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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Verhandlungen im Schooße der Majorität.

Es waren nunmehr vierzehn Städte, und gerade die
reichsten und blühendsten unter ihnen, Strasburg, Ulm,
Augsburg, Frankfurt, Nürnberg, welche sich dem Abschied
widersetzten. Eine Minorität, doch nicht mehr so unbedeu-
tend, wie sie anfangs ausgesehen.



Mittlerweile hatte der Kaiser einige besondere Geschäfte
mit der Majorität verhandelt, die sich wie gesagt nicht so
ganz unbedingt an ihn und sein Haus anschloß, wie die
Unterstützung es mit sich zu bringen schien, welche sie jetzt
von ihm erfuhr.

Jene Bewilligung, die der Papst dem König Ferdi-
nand von den geistlichen Gütern in Deutschland und Oestreich
zugestanden, wurde hartnäckig zurückgewiesen. Zuerst er-
klärten die Geistlichen sich entschlossen, sie nicht zu ge-

Tag kommen ist, daß ist unsers Erachtens wider unser Gewissen und
Verstand und deshalb zu bewilligen ganz beschwerlich und nit thun-
lich und wan es gleich deßfalls nit zu widerfechten were, khan E. W.
on Zweyffel wol ermessen, wo es zur Handlung kommen solt, was
E. W. derwegen mit Pulver Buxen Geld und andern zu leihen und
darzustrecken zugemut woed werden: wir wollen geschweygen was
das uf im hab zuzusagen und zu halten was weiter beschlossen wird."
Der höchst bedächtige Rath zu Frankfurt entschließt sich hierauf den
14. Oct. zu folgender Antwort an den Kaiser. "Dieweil Kais. Mt.
ein Concilium zu verschaffen, sich allergnediglichst erpotten und ein
erparer Rath kainswegs sich ye versehen, daß Kays. Mt. dem ewigen
Gottes Wort etwas zuwider werde aufrichten oder handhaben helffen,
so wolle ein erbarer Rath in Bedacht hochgedachter Kays. Mt. als
eines allergnedigsten gütigen milten Kaisers selbß erpieten sich dessel-
bigen getroisten, auch füran, als einem christlichen Magistrat wol ge-
ziemt, und so viel sie gegen Gott der Seelen und Gewissen halb und
dem Kays. Mt. von des Reichs wegen Gehorsam zu leisten schuldig
wie pillig allerunterthänigst gehorsamen." In so faltenreiches Dun-
kel hüllen sie ihre abschlägliche Antwort. Im Ganzen sind sie mit
ihren Gesandten einverstanden.
19*
Verhandlungen im Schooße der Majoritaͤt.

Es waren nunmehr vierzehn Städte, und gerade die
reichſten und blühendſten unter ihnen, Strasburg, Ulm,
Augsburg, Frankfurt, Nürnberg, welche ſich dem Abſchied
widerſetzten. Eine Minorität, doch nicht mehr ſo unbedeu-
tend, wie ſie anfangs ausgeſehen.



Mittlerweile hatte der Kaiſer einige beſondere Geſchäfte
mit der Majorität verhandelt, die ſich wie geſagt nicht ſo
ganz unbedingt an ihn und ſein Haus anſchloß, wie die
Unterſtützung es mit ſich zu bringen ſchien, welche ſie jetzt
von ihm erfuhr.

Jene Bewilligung, die der Papſt dem König Ferdi-
nand von den geiſtlichen Gütern in Deutſchland und Oeſtreich
zugeſtanden, wurde hartnäckig zurückgewieſen. Zuerſt er-
klärten die Geiſtlichen ſich entſchloſſen, ſie nicht zu ge-

