Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Sechstes Buch. Zweites Capitel. immer ein Hauptmann aus den vier Schirmorten und einLandrath von zwölf Mitgliedern die Regierung führen soll- ten. Um aber nicht aus Schwytz oder Lucern etwa einen Feind der neuen Lehre zum Hauptmann zu bekommen, setzte man zugleich die Bedingung fest, daß der Hauptmann der evangelischen Lehre zugethan seyn müsse; nicht eher sollte ihm gehuldigt werden, ehe er nicht geschworen, die Unter- thanen des Gotteshauses bei dem göttlichen Wort bleiben zu lassen. Auch auf Toggenburg erstreckte sich die neue Freiheit; es kaufte sich, womit es während Zwinglis Jugend begonnen, von den Pflichten gegen das Kloster nun voll- kommen los. Zwingli erlebte die Freude, im Anfang des Jahres 1531 in seinem völlig freien Vaterlande erscheinen und es nach seiner Weise kirchlich einrichten zu können. So umfassend nun aber auch diese Fortschritte waren, 1 Ordnung und Satzung wie hinfüro by den Gottshuslüten Rat und Gericht zhalten. 2 Bullinger II, 271, 344.
Sechstes Buch. Zweites Capitel. immer ein Hauptmann aus den vier Schirmorten und einLandrath von zwölf Mitgliedern die Regierung führen ſoll- ten. Um aber nicht aus Schwytz oder Lucern etwa einen Feind der neuen Lehre zum Hauptmann zu bekommen, ſetzte man zugleich die Bedingung feſt, daß der Hauptmann der evangeliſchen Lehre zugethan ſeyn müſſe; nicht eher ſollte ihm gehuldigt werden, ehe er nicht geſchworen, die Unter- thanen des Gotteshauſes bei dem göttlichen Wort bleiben zu laſſen. Auch auf Toggenburg erſtreckte ſich die neue Freiheit; es kaufte ſich, womit es während Zwinglis Jugend begonnen, von den Pflichten gegen das Kloſter nun voll- kommen los. Zwingli erlebte die Freude, im Anfang des Jahres 1531 in ſeinem völlig freien Vaterlande erſcheinen und es nach ſeiner Weiſe kirchlich einrichten zu können. So umfaſſend nun aber auch dieſe Fortſchritte waren, 1 Ordnung und Satzung wie hinfuͤro by den Gottshusluͤten Rat und Gericht zhalten. 2 Bullinger II, 271, 344.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0352" n="336"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> immer ein Hauptmann aus den vier Schirmorten und ein<lb/> Landrath von zwölf Mitgliedern die Regierung führen ſoll-<lb/> ten. Um aber nicht aus Schwytz oder Lucern etwa einen<lb/> Feind der neuen Lehre zum Hauptmann zu bekommen, ſetzte<lb/> man zugleich die Bedingung feſt, daß der Hauptmann der<lb/> evangeliſchen Lehre zugethan ſeyn müſſe; nicht eher ſollte<lb/> ihm gehuldigt werden, ehe er nicht geſchworen, die Unter-<lb/> thanen des Gotteshauſes bei dem göttlichen Wort bleiben<lb/> zu laſſen. Auch auf Toggenburg erſtreckte ſich die neue<lb/> Freiheit; es kaufte ſich, womit es während Zwinglis Jugend<lb/> begonnen, von den Pflichten gegen das Kloſter nun voll-<lb/> kommen los. Zwingli erlebte die Freude, im Anfang des<lb/> Jahres 1531 in ſeinem völlig freien Vaterlande erſcheinen<lb/> und es nach ſeiner Weiſe kirchlich einrichten zu können.</p><lb/> <p>So umfaſſend nun aber auch dieſe Fortſchritte waren,<lb/> ren, ſo erfüllten ſie doch immer noch nicht die Abſicht,<lb/> welche er urſprünglich gehegt und an deren Erreichung<lb/> alles lag. Die herrſchende Partei in den Fünforten zeigte<lb/> ſich unerſchütterlich; noch auf dem Felde zu Cappel ſol-<lb/> len die Machthaber einander verſprochen haben, dem er-<lb/> ſten Artikel des Landfriedens zum Trotz, den neuen Mei-<lb/> nungen nicht Raum zu geben, ja einen Jeden umzu-<lb/> bringen, der ihnen davon rede. Gewiß iſt wenigſtens,<lb/> daß Niemand ſich in ihrem Gebiete damit hervorwagte, ob-<lb/> wohl es gar nicht an Leuten fehlte, denen ſie zuſagten.<lb/> An die Abſtellung der Schmähreden war nicht zu denken.<lb/><note place="foot" n="1">Ordnung und Satzung wie hinfuͤro by den Gottshusluͤten<lb/> Rat und Gericht zhalten.</note><lb/><note place="foot" n="2">Bullinger <hi rendition="#aq">II,</hi> 271, 344.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [336/0352]
Sechstes Buch. Zweites Capitel.
immer ein Hauptmann aus den vier Schirmorten und ein
Landrath von zwölf Mitgliedern die Regierung führen ſoll-
ten. Um aber nicht aus Schwytz oder Lucern etwa einen
Feind der neuen Lehre zum Hauptmann zu bekommen, ſetzte
man zugleich die Bedingung feſt, daß der Hauptmann der
evangeliſchen Lehre zugethan ſeyn müſſe; nicht eher ſollte
ihm gehuldigt werden, ehe er nicht geſchworen, die Unter-
thanen des Gotteshauſes bei dem göttlichen Wort bleiben
zu laſſen. Auch auf Toggenburg erſtreckte ſich die neue
Freiheit; es kaufte ſich, womit es während Zwinglis Jugend
begonnen, von den Pflichten gegen das Kloſter nun voll-
kommen los. Zwingli erlebte die Freude, im Anfang des
Jahres 1531 in ſeinem völlig freien Vaterlande erſcheinen
und es nach ſeiner Weiſe kirchlich einrichten zu können.
So umfaſſend nun aber auch dieſe Fortſchritte waren,
ren, ſo erfüllten ſie doch immer noch nicht die Abſicht,
welche er urſprünglich gehegt und an deren Erreichung
alles lag. Die herrſchende Partei in den Fünforten zeigte
ſich unerſchütterlich; noch auf dem Felde zu Cappel ſol-
len die Machthaber einander verſprochen haben, dem er-
ſten Artikel des Landfriedens zum Trotz, den neuen Mei-
nungen nicht Raum zu geben, ja einen Jeden umzu-
bringen, der ihnen davon rede. Gewiß iſt wenigſtens,
daß Niemand ſich in ihrem Gebiete damit hervorwagte, ob-
wohl es gar nicht an Leuten fehlte, denen ſie zuſagten.
An die Abſtellung der Schmähreden war nicht zu denken.
1
2
1 Ordnung und Satzung wie hinfuͤro by den Gottshusluͤten
Rat und Gericht zhalten.
2 Bullinger II, 271, 344.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |