerathen dürfte. Alles aber, was von andern Stiftungen und erledigt werdenden Pfründen aufkomme, ſollte zum Unterhalt der Pfarren und Schulen dienen. Im Jahre 1533 ward eine Kirchenord- nung entworfen, gemeinſchaftlich mit Nürnberg, nach wel- cher Kirchen und Klöſter ſich richten ſollten. 1 Man ſieht, alles war noch im Werden, noch ziem- lich formlos; an eine ſtabile Kirchenverfaſſung war noch nicht zu denken. Nur ſo viel ſehen wir, daß das Prin- zip des weltlichen Standes überhaupt einen großen Vor- theil über die geiſtliche Seite davon trug. Ein Theil der geiſtlichen Einkünfte kam entweder dem Fürſten, oder dem Adel, oder auch den Städten, oder der Geſammtheit des Landes zu Gute. Ueberall trat eine Geiſtlichkeit, die ihre Stellung und Bedeutung den An- ſtrengungen und dem Eifer der fürſtlichen Gewalt verdankte, an die Stelle einer andern, deren Recht ſich von der bi- ſchöflichen Autoriſation herſchrieb. Wie wenig ſich aber der weltliche Stand auch dieſer neuen Geiſtlichkeit zu unterwerfen geneigt war, davon zeugt unter andern jene nürnbergiſch-brandenburgiſche Kirchenordnung. Die Geiſtlichen wünſchten hier die Wiedereinführung des Kirchenbannes; die nürnbergiſchen trugen förmlich darauf an; die brandenburgiſchen waren wenigſtens nicht dagegen, in ihrem Gutachten führen ſie vielmehr Gründe für den Nutzen dieſes Inſtitutes auf. Allein ſie konnten 1 Lang II, 42.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/489
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/489>, abgerufen am 24.11.2024.