Tag kommen iſt, daß iſt unſers Erachtens wider unſer Gewiſſen und
Verſtand und deshalb zu bewilligen ganz beſchwerlich und nit thun-
lich und wan es gleich deßfalls nit zu widerfechten were, khan E. W.
on Zweyffel wol ermeſſen, wo es zur Handlung kommen ſolt, was
E. W. derwegen mit Pulver Buxen Geld und andern zu leihen und
darzuſtrecken zugemut woed werden: wir wollen geſchweygen was
das uf im hab zuzuſagen und zu halten was weiter beſchloſſen wird.“
Der hoͤchſt bedaͤchtige Rath zu Frankfurt entſchließt ſich hierauf den
14. Oct. zu folgender Antwort an den Kaiſer. „Dieweil Kaiſ. Mt.
ein Concilium zu verſchaffen, ſich allergnediglichſt erpotten und ein
erparer Rath kainswegs ſich ye verſehen, daß Kayſ. Mt. dem ewigen
Gottes Wort etwas zuwider werde aufrichten oder handhaben helffen,
ſo wolle ein erbarer Rath in Bedacht hochgedachter Kayſ. Mt. als
eines allergnedigſten guͤtigen milten Kaiſers ſelbß erpieten ſich deſſel-
bigen getroiſten, auch fuͤran, als einem chriſtlichen Magiſtrat wol ge-
ziemt, und ſo viel ſie gegen Gott der Seelen und Gewiſſen halb und
dem Kayſ. Mt. von des Reichs wegen Gehorſam zu leiſten ſchuldig
wie pillig allerunterthaͤnigſt gehorſamen.“ In ſo faltenreiches Dun-
kel huͤllen ſie ihre abſchlaͤgliche Antwort. Im Ganzen ſind ſie mit
ihren Geſandten einverſtanden.
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[291/0307] Verhandlungen im Schooße der Majoritaͤt. Es waren nunmehr vierzehn Städte, und gerade die reichſten und blühendſten unter ihnen, Strasburg, Ulm, Augsburg, Frankfurt, Nürnberg, welche ſich dem Abſchied widerſetzten. Eine Minorität, doch nicht mehr ſo unbedeu- tend, wie ſie anfangs ausgeſehen. Mittlerweile hatte der Kaiſer einige beſondere Geſchäfte mit der Majorität verhandelt, die ſich wie geſagt nicht ſo ganz unbedingt an ihn und ſein Haus anſchloß, wie die Unterſtützung es mit ſich zu bringen ſchien, welche ſie jetzt von ihm erfuhr. Jene Bewilligung, die der Papſt dem König Ferdi- nand von den geiſtlichen Gütern in Deutſchland und Oeſtreich zugeſtanden, wurde hartnäckig zurückgewieſen. Zuerſt er- klärten die Geiſtlichen ſich entſchloſſen, ſie nicht zu ge- 1 1 Tag kommen iſt, daß iſt unſers Erachtens wider unſer Gewiſſen und Verſtand und deshalb zu bewilligen ganz beſchwerlich und nit thun- lich und wan es gleich deßfalls nit zu widerfechten were, khan E. W. on Zweyffel wol ermeſſen, wo es zur Handlung kommen ſolt, was E. W. derwegen mit Pulver Buxen Geld und andern zu leihen und darzuſtrecken zugemut woed werden: wir wollen geſchweygen was das uf im hab zuzuſagen und zu halten was weiter beſchloſſen wird.“ Der hoͤchſt bedaͤchtige Rath zu Frankfurt entſchließt ſich hierauf den 14. Oct. zu folgender Antwort an den Kaiſer. „Dieweil Kaiſ. Mt. ein Concilium zu verſchaffen, ſich allergnediglichſt erpotten und ein erparer Rath kainswegs ſich ye verſehen, daß Kayſ. Mt. dem ewigen Gottes Wort etwas zuwider werde aufrichten oder handhaben helffen, ſo wolle ein erbarer Rath in Bedacht hochgedachter Kayſ. Mt. als eines allergnedigſten guͤtigen milten Kaiſers ſelbß erpieten ſich deſſel- bigen getroiſten, auch fuͤran, als einem chriſtlichen Magiſtrat wol ge- ziemt, und ſo viel ſie gegen Gott der Seelen und Gewiſſen halb und dem Kayſ. Mt. von des Reichs wegen Gehorſam zu leiſten ſchuldig wie pillig allerunterthaͤnigſt gehorſamen.“ In ſo faltenreiches Dun- kel huͤllen ſie ihre abſchlaͤgliche Antwort. Im Ganzen ſind ſie mit ihren Geſandten einverſtanden. 19*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/307>, abgerufen am 22.11.2024.