an die Fenster und wehrte sich eine Zeitlang tapfer und glücklich, bis man endlich große Stücke auf Rädern gegen ihn auffuhr und ihn gefangennahm. Unter gräulichen Mar- tern ward er umgebracht. Von den Uebrigen unterwarfen sich Einige; Andere wurden in den Thurm gelegt, noch Andere verjagt. 1 Schon am 19. November hielt man wieder Messe.
In Aargau machten die fünf Orte das volle Recht des Siegers geltend. So wie ihre Fähnlein erschienen, wi- chen die Prädicanten, es ward ihnen von den Deutschen, besonders aber von den Wälschen der Tod gedroht. Brem- garten und Mellingen mußten sich ausdrücklich verpflichten, die bisherigen Gebräuche herzustellen. Der alte Schultheiß Mütschli, der Bremgarten bisher regiert, lag im Sterben, als ihm die neueingesetzte katholische Behörde den Befehl zugehn ließ, Bremgarten zu verlassen. Er antwortete, er wolle ihr nicht mehr lange beschwerlich seyn. Er starb sehr bald und ist in Oberwyl begraben worden.
In Thurgau und Rheinthal ließ der Friede den fünf Orten nicht so freie Hand; sie mußten sich begnügen die Klöster herzustellen, die nun aber ihre alten Gerechtsame wiedererlangten.
Dagegen bekamen die Katholischen zu Solothurn voll- kommen das Uebergewicht. Bei siebzig evangelische Fami- lien mußten die Stadt verlassen.
Es war die zweite Restauration des Katholicismus, der wir in unserer Geschichte begegnen, nicht so blutig wie die erste, die in Oberdeutschland nach dem Bauernkrieg ein- trat, aber eben so durch Kriegsereignisse hergeführt, doch auch gewaltsam, und bei weitem nachhaltiger. Hier an den Alpen
Reſtaurat. des Katholicismus in der Schweiz.
an die Fenſter und wehrte ſich eine Zeitlang tapfer und glücklich, bis man endlich große Stücke auf Rädern gegen ihn auffuhr und ihn gefangennahm. Unter gräulichen Mar- tern ward er umgebracht. Von den Uebrigen unterwarfen ſich Einige; Andere wurden in den Thurm gelegt, noch Andere verjagt. 1 Schon am 19. November hielt man wieder Meſſe.
In Aargau machten die fünf Orte das volle Recht des Siegers geltend. So wie ihre Fähnlein erſchienen, wi- chen die Prädicanten, es ward ihnen von den Deutſchen, beſonders aber von den Wälſchen der Tod gedroht. Brem- garten und Mellingen mußten ſich ausdrücklich verpflichten, die bisherigen Gebräuche herzuſtellen. Der alte Schultheiß Mütſchli, der Bremgarten bisher regiert, lag im Sterben, als ihm die neueingeſetzte katholiſche Behörde den Befehl zugehn ließ, Bremgarten zu verlaſſen. Er antwortete, er wolle ihr nicht mehr lange beſchwerlich ſeyn. Er ſtarb ſehr bald und iſt in Oberwyl begraben worden.
In Thurgau und Rheinthal ließ der Friede den fünf Orten nicht ſo freie Hand; ſie mußten ſich begnügen die Klöſter herzuſtellen, die nun aber ihre alten Gerechtſame wiedererlangten.
Dagegen bekamen die Katholiſchen zu Solothurn voll- kommen das Uebergewicht. Bei ſiebzig evangeliſche Fami- lien mußten die Stadt verlaſſen.
