Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Jurischitz in Günz. zehn schweren, zwanzig leichten Pferden, seinem König zu-zuziehen, als die Türken in die Nähe kamen und der Ort sich mit Schaaren von Flüchtlingen anfüllte. Da beschloß auch er zu bleiben, so viele Unglückliche wenigstens eine Zeit- lang zu vertheidigen, den großen Zug ein paar Tage auf- zuhalten. Denn den Feind wirklich abwehren zu können, traute er sich nicht zu; ich hatte meine Sache, sagt er, in ge- wissen Tod gestellt. Hierauf erschienen die Türken mit al- ler ihrer Macht und begannen die Belagerung auf ge- wohnte Weise, pflanzten ihr Geschütz auf den nächsten An- höhen auf, gruben Minen, und suchten durch die Bre- schen einzudringen. Jurischitz hatte keine andern Soldaten als jene 30 Reiter; die übrigen waren alle Einwohner des Ortes oder zusammengelaufene Bauern; es mochten ihrer siebenhundert seyn. Aber eilfmal schlugen sie den Sturm der Türken ab, sie leisteten den beherzten Widerstand, welchen allein der Entschluß, sich bis zum Tode zu vertheidigen, einflößen kann; zuletzt aber war, wie natürlich, doch alles vergebens. Die Türken hatten zwei große Schütten von Reisig bis zur Höhe der Mauer aufgeworfen; auf der ei- nen pflanzten sie ihr Hauptgeschütz auf, das nun die Mauer beherrschte, und unter dessen Schutze von der andern ein breiter Weg nach der Mauer geführt werden konnte. Den so vorbereiteten Sturm liefen am 28sten August Janit- scharen und Reisige an; wie hätte ihrer Ueberzahl, bei die- sem Vortheil, Widerstand geleistet werden können. Bald waren die Vertheidiger in einen letzten Verhau zurückge- drängt, wo sie sich noch mit sinkenden Kräften schlugen; schon weheten die türkischen Banner an acht Stellen auf Juriſchitz in Guͤnz. zehn ſchweren, zwanzig leichten Pferden, ſeinem König zu-zuziehen, als die Türken in die Nähe kamen und der Ort ſich mit Schaaren von Flüchtlingen anfüllte. Da beſchloß auch er zu bleiben, ſo viele Unglückliche wenigſtens eine Zeit- lang zu vertheidigen, den großen Zug ein paar Tage auf- zuhalten. Denn den Feind wirklich abwehren zu können, traute er ſich nicht zu; ich hatte meine Sache, ſagt er, in ge- wiſſen Tod geſtellt. Hierauf erſchienen die Türken mit al- ler ihrer Macht und begannen die Belagerung auf ge- wohnte Weiſe, pflanzten ihr Geſchütz auf den nächſten An- höhen auf, gruben Minen, und ſuchten durch die Bre- ſchen einzudringen. Juriſchitz hatte keine andern Soldaten als jene 30 Reiter; die übrigen waren alle Einwohner des Ortes oder zuſammengelaufene Bauern; es mochten ihrer ſiebenhundert ſeyn. Aber eilfmal ſchlugen ſie den Sturm der Türken ab, ſie leiſteten den beherzten Widerſtand, welchen allein der Entſchluß, ſich bis zum Tode zu vertheidigen, einflößen kann; zuletzt aber war, wie natürlich, doch alles vergebens. Die Türken hatten zwei große Schütten von Reiſig bis zur Höhe der Mauer aufgeworfen; auf der ei- nen pflanzten ſie ihr Hauptgeſchütz auf, das nun die Mauer beherrſchte, und unter deſſen Schutze von der andern ein breiter Weg nach der Mauer geführt werden konnte. Den ſo vorbereiteten Sturm liefen am 28ſten Auguſt Janit- ſcharen und Reiſige an; wie hätte ihrer Ueberzahl, bei die- ſem Vortheil, Widerſtand geleiſtet werden können. Bald waren die Vertheidiger in einen letzten Verhau zurückge- drängt, wo ſie ſich noch mit ſinkenden Kräften ſchlugen; ſchon weheten die türkiſchen Banner an acht Stellen auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0445" n="429"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Juriſchitz in Guͤnz</hi>.</fw><lb/> zehn ſchweren, zwanzig leichten Pferden, ſeinem König zu-<lb/> zuziehen, als die Türken in die Nähe kamen und der Ort<lb/> ſich mit Schaaren von Flüchtlingen anfüllte. Da beſchloß<lb/> auch er zu bleiben, ſo viele Unglückliche wenigſtens eine Zeit-<lb/> lang zu vertheidigen, den großen Zug ein paar Tage auf-<lb/> zuhalten. Denn den Feind wirklich abwehren zu können,<lb/> traute er ſich nicht zu; ich hatte meine Sache, ſagt er, in ge-<lb/> wiſſen Tod geſtellt. 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Juriſchitz in Guͤnz.
zehn ſchweren, zwanzig leichten Pferden, ſeinem König zu-
zuziehen, als die Türken in die Nähe kamen und der Ort
ſich mit Schaaren von Flüchtlingen anfüllte. Da beſchloß
auch er zu bleiben, ſo viele Unglückliche wenigſtens eine Zeit-
lang zu vertheidigen, den großen Zug ein paar Tage auf-
zuhalten. Denn den Feind wirklich abwehren zu können,
traute er ſich nicht zu; ich hatte meine Sache, ſagt er, in ge-
wiſſen Tod geſtellt. Hierauf erſchienen die Türken mit al-
ler ihrer Macht und begannen die Belagerung auf ge-
wohnte Weiſe, pflanzten ihr Geſchütz auf den nächſten An-
höhen auf, gruben Minen, und ſuchten durch die Bre-
ſchen einzudringen. Juriſchitz hatte keine andern Soldaten
als jene 30 Reiter; die übrigen waren alle Einwohner des
Ortes oder zuſammengelaufene Bauern; es mochten ihrer
ſiebenhundert ſeyn. Aber eilfmal ſchlugen ſie den Sturm der
Türken ab, ſie leiſteten den beherzten Widerſtand, welchen
allein der Entſchluß, ſich bis zum Tode zu vertheidigen,
einflößen kann; zuletzt aber war, wie natürlich, doch alles
vergebens. Die Türken hatten zwei große Schütten von
Reiſig bis zur Höhe der Mauer aufgeworfen; auf der ei-
nen pflanzten ſie ihr Hauptgeſchütz auf, das nun die Mauer
beherrſchte, und unter deſſen Schutze von der andern ein
breiter Weg nach der Mauer geführt werden konnte. Den
ſo vorbereiteten Sturm liefen am 28ſten Auguſt Janit-
ſcharen und Reiſige an; wie hätte ihrer Ueberzahl, bei die-
ſem Vortheil, Widerſtand geleiſtet werden können. Bald
waren die Vertheidiger in einen letzten Verhau zurückge-
drängt, wo ſie ſich noch mit ſinkenden Kräften ſchlugen;
ſchon weheten die türkiſchen Banner an acht Stellen auf
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