um die Opposition in Gang zu erhalten, diese Fäden en- ger zu knüpfen.
Noch wichtiger aber als die Wahl wurde bald die Wirtembergische Angelegenheit.
Seit dem Tage, an welchem der Herzog von Wir- temberg aus seinem Lande getrieben worden, hatten auch die Versuche begonnen, ihn wieder herzustellen. Unzählige Verhandlungen und Verabredungen hatte man darüber ge- pflogen, 1 doch war noch alles an der entschiedenen Feind- seligkeit des schwäbischen Bundes gescheitert. Auf dem Reichstag von Augsburg war Ferdinand von seinem Bru- der auf das feierlichste mit Wirtemberg belehnt worden.
Im Jahre 1532 trat nun ein Ereigniß ein, das allen Ansprüchen des Fürstenhauses einen neuen Nachdruck gab.
Nach der Verjagung Herzog Ulrichs war auch dessen Sohn Christoph, ein fünfjähriger Knabe, aus Wirtem- berg weggeführt worden. Man erzählte sich, bei seinem letzten Nachtlager im Lande, habe er mit einem Lamm ge- spielt, und dieß dann beim Abschiede dem Wirth dringend anempfohlen; wenn er wiederkomme, werde er ihm die Bemühung vergelten. Dieser kindische Traum sollte jedoch lange unerfüllt bleiben. Der Knabe wuchs in Insbruck und Neustadt unter der Obhut Ferdinands auf. Man hat da nicht immer aufs Beste für ihn Sorge getragen; we- niger vielleicht aus üblem Willen, als weil die Hofhal- tung überhaupt nicht ganz in Ordnung war; er hat zu-
1 Z. B. die Verhandlungen zwischen Landgraf Philipp und Heinrich Herzog von Braunschweig im Jahre 1530; die später in den Streitschriften ausführlich erörtert worden sind.
Sechstes Buch. Siebentes Capitel.
um die Oppoſition in Gang zu erhalten, dieſe Fäden en- ger zu knüpfen.
Noch wichtiger aber als die Wahl wurde bald die Wirtembergiſche Angelegenheit.
Seit dem Tage, an welchem der Herzog von Wir- temberg aus ſeinem Lande getrieben worden, hatten auch die Verſuche begonnen, ihn wieder herzuſtellen. Unzählige Verhandlungen und Verabredungen hatte man darüber ge- pflogen, 1 doch war noch alles an der entſchiedenen Feind- ſeligkeit des ſchwäbiſchen Bundes geſcheitert. Auf dem Reichstag von Augsburg war Ferdinand von ſeinem Bru- der auf das feierlichſte mit Wirtemberg belehnt worden.
Im Jahre 1532 trat nun ein Ereigniß ein, das allen Anſprüchen des Fürſtenhauſes einen neuen Nachdruck gab.
Nach der Verjagung Herzog Ulrichs war auch deſſen Sohn Chriſtoph, ein fünfjähriger Knabe, aus Wirtem- berg weggeführt worden. Man erzählte ſich, bei ſeinem letzten Nachtlager im Lande, habe er mit einem Lamm ge- ſpielt, und dieß dann beim Abſchiede dem Wirth dringend anempfohlen; wenn er wiederkomme, werde er ihm die Bemühung vergelten. Dieſer kindiſche Traum ſollte jedoch lange unerfüllt bleiben. Der Knabe wuchs in Insbruck und Neuſtadt unter der Obhut Ferdinands auf. Man hat da nicht immer aufs Beſte für ihn Sorge getragen; we- niger vielleicht aus üblem Willen, als weil die Hofhal- tung überhaupt nicht ganz in Ordnung war; er hat zu-
1 Z. B. die Verhandlungen zwiſchen Landgraf Philipp und Heinrich Herzog von Braunſchweig im Jahre 1530; die ſpaͤter in den Streitſchriften ausfuͤhrlich eroͤrtert worden ſind.
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Sechstes Buch. Siebentes Capitel.
um die Oppoſition in Gang zu erhalten, dieſe Fäden en-
ger zu knüpfen.
Noch wichtiger aber als die Wahl wurde bald die
Wirtembergiſche Angelegenheit.
Seit dem Tage, an welchem der Herzog von Wir-
temberg aus ſeinem Lande getrieben worden, hatten auch
die Verſuche begonnen, ihn wieder herzuſtellen. Unzählige
Verhandlungen und Verabredungen hatte man darüber ge-
pflogen, 1 doch war noch alles an der entſchiedenen Feind-
ſeligkeit des ſchwäbiſchen Bundes geſcheitert. Auf dem
Reichstag von Augsburg war Ferdinand von ſeinem Bru-
der auf das feierlichſte mit Wirtemberg belehnt worden.
Im Jahre 1532 trat nun ein Ereigniß ein, das allen
Anſprüchen des Fürſtenhauſes einen neuen Nachdruck gab.
Nach der Verjagung Herzog Ulrichs war auch deſſen
Sohn Chriſtoph, ein fünfjähriger Knabe, aus Wirtem-
berg weggeführt worden. Man erzählte ſich, bei ſeinem
letzten Nachtlager im Lande, habe er mit einem Lamm ge-
ſpielt, und dieß dann beim Abſchiede dem Wirth dringend
anempfohlen; wenn er wiederkomme, werde er ihm die
Bemühung vergelten. Dieſer kindiſche Traum ſollte jedoch
lange unerfüllt bleiben. Der Knabe wuchs in Insbruck
und Neuſtadt unter der Obhut Ferdinands auf. Man hat
da nicht immer aufs Beſte für ihn Sorge getragen; we-
niger vielleicht aus üblem Willen, als weil die Hofhal-
tung überhaupt nicht ganz in Ordnung war; er hat zu-
1 Z. B. die Verhandlungen zwiſchen Landgraf Philipp und
Heinrich Herzog von Braunſchweig im Jahre 1530; die ſpaͤter in den
Streitſchriften ausfuͤhrlich eroͤrtert worden ſind.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/464>, abgerufen am 24.11.2024.
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