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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Erstes Capitel.

Auch diese Ansicht theilten Nürnberg und Markgraf
Georg keinesweges. Die Gutachten ihrer Theologen und
Juristen waren bei weitem nicht so unzweifelhaft ausgefal-
len. Nürnberg erklärte, auf widerwärtige Rathschläge wie
diese könne es einen so wichtigen Beschluß nicht gründen.
Wir wissen daß eine ähnliche Differenz schon vor dem Jahr
die beiderseitigen Gelehrten getrennt hatte. 1

Die übrigen aber, schon immer gewohnt sich an Sach-
sen zu halten, oder sogar erfreut, daß es frühere Wider-
sprüche jetzt selber aufgegeben, erklärten sich vollkommen ein-
verstanden.

Es ward sogleich der Entwurf eines Verständnisses
gemacht, worin man sich zwar sehr hütete den Kaiser zu
nennen, die Absichten, welche gefürchtet wurden, nur un-
bestimmt andeutete, "es lasse sich an, als werde darauf ge-
dacht, die Anhänger des reinen Wortes Gottes zu unter-
drücken," allein ihn in Hinsicht der Gegenwehr doch auch
nicht mehr ausnahm. Die Verbündeten verpflichteten sich,
Demjenigen von ihnen, der um dieses göttlichen Wortes
willen angegriffen werde, zu Hülfe zu eilen. Ja sie wol-
len das auch dann thun, wenn der Angriff unter einem
andern Vorwand geschieht, sie aber ermessen, daß der ei-
gentliche Grund eben dieses göttliche Wort ist. Hieß es

1 Müllers Annales norici. Eine Streitfrage war, in wie
fern die kaiserliche Autorität sich auf Religionssachen erstrecke. Na-
mentlich der Landgraf von Hessen wollte das leugnen. Das bran-
denburgische Gutachten aber besteht darauf. In jenem Antrag sagt
nun Sachsen: wo sich gleichwol J. Mt. Amt in des Glaubens Sa-
chen erstrecken sollt, wäre das doch burch die Appellation, so an J.
Maj. und ein Concilium sämtlich nach rechtlicher Ordnung erschienen
ist, suspendirt.
Sechstes Buch. Erſtes Capitel.

Auch dieſe Anſicht theilten Nürnberg und Markgraf
Georg keinesweges. Die Gutachten ihrer Theologen und
Juriſten waren bei weitem nicht ſo unzweifelhaft ausgefal-
len. Nürnberg erklärte, auf widerwärtige Rathſchläge wie
dieſe könne es einen ſo wichtigen Beſchluß nicht gründen.
Wir wiſſen daß eine ähnliche Differenz ſchon vor dem Jahr
die beiderſeitigen Gelehrten getrennt hatte. 1

Die übrigen aber, ſchon immer gewohnt ſich an Sach-
ſen zu halten, oder ſogar erfreut, daß es frühere Wider-
ſprüche jetzt ſelber aufgegeben, erklärten ſich vollkommen ein-
verſtanden.

Es ward ſogleich der Entwurf eines Verſtändniſſes
gemacht, worin man ſich zwar ſehr hütete den Kaiſer zu
nennen, die Abſichten, welche gefürchtet wurden, nur un-
beſtimmt andeutete, „es laſſe ſich an, als werde darauf ge-
dacht, die Anhänger des reinen Wortes Gottes zu unter-
drücken,“ allein ihn in Hinſicht der Gegenwehr doch auch
nicht mehr ausnahm. Die Verbündeten verpflichteten ſich,
Demjenigen von ihnen, der um dieſes göttlichen Wortes
willen angegriffen werde, zu Hülfe zu eilen. Ja ſie wol-
len das auch dann thun, wenn der Angriff unter einem
andern Vorwand geſchieht, ſie aber ermeſſen, daß der ei-
gentliche Grund eben dieſes göttliche Wort iſt. Hieß es

1 Muͤllers Annales norici. Eine Streitfrage war, in wie
fern die kaiſerliche Autoritaͤt ſich auf Religionsſachen erſtrecke. Na-
mentlich der Landgraf von Heſſen wollte das leugnen. Das bran-
denburgiſche Gutachten aber beſteht darauf. In jenem Antrag ſagt
nun Sachſen: wo ſich gleichwol J. Mt. Amt in des Glaubens Sa-
chen erſtrecken ſollt, waͤre das doch burch die Appellation, ſo an J.
Maj. und ein Concilium ſaͤmtlich nach rechtlicher Ordnung erſchienen
iſt, ſuspendirt.
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[314/0330] Sechstes Buch. Erſtes Capitel. Auch dieſe Anſicht theilten Nürnberg und Markgraf Georg keinesweges. Die Gutachten ihrer Theologen und Juriſten waren bei weitem nicht ſo unzweifelhaft ausgefal- len. Nürnberg erklärte, auf widerwärtige Rathſchläge wie dieſe könne es einen ſo wichtigen Beſchluß nicht gründen. Wir wiſſen daß eine ähnliche Differenz ſchon vor dem Jahr die beiderſeitigen Gelehrten getrennt hatte. 1 Die übrigen aber, ſchon immer gewohnt ſich an Sach- ſen zu halten, oder ſogar erfreut, daß es frühere Wider- ſprüche jetzt ſelber aufgegeben, erklärten ſich vollkommen ein- verſtanden. Es ward ſogleich der Entwurf eines Verſtändniſſes gemacht, worin man ſich zwar ſehr hütete den Kaiſer zu nennen, die Abſichten, welche gefürchtet wurden, nur un- beſtimmt andeutete, „es laſſe ſich an, als werde darauf ge- dacht, die Anhänger des reinen Wortes Gottes zu unter- drücken,“ allein ihn in Hinſicht der Gegenwehr doch auch nicht mehr ausnahm. Die Verbündeten verpflichteten ſich, Demjenigen von ihnen, der um dieſes göttlichen Wortes willen angegriffen werde, zu Hülfe zu eilen. Ja ſie wol- len das auch dann thun, wenn der Angriff unter einem andern Vorwand geſchieht, ſie aber ermeſſen, daß der ei- gentliche Grund eben dieſes göttliche Wort iſt. Hieß es 1 Muͤllers Annales norici. Eine Streitfrage war, in wie fern die kaiſerliche Autoritaͤt ſich auf Religionsſachen erſtrecke. Na- mentlich der Landgraf von Heſſen wollte das leugnen. Das bran- denburgiſche Gutachten aber beſteht darauf. In jenem Antrag ſagt nun Sachſen: wo ſich gleichwol J. Mt. Amt in des Glaubens Sa- chen erſtrecken ſollt, waͤre das doch burch die Appellation, ſo an J. Maj. und ein Concilium ſaͤmtlich nach rechtlicher Ordnung erſchienen iſt, ſuspendirt.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/330>, abgerufen am 25.11.2024.