der Bulle Leo's X, welche die Vertheidiger Luthers der Strafe der Ketzer unterwarf, seines Wahlrechts beraubt werden konnte. 1 Auch ist darüber förmlich berathschlagt worden. Dahin aber war es mit den Churfürsten doch nicht gekommen, daß sie sich ein so formloses Verfahren, das bei einem jeden von ihnen ein ander Mal wiederholt werden konnte, hätten gefallen lassen. So viel wir finden, setzte sich vor allem die Pfalz dagegen, 2 und Johann von Sachsen wurde wirklich eingeladen. Auch für diesen Fall hatte der beugsame Papst ein Breve gegeben, worin er er- klärte, daß die Theilnahme desselben, wenn er gleich kraft der Bulle Leo's als excommunicirt betrachtet werden könnte, der Gültigkeit der Wahl nicht nachtheilig seyn solle.
Diese Anmahnung nun und die Bedrohung, welche in der neuen Weisung des Kammergerichts lagen, waren es zunächst, was dem schmalkaldischen Bunde seinen Ur- sprung gab.
Wir wissen, wie wenig es die evangelischen Fürsten bis dahin zu nachhaltigen Verbindungen gebracht hatten; auch jetzt schwankten sie, so lange der Kaiser noch in Augsburg ver- weilte, und es nicht ganz außer Zweifel war, welche Maaß- regeln er im Verein mit der Majorität ergreifen würde. Eine schon ausgeschriebene Zusammenkunft 3 wurde wieder aufgegeben, als der Kaiser sich einmal friedlich geäußert hatte. Als nun aber der Abschied erschien, der so entschie-
1 Auszug bei Bucholz IX, 17.
2 Taubenheim an Chf. Johann bei Förstemann II, 821. Wie ichs vermerke, so ßolle Pfalz die vornehmste Ursach sein, damit E. Ch. G. nicht ausgeschlossen werden.
3 Sie war auf Montag nach Catharinä (28. Novemb. 1530) anberaumt.
Sechstes Buch. Erſtes Capitel.
der Bulle Leo’s X, welche die Vertheidiger Luthers der Strafe der Ketzer unterwarf, ſeines Wahlrechts beraubt werden konnte. 1 Auch iſt darüber förmlich berathſchlagt worden. Dahin aber war es mit den Churfürſten doch nicht gekommen, daß ſie ſich ein ſo formloſes Verfahren, das bei einem jeden von ihnen ein ander Mal wiederholt werden konnte, hätten gefallen laſſen. So viel wir finden, ſetzte ſich vor allem die Pfalz dagegen, 2 und Johann von Sachſen wurde wirklich eingeladen. Auch für dieſen Fall hatte der beugſame Papſt ein Breve gegeben, worin er er- klärte, daß die Theilnahme deſſelben, wenn er gleich kraft der Bulle Leo’s als excommunicirt betrachtet werden könnte, der Gültigkeit der Wahl nicht nachtheilig ſeyn ſolle.
Dieſe Anmahnung nun und die Bedrohung, welche in der neuen Weiſung des Kammergerichts lagen, waren es zunächſt, was dem ſchmalkaldiſchen Bunde ſeinen Ur- ſprung gab.
Wir wiſſen, wie wenig es die evangeliſchen Fürſten bis dahin zu nachhaltigen Verbindungen gebracht hatten; auch jetzt ſchwankten ſie, ſo lange der Kaiſer noch in Augsburg ver- weilte, und es nicht ganz außer Zweifel war, welche Maaß- regeln er im Verein mit der Majorität ergreifen würde. Eine ſchon ausgeſchriebene Zuſammenkunft 3 wurde wieder aufgegeben, als der Kaiſer ſich einmal friedlich geäußert hatte. Als nun aber der Abſchied erſchien, der ſo entſchie-
1 Auszug bei Bucholz IX, 17.
2 Taubenheim an Chf. Johann bei Foͤrſtemann II, 821. Wie ichs vermerke, ſo ſzolle Pfalz die vornehmſte Urſach ſein, damit E. Ch. G. nicht ausgeſchloſſen werden.
