Wie es bei den Deutschen schon in den Zeiten, welche Tacitus schildert, von allen Strafen beinahe die vornehmste gewesen, den öffentlichen Versammlungen und Opfern nicht beiwohnen zu dürfen, so ward es während des Mittelalters für ein unerträgliches Mißgeschick gehalten, die Mitgenos- senschaft der Kirche, den Frieden des Reiches zu verlieren. Diese beiden Gemeinschaften schienen alles jenseitige und diesseitige Heil zu umfassen.
Die evangelischen Stände sahen sich jetzt auf dem Punkt, sowohl von der einen als von der andern ausgeschlossen zu werden.
Von der Kirche, die mit Mißbräuchen überladen war, die sie zu reformiren gedacht, hatten sie sich, da es ihnen damit nicht gelang, durch eigenen Entschluß losgesagt. Sie hielten in ihrem Herzen nur noch an der Idee der verbes- serten Kirche fest. Die bestehende Kirche dagegen wollte bleiben wie sie war, und wies jede Annäherung ohne voll- kommene Unterwerfung von sich.
Deshalb geschah nun aber jetzt den Evangelischen, daß die Reichsgewalt, auf welche sie sich bei ihrem Vorhaben
Wie es bei den Deutſchen ſchon in den Zeiten, welche Tacitus ſchildert, von allen Strafen beinahe die vornehmſte geweſen, den öffentlichen Verſammlungen und Opfern nicht beiwohnen zu dürfen, ſo ward es während des Mittelalters für ein unerträgliches Mißgeſchick gehalten, die Mitgenoſ- ſenſchaft der Kirche, den Frieden des Reiches zu verlieren. Dieſe beiden Gemeinſchaften ſchienen alles jenſeitige und dieſſeitige Heil zu umfaſſen.
Die evangeliſchen Stände ſahen ſich jetzt auf dem Punkt, ſowohl von der einen als von der andern ausgeſchloſſen zu werden.
Von der Kirche, die mit Mißbräuchen überladen war, die ſie zu reformiren gedacht, hatten ſie ſich, da es ihnen damit nicht gelang, durch eigenen Entſchluß losgeſagt. Sie hielten in ihrem Herzen nur noch an der Idee der verbeſ- ſerten Kirche feſt. Die beſtehende Kirche dagegen wollte bleiben wie ſie war, und wies jede Annäherung ohne voll- kommene Unterwerfung von ſich.
Deshalb geſchah nun aber jetzt den Evangeliſchen, daß die Reichsgewalt, auf welche ſie ſich bei ihrem Vorhaben
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[[299]/0315]
Wie es bei den Deutſchen ſchon in den Zeiten, welche
Tacitus ſchildert, von allen Strafen beinahe die vornehmſte
geweſen, den öffentlichen Verſammlungen und Opfern nicht
beiwohnen zu dürfen, ſo ward es während des Mittelalters
für ein unerträgliches Mißgeſchick gehalten, die Mitgenoſ-
ſenſchaft der Kirche, den Frieden des Reiches zu verlieren.
Dieſe beiden Gemeinſchaften ſchienen alles jenſeitige und
dieſſeitige Heil zu umfaſſen.
Die evangeliſchen Stände ſahen ſich jetzt auf dem Punkt,
ſowohl von der einen als von der andern ausgeſchloſſen
zu werden.
Von der Kirche, die mit Mißbräuchen überladen war,
die ſie zu reformiren gedacht, hatten ſie ſich, da es ihnen
damit nicht gelang, durch eigenen Entſchluß losgeſagt. Sie
hielten in ihrem Herzen nur noch an der Idee der verbeſ-
ſerten Kirche feſt. Die beſtehende Kirche dagegen wollte
bleiben wie ſie war, und wies jede Annäherung ohne voll-
kommene Unterwerfung von ſich.
Deshalb geſchah nun aber jetzt den Evangeliſchen, daß
die Reichsgewalt, auf welche ſie ſich bei ihrem Vorhaben
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. [299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/315>, abgerufen am 22.11.2024.
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