stark. Die nemlichen Krankheiten, welche bei Neapel das französische Heer zerstörten, ergriffen auch die deutschen Truppen, welche im Sommer 1528 unter Heinrich von Braunschweig und Marx Sittich von Ems dem Kaiser zu Hülfe über die Alpen stiegen und in der Lombardei erschie- nen. Herzog Heinrich war ohnehin nicht der Mann, eine Unternehmung zu Ende zu führen, wobei er mit der Ei- fersucht seiner Verbündeten, der Abneigung des Landvolks, dem Klima und den Feinden zugleich zu kämpfen hatte. Gar bald sah man ihn mißmuthig über die Alpen zurück- kehren; seine Haufen lösten sich auf, und traten zum Theil in venezianische Dienste.
Hierauf erschien ein neues französisches Heer unter St. Pol in Ivrea, dem die Venezianer Geld und Truppen ent- gegen sandten: so daß man Pavia, das wieder verloren gegan- gen, aufs neue eroberte und gar bald die größten Hoffnungen faßte. St. Pols Meinung wäre gewesen, sogleich nach dem Neapolitanischen vorzudringen, wo noch eine Anzahl fester Plätze sich in den Händen der Franzosen befanden: er zwei- felte nicht, das ganze Königreich werde ihm dann zufallen. Die französische Regierung dagegen hielt es für nöthiger, zuerst einen Versuch gegen Genua und Andrea Doria zu machen. Obwohl es damit nicht gelang, so beherrschte doch das Heer den größten Theil der Lombardei in der That, und in England hoffte man noch, daß es in Kurzem Mailand einnehmen, ja durch die Besetzung von Parma und Piacenza sich wieder Einfluß auf den Papst verschaffen werde.
Und in nicht minderer Verwirrung war das östliche Europa.
Fuͤnftes Buch. Erſtes Capitel.
ſtark. Die nemlichen Krankheiten, welche bei Neapel das franzöſiſche Heer zerſtörten, ergriffen auch die deutſchen Truppen, welche im Sommer 1528 unter Heinrich von Braunſchweig und Marx Sittich von Ems dem Kaiſer zu Hülfe über die Alpen ſtiegen und in der Lombardei erſchie- nen. Herzog Heinrich war ohnehin nicht der Mann, eine Unternehmung zu Ende zu führen, wobei er mit der Ei- ferſucht ſeiner Verbündeten, der Abneigung des Landvolks, dem Klima und den Feinden zugleich zu kämpfen hatte. Gar bald ſah man ihn mißmuthig über die Alpen zurück- kehren; ſeine Haufen löſten ſich auf, und traten zum Theil in venezianiſche Dienſte.
Hierauf erſchien ein neues franzöſiſches Heer unter St. Pol in Ivrea, dem die Venezianer Geld und Truppen ent- gegen ſandten: ſo daß man Pavia, das wieder verloren gegan- gen, aufs neue eroberte und gar bald die größten Hoffnungen faßte. St. Pols Meinung wäre geweſen, ſogleich nach dem Neapolitaniſchen vorzudringen, wo noch eine Anzahl feſter Plätze ſich in den Händen der Franzoſen befanden: er zwei- felte nicht, das ganze Königreich werde ihm dann zufallen. Die franzöſiſche Regierung dagegen hielt es für nöthiger, zuerſt einen Verſuch gegen Genua und Andrea Doria zu machen. Obwohl es damit nicht gelang, ſo beherrſchte doch das Heer den größten Theil der Lombardei in der That, und in England hoffte man noch, daß es in Kurzem Mailand einnehmen, ja durch die Beſetzung von Parma und Piacenza ſich wieder Einfluß auf den Papſt verſchaffen werde.
Und in nicht minderer Verwirrung war das öſtliche Europa.
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Fuͤnftes Buch. Erſtes Capitel.
ſtark. Die nemlichen Krankheiten, welche bei Neapel das
franzöſiſche Heer zerſtörten, ergriffen auch die deutſchen
Truppen, welche im Sommer 1528 unter Heinrich von
Braunſchweig und Marx Sittich von Ems dem Kaiſer zu
Hülfe über die Alpen ſtiegen und in der Lombardei erſchie-
nen. Herzog Heinrich war ohnehin nicht der Mann, eine
Unternehmung zu Ende zu führen, wobei er mit der Ei-
ferſucht ſeiner Verbündeten, der Abneigung des Landvolks,
dem Klima und den Feinden zugleich zu kämpfen hatte.
Gar bald ſah man ihn mißmuthig über die Alpen zurück-
kehren; ſeine Haufen löſten ſich auf, und traten zum Theil
in venezianiſche Dienſte.
Hierauf erſchien ein neues franzöſiſches Heer unter St.
Pol in Ivrea, dem die Venezianer Geld und Truppen ent-
gegen ſandten: ſo daß man Pavia, das wieder verloren gegan-
gen, aufs neue eroberte und gar bald die größten Hoffnungen
faßte. St. Pols Meinung wäre geweſen, ſogleich nach dem
Neapolitaniſchen vorzudringen, wo noch eine Anzahl feſter
Plätze ſich in den Händen der Franzoſen befanden: er zwei-
felte nicht, das ganze Königreich werde ihm dann zufallen. Die
franzöſiſche Regierung dagegen hielt es für nöthiger, zuerſt
einen Verſuch gegen Genua und Andrea Doria zu machen.
Obwohl es damit nicht gelang, ſo beherrſchte doch das
Heer den größten Theil der Lombardei in der That, und
in England hoffte man noch, daß es in Kurzem Mailand
einnehmen, ja durch die Beſetzung von Parma und Piacenza
ſich wieder Einfluß auf den Papſt verſchaffen werde.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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