3 Sie war auf Montag nach Catharinaͤ (28. Novemb. 1530) anberaumt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0322"n="306"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Sechstes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/>
der Bulle Leo’s <hirendition="#aq">X</hi>, welche die Vertheidiger Luthers der<lb/>
Strafe der Ketzer unterwarf, ſeines Wahlrechts beraubt<lb/>
werden konnte. <noteplace="foot"n="1">Auszug bei Bucholz <hirendition="#aq">IX,</hi> 17.</note> Auch iſt darüber förmlich berathſchlagt<lb/>
worden. Dahin aber war es mit den Churfürſten doch<lb/>
nicht gekommen, daß ſie ſich ein ſo formloſes Verfahren,<lb/>
das bei einem jeden von ihnen ein ander Mal wiederholt<lb/>
werden konnte, hätten gefallen laſſen. So viel wir finden,<lb/>ſetzte ſich vor allem die Pfalz dagegen, <noteplace="foot"n="2">Taubenheim an Chf. Johann bei Foͤrſtemann <hirendition="#aq">II,</hi> 821. Wie<lb/>
ichs vermerke, ſo ſzolle Pfalz die vornehmſte Urſach ſein, damit E.<lb/>
Ch. G. nicht ausgeſchloſſen werden.</note> und Johann von<lb/>
Sachſen wurde wirklich eingeladen. Auch für dieſen Fall<lb/>
hatte der beugſame Papſt ein Breve gegeben, worin er er-<lb/>
klärte, daß die Theilnahme deſſelben, wenn er gleich kraft<lb/>
der Bulle Leo’s als excommunicirt betrachtet werden könnte,<lb/>
der Gültigkeit der Wahl nicht nachtheilig ſeyn ſolle.</p><lb/><p>Dieſe Anmahnung nun und die Bedrohung, welche<lb/>
in der neuen Weiſung des Kammergerichts lagen, waren<lb/>
es zunächſt, was dem ſchmalkaldiſchen Bunde ſeinen Ur-<lb/>ſprung gab.</p><lb/><p>Wir wiſſen, wie wenig es die evangeliſchen Fürſten bis<lb/>
dahin zu nachhaltigen Verbindungen gebracht hatten; auch jetzt<lb/>ſchwankten ſie, ſo lange der Kaiſer noch in Augsburg ver-<lb/>
weilte, und es nicht ganz außer Zweifel war, welche Maaß-<lb/>
regeln er im Verein mit der Majorität ergreifen würde.<lb/>
Eine ſchon ausgeſchriebene Zuſammenkunft <noteplace="foot"n="3">Sie war auf Montag nach Catharinaͤ (28. Novemb. 1530)<lb/>
anberaumt.</note> wurde wieder<lb/>
aufgegeben, als der Kaiſer ſich einmal friedlich geäußert<lb/>
hatte. Als nun aber der Abſchied erſchien, der ſo entſchie-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[306/0322]
Sechstes Buch. Erſtes Capitel.
der Bulle Leo’s X, welche die Vertheidiger Luthers der
Strafe der Ketzer unterwarf, ſeines Wahlrechts beraubt
werden konnte. 1 Auch iſt darüber förmlich berathſchlagt
worden. Dahin aber war es mit den Churfürſten doch
nicht gekommen, daß ſie ſich ein ſo formloſes Verfahren,
das bei einem jeden von ihnen ein ander Mal wiederholt
werden konnte, hätten gefallen laſſen. So viel wir finden,
ſetzte ſich vor allem die Pfalz dagegen, 2 und Johann von
Sachſen wurde wirklich eingeladen. Auch für dieſen Fall
hatte der beugſame Papſt ein Breve gegeben, worin er er-
klärte, daß die Theilnahme deſſelben, wenn er gleich kraft
der Bulle Leo’s als excommunicirt betrachtet werden könnte,
der Gültigkeit der Wahl nicht nachtheilig ſeyn ſolle.
Dieſe Anmahnung nun und die Bedrohung, welche
in der neuen Weiſung des Kammergerichts lagen, waren
es zunächſt, was dem ſchmalkaldiſchen Bunde ſeinen Ur-
ſprung gab.
Wir wiſſen, wie wenig es die evangeliſchen Fürſten bis
dahin zu nachhaltigen Verbindungen gebracht hatten; auch jetzt
ſchwankten ſie, ſo lange der Kaiſer noch in Augsburg ver-
weilte, und es nicht ganz außer Zweifel war, welche Maaß-
regeln er im Verein mit der Majorität ergreifen würde.
Eine ſchon ausgeſchriebene Zuſammenkunft 3 wurde wieder
aufgegeben, als der Kaiſer ſich einmal friedlich geäußert
hatte. Als nun aber der Abſchied erſchien, der ſo entſchie-
1 Auszug bei Bucholz IX, 17.
2 Taubenheim an Chf. Johann bei Foͤrſtemann II, 821. Wie
ichs vermerke, ſo ſzolle Pfalz die vornehmſte Urſach ſein, damit E.
Ch. G. nicht ausgeſchloſſen werden.
3 Sie war auf Montag nach Catharinaͤ (28. Novemb. 1530)
anberaumt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/322>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.