Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Ehescheidung Heinrichs VIII. haben, wie so höchst verderblich für die Fortdauer desPapstthums in England der Gedanke jener Ehescheidung ge- worden ist. Stellen wir uns aber auf einen höheren Stand- punkt, fassen wir die allgemeinen Verhältnisse ins Auge, so können wir uns dagegen auch wieder nicht verhehlen, daß die die Absicht Heinrichs VIII in Beziehung auf das übrige Eu- ropa der päpstlichen Herrschaft in diesem entscheidenden Au- genblick sogar Vortheil gebracht hat. Der Kaiser, der eine so gebieterische, ja gewaltsame Haltung gegen den Papst an- genommen, ward nun doch inne, daß derselbe, auch noch in seinem Gefängniß, etwas zu bedeuten habe und ihm eine em- pfindliche Beleidigung zufügen könne. Der Kaiser hörte gegen Ende Juli 1527 von der Sache. Es springt in die Augen, welch ein bedeutendes Ge- Dazu kam nun aber auch, daß das Gefangenhalten 1 Excerpt dieses Schreibens bei Bucholz III, 94 Note. 2*
Eheſcheidung Heinrichs VIII. haben, wie ſo höchſt verderblich für die Fortdauer desPapſtthums in England der Gedanke jener Eheſcheidung ge- worden iſt. Stellen wir uns aber auf einen höheren Stand- punkt, faſſen wir die allgemeinen Verhältniſſe ins Auge, ſo können wir uns dagegen auch wieder nicht verhehlen, daß die die Abſicht Heinrichs VIII in Beziehung auf das übrige Eu- ropa der päpſtlichen Herrſchaft in dieſem entſcheidenden Au- genblick ſogar Vortheil gebracht hat. Der Kaiſer, der eine ſo gebieteriſche, ja gewaltſame Haltung gegen den Papſt an- genommen, ward nun doch inne, daß derſelbe, auch noch in ſeinem Gefängniß, etwas zu bedeuten habe und ihm eine em- pfindliche Beleidigung zufügen könne. Der Kaiſer hörte gegen Ende Juli 1527 von der Sache. Es ſpringt in die Augen, welch ein bedeutendes Ge- Dazu kam nun aber auch, daß das Gefangenhalten 1 Excerpt dieſes Schreibens bei Bucholz III, 94 Note. 2*
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Eheſcheidung Heinrichs VIII.
haben, wie ſo höchſt verderblich für die Fortdauer des
Papſtthums in England der Gedanke jener Eheſcheidung ge-
worden iſt. Stellen wir uns aber auf einen höheren Stand-
punkt, faſſen wir die allgemeinen Verhältniſſe ins Auge, ſo
können wir uns dagegen auch wieder nicht verhehlen, daß die
die Abſicht Heinrichs VIII in Beziehung auf das übrige Eu-
ropa der päpſtlichen Herrſchaft in dieſem entſcheidenden Au-
genblick ſogar Vortheil gebracht hat. Der Kaiſer, der eine
ſo gebieteriſche, ja gewaltſame Haltung gegen den Papſt an-
genommen, ward nun doch inne, daß derſelbe, auch noch in
ſeinem Gefängniß, etwas zu bedeuten habe und ihm eine em-
pfindliche Beleidigung zufügen könne.
Der Kaiſer hörte gegen Ende Juli 1527 von der Sache.
In der Inſtruction für Verey vom 21ſten dieſes Monats
findet ſich, wenn wir uns auf unſere Auszüge verlaſſen können,
noch keine Spur davon: ſchon vom 31ſten aber haben wir
einen Brief des Kaiſers, der ſich ausdrücklich damit beſchäf-
tigt. Er trägt darin dem Vicekönig auf, mit dem Papſt
von der Sache zu reden, aber vorſichtig, damit ſie dieſer
nicht als „Mittel zu unheilvollem Verſtändniß mit dem
König“ ergreife. Carl hätte gewünſcht, daß der Papſt den
Plan durch ein paar verbietende Breven an den König und
den Cardinal ſofort niedergeſchlagen hätte. 1
Es ſpringt in die Augen, welch ein bedeutendes Ge-
wicht zu Gunſten des Papſtes dadurch in die Wagſchale ge-
worfen wurde, daß der Kaiſer deſſelben in einer ſo wichti-
gen häuslichen Angelegenheit bedurfte.
Dazu kam nun aber auch, daß das Gefangenhalten
1 Excerpt dieſes Schreibens bei Bucholz III, 94 Note.
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