faßt, mit dem Ferdinand bereits im Mai 1530 eine Bot- schaft nach Constantinopel schickte. 1
Von dem Kriege mit dem Woiwoden hoffte er in der That nichts mehr. Ein neuer Versuch auf Ofen war fehlgeschlagen. Die Ungarn beider Parteien zeigten sich der innern Fehde müde: ja sie hatten sogar einmal den Plan zur Wahl eines neuen, dritten Königs zu schreiten, den sie dann sämmtlich anerkennen würden. Ferdinand be- quemte sich zu einem Stillstand mit Zapolya. Seine Hoff- nungen waren nur auf Constantinopel gerichtet.
Aber wie sehr sah er sich da getäuscht!
Man wußte in Constantinopel sehr gut, daß in Deutschland, Italien und Spanien unaufhörlich von einer allgemeinen Unternehmung gegen die Türken die Rede war, daß der Papst und das Reich Geld dazu bewilligten, der Kaiser den Ruhm seines Namens durch einen solchen Feldzug zu verherrlichen dachte. Allein man wußte auch, daß die bewilligten Gelder entweder nicht eingingen, oder doch nicht zu ihrem Zweck verwendet werden konnten, daß die Christenheit, allen Friedensschlüssen zum Trotz, doch voll geheimer oder offener Entzweiungen war, und spottete der Drohung, daß sie einmal ihre Kräfte gegen die Osmanen vereinigen werde. "Der König der Spa- nier habe sich das Stirnband der kaiserlichen Krone um- gelegt; aber was wolle das sagen? Gehorche man ihm darum wohl mehr? Kaiser sey wer sein Reich mit dem Schwert erweitere." Als die Gesandten mit jenen Anträ-
1 Instruction an Lamberg und Jurischitz bei Gevay, Urkun- den und Actenstücke Heft I.
Ranke d. Gesch. III. 26
Unterhandlungen mit den Osmanen.
faßt, mit dem Ferdinand bereits im Mai 1530 eine Bot- ſchaft nach Conſtantinopel ſchickte. 1
Von dem Kriege mit dem Woiwoden hoffte er in der That nichts mehr. Ein neuer Verſuch auf Ofen war fehlgeſchlagen. Die Ungarn beider Parteien zeigten ſich der innern Fehde müde: ja ſie hatten ſogar einmal den Plan zur Wahl eines neuen, dritten Königs zu ſchreiten, den ſie dann ſämmtlich anerkennen würden. Ferdinand be- quemte ſich zu einem Stillſtand mit Zapolya. Seine Hoff- nungen waren nur auf Conſtantinopel gerichtet.
Aber wie ſehr ſah er ſich da getäuſcht!
Man wußte in Conſtantinopel ſehr gut, daß in Deutſchland, Italien und Spanien unaufhörlich von einer allgemeinen Unternehmung gegen die Türken die Rede war, daß der Papſt und das Reich Geld dazu bewilligten, der Kaiſer den Ruhm ſeines Namens durch einen ſolchen Feldzug zu verherrlichen dachte. Allein man wußte auch, daß die bewilligten Gelder entweder nicht eingingen, oder doch nicht zu ihrem Zweck verwendet werden konnten, daß die Chriſtenheit, allen Friedensſchlüſſen zum Trotz, doch voll geheimer oder offener Entzweiungen war, und ſpottete der Drohung, daß ſie einmal ihre Kräfte gegen die Osmanen vereinigen werde. „Der König der Spa- nier habe ſich das Stirnband der kaiſerlichen Krone um- gelegt; aber was wolle das ſagen? Gehorche man ihm darum wohl mehr? Kaiſer ſey wer ſein Reich mit dem Schwert erweitere.“ Als die Geſandten mit jenen Anträ-
1 Inſtruction an Lamberg und Juriſchitz bei Gevay, Urkun- den und Actenſtuͤcke Heft I.
Ranke d. Geſch. III. 26
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Unterhandlungen mit den Osmanen.
faßt, mit dem Ferdinand bereits im Mai 1530 eine Bot-
ſchaft nach Conſtantinopel ſchickte. 1
Von dem Kriege mit dem Woiwoden hoffte er in der
That nichts mehr. Ein neuer Verſuch auf Ofen war
fehlgeſchlagen. Die Ungarn beider Parteien zeigten ſich
der innern Fehde müde: ja ſie hatten ſogar einmal den
Plan zur Wahl eines neuen, dritten Königs zu ſchreiten,
den ſie dann ſämmtlich anerkennen würden. Ferdinand be-
quemte ſich zu einem Stillſtand mit Zapolya. Seine Hoff-
nungen waren nur auf Conſtantinopel gerichtet.
Aber wie ſehr ſah er ſich da getäuſcht!
Man wußte in Conſtantinopel ſehr gut, daß in
Deutſchland, Italien und Spanien unaufhörlich von einer
allgemeinen Unternehmung gegen die Türken die Rede war,
daß der Papſt und das Reich Geld dazu bewilligten, der
Kaiſer den Ruhm ſeines Namens durch einen ſolchen
Feldzug zu verherrlichen dachte. Allein man wußte auch,
daß die bewilligten Gelder entweder nicht eingingen, oder
doch nicht zu ihrem Zweck verwendet werden konnten,
daß die Chriſtenheit, allen Friedensſchlüſſen zum Trotz,
doch voll geheimer oder offener Entzweiungen war, und
ſpottete der Drohung, daß ſie einmal ihre Kräfte gegen
die Osmanen vereinigen werde. „Der König der Spa-
nier habe ſich das Stirnband der kaiſerlichen Krone um-
gelegt; aber was wolle das ſagen? Gehorche man ihm
darum wohl mehr? Kaiſer ſey wer ſein Reich mit dem
Schwert erweitere.“ Als die Geſandten mit jenen Anträ-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/417>, abgerufen am 24.11.2024.
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