Es war die zweite Reſtauration des Katholicismus, der wir in unſerer Geſchichte begegnen, nicht ſo blutig wie die erſte, die in Oberdeutſchland nach dem Bauernkrieg ein- trat, aber eben ſo durch Kriegsereigniſſe hergeführt, doch auch gewaltſam, und bei weitem nachhaltiger. Hier an den Alpen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0389"n="373"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Reſtaurat. des Katholicismus in der Schweiz</hi>.</fw><lb/>
an die Fenſter und wehrte ſich eine Zeitlang tapfer und<lb/>
glücklich, bis man endlich große Stücke auf Rädern gegen<lb/>
ihn auffuhr und ihn gefangennahm. Unter gräulichen Mar-<lb/>
tern ward er umgebracht. Von den Uebrigen unterwarfen<lb/>ſich Einige; Andere wurden in den Thurm gelegt, noch Andere<lb/>
verjagt. <hirendition="#sup">1</hi> Schon am 19. November hielt man wieder Meſſe.</p><lb/><p>In Aargau machten die fünf Orte das volle Recht<lb/>
des Siegers geltend. So wie ihre Fähnlein erſchienen, wi-<lb/>
chen die Prädicanten, es ward ihnen von den Deutſchen,<lb/>
beſonders aber von den Wälſchen der Tod gedroht. Brem-<lb/>
garten und Mellingen mußten ſich ausdrücklich verpflichten,<lb/>
die bisherigen Gebräuche herzuſtellen. Der alte Schultheiß<lb/>
Mütſchli, der Bremgarten bisher regiert, lag im Sterben,<lb/>
als ihm die neueingeſetzte katholiſche Behörde den Befehl<lb/>
zugehn ließ, Bremgarten zu verlaſſen. Er antwortete, er<lb/>
wolle ihr nicht mehr lange beſchwerlich ſeyn. Er ſtarb ſehr<lb/>
bald und iſt in Oberwyl begraben worden.</p><lb/><p>In Thurgau und Rheinthal ließ der Friede den fünf<lb/>
Orten nicht ſo freie Hand; ſie mußten ſich begnügen die<lb/>
Klöſter herzuſtellen, die nun aber ihre alten Gerechtſame<lb/>
wiedererlangten.</p><lb/><p>Dagegen bekamen die Katholiſchen zu Solothurn voll-<lb/>
kommen das Uebergewicht. Bei ſiebzig evangeliſche Fami-<lb/>
lien mußten die Stadt verlaſſen.</p><lb/><p>Es war die zweite Reſtauration des Katholicismus,<lb/>
der wir in unſerer Geſchichte begegnen, nicht ſo blutig wie<lb/>
die erſte, die in Oberdeutſchland nach dem Bauernkrieg ein-<lb/>
trat, aber eben ſo durch Kriegsereigniſſe hergeführt, doch auch<lb/>
gewaltſam, und bei weitem nachhaltiger. Hier an den Alpen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[373/0389]
Reſtaurat. des Katholicismus in der Schweiz.
an die Fenſter und wehrte ſich eine Zeitlang tapfer und
glücklich, bis man endlich große Stücke auf Rädern gegen
ihn auffuhr und ihn gefangennahm. Unter gräulichen Mar-
tern ward er umgebracht. Von den Uebrigen unterwarfen
ſich Einige; Andere wurden in den Thurm gelegt, noch Andere
verjagt. 1 Schon am 19. November hielt man wieder Meſſe.
In Aargau machten die fünf Orte das volle Recht
des Siegers geltend. So wie ihre Fähnlein erſchienen, wi-
chen die Prädicanten, es ward ihnen von den Deutſchen,
beſonders aber von den Wälſchen der Tod gedroht. Brem-
garten und Mellingen mußten ſich ausdrücklich verpflichten,
die bisherigen Gebräuche herzuſtellen. Der alte Schultheiß
Mütſchli, der Bremgarten bisher regiert, lag im Sterben,
als ihm die neueingeſetzte katholiſche Behörde den Befehl
zugehn ließ, Bremgarten zu verlaſſen. Er antwortete, er
wolle ihr nicht mehr lange beſchwerlich ſeyn. Er ſtarb ſehr
bald und iſt in Oberwyl begraben worden.
In Thurgau und Rheinthal ließ der Friede den fünf
Orten nicht ſo freie Hand; ſie mußten ſich begnügen die
Klöſter herzuſtellen, die nun aber ihre alten Gerechtſame
wiedererlangten.
Dagegen bekamen die Katholiſchen zu Solothurn voll-
kommen das Uebergewicht. Bei ſiebzig evangeliſche Fami-
lien mußten die Stadt verlaſſen.
Es war die zweite Reſtauration des Katholicismus,
der wir in unſerer Geſchichte begegnen, nicht ſo blutig wie
die erſte, die in Oberdeutſchland nach dem Bauernkrieg ein-
trat, aber eben ſo durch Kriegsereigniſſe hergeführt, doch auch
gewaltſam, und bei weitem nachhaltiger. Hier an den Alpen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/389>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.