getragen, deutsche Kraft und Ordnung, italienische Beweg- lichkeit, und die beharrliche Verschlagenheit der Spanier. Doch war der deutsche Bestandtheil bei weitem überwiegend.
Suleiman war in der Erwartung ausgezogen, daß die Entzweiungen der Christenheit, namentlich die deutschen, dem Kaiser die Hände binden, ihm jeden großartigen Wi- derstand unmöglich machen würden. Da er ein so zahl- reiches, trefflich gerüstetes Heer sich gegenüber sah, hatte er nicht den Muth, wie er sich so oft vermessen, es im Felde aufzusuchen.
Indem er nun seine Akindschi, an Zahl 15000, -- leichte Truppen unter einem Anführer, auf dessen Helme man Geierflügel erblickte, Flüchtigkeit und Raub zu bezeichnen, -- nach Oestreich schickte, wandte er sich selbst nach Steier- mark und erschien vor Gräz. 1 Aber die Akindschi wur- den von einem Haufen der Deutschen einem andern in die Hände gejagt, und fast völlig vernichtet; Gräz leistete Wi- derstand; und indessen mögen auch von der See her, wo Doria in den ionischen Gewässern über Zai-begh offenbar die Oberhand hatte, ungünstige Nachrichten eingelaufen seyn. Suleiman glaubte die glücklichen Gestirne seines Nebenbuh- lers zu erkennen, und entschloß sich, dem gefährlichen Kam- pfe durch raschen Rückzug auszuweichen. 2
Der Kaiser hätte, wie wir wissen, dem Feind zwar eine Schlacht zu liefern gewünscht; ein entschiedener Sieg
1 Wahrhaftige Beschreibung des andern Zuges in Oestreich. Aus einem alten Nürnberger Druck von 1539 in Göbels Beiträgen p. 309. Die Schrift ist aus dem Briefwechsel des Pfalzgrafen ge- zogen.
2 Schärtlins Lebensbeschreibung p. 35. Hammer III, p. 118.
Sechstes Buch. Sechstes Capitel.
getragen, deutſche Kraft und Ordnung, italieniſche Beweg- lichkeit, und die beharrliche Verſchlagenheit der Spanier. Doch war der deutſche Beſtandtheil bei weitem überwiegend.
Suleiman war in der Erwartung ausgezogen, daß die Entzweiungen der Chriſtenheit, namentlich die deutſchen, dem Kaiſer die Hände binden, ihm jeden großartigen Wi- derſtand unmöglich machen würden. Da er ein ſo zahl- reiches, trefflich gerüſtetes Heer ſich gegenüber ſah, hatte er nicht den Muth, wie er ſich ſo oft vermeſſen, es im Felde aufzuſuchen.
Indem er nun ſeine Akindſchi, an Zahl 15000, — leichte Truppen unter einem Anführer, auf deſſen Helme man Geierflügel erblickte, Flüchtigkeit und Raub zu bezeichnen, — nach Oeſtreich ſchickte, wandte er ſich ſelbſt nach Steier- mark und erſchien vor Gräz. 1 Aber die Akindſchi wur- den von einem Haufen der Deutſchen einem andern in die Hände gejagt, und faſt völlig vernichtet; Gräz leiſtete Wi- derſtand; und indeſſen mögen auch von der See her, wo Doria in den ioniſchen Gewäſſern über Zai-begh offenbar die Oberhand hatte, ungünſtige Nachrichten eingelaufen ſeyn. Suleiman glaubte die glücklichen Geſtirne ſeines Nebenbuh- lers zu erkennen, und entſchloß ſich, dem gefährlichen Kam- pfe durch raſchen Rückzug auszuweichen. 2
Der Kaiſer hätte, wie wir wiſſen, dem Feind zwar eine Schlacht zu liefern gewünſcht; ein entſchiedener Sieg
1 Wahrhaftige Beſchreibung des andern Zuges in Oeſtreich. Aus einem alten Nuͤrnberger Druck von 1539 in Goͤbels Beitraͤgen p. 309. Die Schrift iſt aus dem Briefwechſel des Pfalzgrafen ge- zogen.
2 Schaͤrtlins Lebensbeſchreibung p. 35. Hammer III, p. 118.
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Sechstes Buch. Sechstes Capitel.
getragen, deutſche Kraft und Ordnung, italieniſche Beweg-
lichkeit, und die beharrliche Verſchlagenheit der Spanier.
Doch war der deutſche Beſtandtheil bei weitem überwiegend.
Suleiman war in der Erwartung ausgezogen, daß die
Entzweiungen der Chriſtenheit, namentlich die deutſchen,
dem Kaiſer die Hände binden, ihm jeden großartigen Wi-
derſtand unmöglich machen würden. Da er ein ſo zahl-
reiches, trefflich gerüſtetes Heer ſich gegenüber ſah, hatte
er nicht den Muth, wie er ſich ſo oft vermeſſen, es im Felde
aufzuſuchen.
Indem er nun ſeine Akindſchi, an Zahl 15000, — leichte
Truppen unter einem Anführer, auf deſſen Helme man
Geierflügel erblickte, Flüchtigkeit und Raub zu bezeichnen, —
nach Oeſtreich ſchickte, wandte er ſich ſelbſt nach Steier-
mark und erſchien vor Gräz. 1 Aber die Akindſchi wur-
den von einem Haufen der Deutſchen einem andern in die
Hände gejagt, und faſt völlig vernichtet; Gräz leiſtete Wi-
derſtand; und indeſſen mögen auch von der See her, wo
Doria in den ioniſchen Gewäſſern über Zai-begh offenbar
die Oberhand hatte, ungünſtige Nachrichten eingelaufen ſeyn.
Suleiman glaubte die glücklichen Geſtirne ſeines Nebenbuh-
lers zu erkennen, und entſchloß ſich, dem gefährlichen Kam-
pfe durch raſchen Rückzug auszuweichen. 2
Der Kaiſer hätte, wie wir wiſſen, dem Feind zwar
eine Schlacht zu liefern gewünſcht; ein entſchiedener Sieg
1 Wahrhaftige Beſchreibung des andern Zuges in Oeſtreich.
Aus einem alten Nuͤrnberger Druck von 1539 in Goͤbels Beitraͤgen
p. 309. Die Schrift iſt aus dem Briefwechſel des Pfalzgrafen ge-
zogen.
2 Schaͤrtlins Lebensbeſchreibung p. 35. Hammer III, p. 118.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/448>, abgerufen am 24.11.2024.
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