Erstes Capitel. Grundlegung des schmalkaldischen Bundes.
Die Kirche hatte an und für sich keine politische Macht; sie bekam deren nur dann, wenn das Reich ihr seinen Arm lieh. "Der Bann," sagt der Sachsenspiegel, "schadet nur der Seele; Kränkung an Landrecht und Lehnrecht erfolgt erst aus des Königs Acht."
So feindselig auch die Stimmung der Majorität auf dem Reichstage den Protestanten war, so kam es daselbst, trotz der Abweichung derselben von der Kirche, doch nicht zu dieser Acht. Die Majorität, die den Kaiser schon nicht hatte wollen Richter seyn lassen, trug Bedenken, ihm die Waffen in die Hände zu geben.
Sie faßte die Absicht, während ein kriegerisches Un- ternehmen doch immer als nahe bevorstehend erschien, den Streit zunächst auf ein andres Feld zu versetzen: sie wollte wie man sich ausdrückte, "nicht fechten sondern rechten." Von jenen großen Reichsinstituten, welche zur Erhaltung der nationalen Einheit mit so vieler Mühe gegründet wor- den, das einzige, das sich in Ansehn erhalten, das Reichs-
Erſtes Capitel. Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
Die Kirche hatte an und für ſich keine politiſche Macht; ſie bekam deren nur dann, wenn das Reich ihr ſeinen Arm lieh. „Der Bann,“ ſagt der Sachſenſpiegel, „ſchadet nur der Seele; Kränkung an Landrecht und Lehnrecht erfolgt erſt aus des Königs Acht.“
So feindſelig auch die Stimmung der Majorität auf dem Reichstage den Proteſtanten war, ſo kam es daſelbſt, trotz der Abweichung derſelben von der Kirche, doch nicht zu dieſer Acht. Die Majorität, die den Kaiſer ſchon nicht hatte wollen Richter ſeyn laſſen, trug Bedenken, ihm die Waffen in die Hände zu geben.
Sie faßte die Abſicht, während ein kriegeriſches Un- ternehmen doch immer als nahe bevorſtehend erſchien, den Streit zunächſt auf ein andres Feld zu verſetzen: ſie wollte wie man ſich ausdrückte, „nicht fechten ſondern rechten.“ Von jenen großen Reichsinſtituten, welche zur Erhaltung der nationalen Einheit mit ſo vieler Mühe gegründet wor- den, das einzige, das ſich in Anſehn erhalten, das Reichs-
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Erſtes Capitel.
Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
Die Kirche hatte an und für ſich keine politiſche Macht;
ſie bekam deren nur dann, wenn das Reich ihr ſeinen Arm
lieh. „Der Bann,“ ſagt der Sachſenſpiegel, „ſchadet nur
der Seele; Kränkung an Landrecht und Lehnrecht erfolgt
erſt aus des Königs Acht.“
So feindſelig auch die Stimmung der Majorität auf
dem Reichstage den Proteſtanten war, ſo kam es daſelbſt,
trotz der Abweichung derſelben von der Kirche, doch nicht
zu dieſer Acht. Die Majorität, die den Kaiſer ſchon nicht
hatte wollen Richter ſeyn laſſen, trug Bedenken, ihm die
Waffen in die Hände zu geben.
Sie faßte die Abſicht, während ein kriegeriſches Un-
ternehmen doch immer als nahe bevorſtehend erſchien, den
Streit zunächſt auf ein andres Feld zu verſetzen: ſie wollte
wie man ſich ausdrückte, „nicht fechten ſondern rechten.“
Von jenen großen Reichsinſtituten, welche zur Erhaltung
der nationalen Einheit mit ſo vieler Mühe gegründet wor-
den, das einzige, das ſich in Anſehn erhalten, das Reichs-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. [302]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/318>, abgerufen am 25.11.2024.
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