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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Zweites Capitel.
ligt werden, und nur ein vermeintes Wunder konnte die
Verehrung von St. Urs noch retten. Unter dem Schutz
von Bern erhoben sich die Evangelischen in Neuenburg;
schon griffen auch die Katholischen zu den Waffen, und es
schien zu Blutvergießen kommen zu wollen, als man den
Beschluß faßte, die Majorität entscheiden zu lassen. 1 Sie
entschied für die Reform. Oft war die Majorität frei-
lich nur schwach. In Neuenburg betrug sie nur 18, in
Neuenstadt 24 Stimmen. 2 So war es aber auch auf
der andern Seite, unter entgegengesetzten Einflüssen. Ganz
in der Nähe, in Rottweil, übten die 6 katholischen Zünfte
gegen die fünf evangelischen die größten Gewaltsamkeiten
aus; mehrere Hundert Bürger mußten die Stadt verlassen.

Wichtiger als alles andere für den Fortgang der
Ideen Zwingli's war nun aber, daß auch in einem der
acht alten Orte, der sich bisher neutral gehalten, in Gla-
rus die evangelische Majorität, die jedoch um vieles ausge-
sprochener war, zur Alleinherrschaft gelangte. Schon war
die reformirte Lehre so weit vorgedrungen, daß nur noch
ein paar Kirchen ihre Heiligenbilder behalten hatten. Ob-
wohl die Genossen derselben um nichts als kurzen Aufschub ba-
ten, bis etwa Kaiser und Reich wegen der Mißbräuche Ver-
fügung träfen, so beschloß doch die Landgemeinde im April
1530, daß auch diese Kirchen zu reinigen und dem übri-
gen Lande gleichförmig zu machen seyen. Es mochte noch
3

1 Chambrier Histoire de Neuchatel p. 296.
2 Stettler II, 36.
3 Tschudi bei Hottinger p. 287 nota 30. Bullinger p. 289.
Meßaltäre und Götzen wurden abgemant: etlich Götzen uf besser Glück
entzückt und verborgen."

Sechstes Buch. Zweites Capitel.
ligt werden, und nur ein vermeintes Wunder konnte die
Verehrung von St. Urs noch retten. Unter dem Schutz
von Bern erhoben ſich die Evangeliſchen in Neuenburg;
ſchon griffen auch die Katholiſchen zu den Waffen, und es
ſchien zu Blutvergießen kommen zu wollen, als man den
Beſchluß faßte, die Majorität entſcheiden zu laſſen. 1 Sie
entſchied für die Reform. Oft war die Majorität frei-
lich nur ſchwach. In Neuenburg betrug ſie nur 18, in
Neuenſtadt 24 Stimmen. 2 So war es aber auch auf
der andern Seite, unter entgegengeſetzten Einflüſſen. Ganz
in der Nähe, in Rottweil, übten die 6 katholiſchen Zünfte
gegen die fünf evangeliſchen die größten Gewaltſamkeiten
aus; mehrere Hundert Bürger mußten die Stadt verlaſſen.

Wichtiger als alles andere für den Fortgang der
Ideen Zwingli’s war nun aber, daß auch in einem der
acht alten Orte, der ſich bisher neutral gehalten, in Gla-
rus die evangeliſche Majorität, die jedoch um vieles ausge-
ſprochener war, zur Alleinherrſchaft gelangte. Schon war
die reformirte Lehre ſo weit vorgedrungen, daß nur noch
ein paar Kirchen ihre Heiligenbilder behalten hatten. Ob-
wohl die Genoſſen derſelben um nichts als kurzen Aufſchub ba-
ten, bis etwa Kaiſer und Reich wegen der Mißbräuche Ver-
fügung träfen, ſo beſchloß doch die Landgemeinde im April
1530, daß auch dieſe Kirchen zu reinigen und dem übri-
gen Lande gleichförmig zu machen ſeyen. Es mochte noch
3

1 Chambrier Histoire de Neuchatel p. 296.
2 Stettler II, 36.
3 Tſchudi bei Hottinger p. 287 nota 30. Bullinger p. 289.
Meßaltaͤre und Goͤtzen wurden abgemant: etlich Goͤtzen uf beſſer Gluͤck
entzuͤckt und verborgen.“
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[334/0350] Sechstes Buch. Zweites Capitel. ligt werden, und nur ein vermeintes Wunder konnte die Verehrung von St. Urs noch retten. Unter dem Schutz von Bern erhoben ſich die Evangeliſchen in Neuenburg; ſchon griffen auch die Katholiſchen zu den Waffen, und es ſchien zu Blutvergießen kommen zu wollen, als man den Beſchluß faßte, die Majorität entſcheiden zu laſſen. 1 Sie entſchied für die Reform. Oft war die Majorität frei- lich nur ſchwach. In Neuenburg betrug ſie nur 18, in Neuenſtadt 24 Stimmen. 2 So war es aber auch auf der andern Seite, unter entgegengeſetzten Einflüſſen. Ganz in der Nähe, in Rottweil, übten die 6 katholiſchen Zünfte gegen die fünf evangeliſchen die größten Gewaltſamkeiten aus; mehrere Hundert Bürger mußten die Stadt verlaſſen. Wichtiger als alles andere für den Fortgang der Ideen Zwingli’s war nun aber, daß auch in einem der acht alten Orte, der ſich bisher neutral gehalten, in Gla- rus die evangeliſche Majorität, die jedoch um vieles ausge- ſprochener war, zur Alleinherrſchaft gelangte. Schon war die reformirte Lehre ſo weit vorgedrungen, daß nur noch ein paar Kirchen ihre Heiligenbilder behalten hatten. Ob- wohl die Genoſſen derſelben um nichts als kurzen Aufſchub ba- ten, bis etwa Kaiſer und Reich wegen der Mißbräuche Ver- fügung träfen, ſo beſchloß doch die Landgemeinde im April 1530, daß auch dieſe Kirchen zu reinigen und dem übri- gen Lande gleichförmig zu machen ſeyen. Es mochte noch 3 1 Chambrier Histoire de Neuchatel p. 296. 2 Stettler II, 36. 3 Tſchudi bei Hottinger p. 287 nota 30. Bullinger p. 289. Meßaltaͤre und Goͤtzen wurden abgemant: etlich Goͤtzen uf beſſer Gluͤck entzuͤckt und verborgen.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/350>, abgerufen am 25.11.2024.