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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Achtes Capitel.

In diesem Sinne der Annäherung, dem Gefühle des
Nochnichtvollkommengetrenntseyns, dem Wunsche, eine wie
im tiefern Grunde der Dinge waltende, so in einigen Ein-
zelnheiten des Bekenntnisses sichtbare Verwandtschaft geltend
zu machen, war die Confession gedacht und abgefaßt.

Am 25. Juni 1530 Nachmittags ward sie in der Ver-
sammlung des Reiches verlesen. Die Fürsten baten den
Kaiser, dieß in dem größern Locale geschehen zu lassen, wo
auch Fremde zugelassen wurden, so zu sagen in einer öffentli-
chen Sitzung; der Kaiser beliebte das kleinere, die Capi-
telstube des bischöflichen Hofes, wo er wohnte, und wo
nur die Mitglieder der Reichsversammlung Zutritt fanden.
Aus einem ähnlichen Grunde hätte er es gern gesehen,
daß die lateinische Abfassung verlesen worden wäre, aber
da erinnerten ihn die Fürsten, auf deutscher Erde möge
Seine Majestät die deutsche Sprache erlauben. Hierauf
verlas der jüngere sächsische Kanzler, Dr. Christian Baier,
das deutsche Bekenntniß mit einer Vernehmlichkeit der
Stimme, die der Klarheit und Festigkeit der darin ausge-
drückten Ueberzeugung entsprach. 1 Die geistlichen Fürsten
waren nicht sehr zahlreich zugegen: sie hatten gefürchtet,

darüber förmlich unterhandelt worden. Der Churfürst und seine Mit-
verwandten baten: J. Mt. wolt morgen wieder an dem Ort, (im
Pallast) erscheinen und den Umbstand (die Umstehenden) ire Verant-
wortung vernehmen zu lassen gestatten, denn sie weren von iren Wid-
derwertigen nit alleyn bei J. M., sondern auch bei menniglich verun-
glimpft; aber endlich ist es bei dem Bescheyd blieben.
1 Fürstenberg "hell und klar, daß menniglich, so dabei was,
der anders deutsch verstunde, alle Wort eigentlich, was doch in sol-
cher Versammlung selten geschieht, verstehen mocht." Auch den Ka-
tholiken erschien die Verlesung als eine große und zwar sehr unver-
diente Ehre. Noch zwei Jahr später schmählt Eck darüber. Luthe-
ranismus in arcem dignitatum evectus ita invaluit, ut assertores
Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.

In dieſem Sinne der Annäherung, dem Gefühle des
Nochnichtvollkommengetrenntſeyns, dem Wunſche, eine wie
im tiefern Grunde der Dinge waltende, ſo in einigen Ein-
zelnheiten des Bekenntniſſes ſichtbare Verwandtſchaft geltend
zu machen, war die Confeſſion gedacht und abgefaßt.

Am 25. Juni 1530 Nachmittags ward ſie in der Ver-
ſammlung des Reiches verleſen. Die Fürſten baten den
Kaiſer, dieß in dem größern Locale geſchehen zu laſſen, wo
auch Fremde zugelaſſen wurden, ſo zu ſagen in einer öffentli-
chen Sitzung; der Kaiſer beliebte das kleinere, die Capi-
telſtube des biſchöflichen Hofes, wo er wohnte, und wo
nur die Mitglieder der Reichsverſammlung Zutritt fanden.
Aus einem ähnlichen Grunde hätte er es gern geſehen,
daß die lateiniſche Abfaſſung verleſen worden wäre, aber
da erinnerten ihn die Fürſten, auf deutſcher Erde möge
Seine Majeſtät die deutſche Sprache erlauben. Hierauf
verlas der jüngere ſächſiſche Kanzler, Dr. Chriſtian Baier,
das deutſche Bekenntniß mit einer Vernehmlichkeit der
Stimme, die der Klarheit und Feſtigkeit der darin ausge-
drückten Ueberzeugung entſprach. 1 Die geiſtlichen Fürſten
waren nicht ſehr zahlreich zugegen: ſie hatten gefürchtet,

daruͤber foͤrmlich unterhandelt worden. Der Churfuͤrſt und ſeine Mit-
verwandten baten: J. Mt. wolt morgen wieder an dem Ort, (im
Pallaſt) erſcheinen und den Umbſtand (die Umſtehenden) ire Verant-
wortung vernehmen zu laſſen geſtatten, denn ſie weren von iren Wid-
derwertigen nit alleyn bei J. M., ſondern auch bei menniglich verun-
glimpft; aber endlich iſt es bei dem Beſcheyd blieben.
1 Fuͤrſtenberg „hell und klar, daß menniglich, ſo dabei was,
der anders deutſch verſtunde, alle Wort eigentlich, was doch in ſol-
cher Verſammlung ſelten geſchieht, verſtehen mocht.“ Auch den Ka-
tholiken erſchien die Verleſung als eine große und zwar ſehr unver-
diente Ehre. Noch zwei Jahr ſpaͤter ſchmaͤhlt Eck daruͤber. Luthe-
ranismus in arcem dignitatum evectus ita invaluit, ut assertores
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[248/0264] Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel. In dieſem Sinne der Annäherung, dem Gefühle des Nochnichtvollkommengetrenntſeyns, dem Wunſche, eine wie im tiefern Grunde der Dinge waltende, ſo in einigen Ein- zelnheiten des Bekenntniſſes ſichtbare Verwandtſchaft geltend zu machen, war die Confeſſion gedacht und abgefaßt. Am 25. Juni 1530 Nachmittags ward ſie in der Ver- ſammlung des Reiches verleſen. Die Fürſten baten den Kaiſer, dieß in dem größern Locale geſchehen zu laſſen, wo auch Fremde zugelaſſen wurden, ſo zu ſagen in einer öffentli- chen Sitzung; der Kaiſer beliebte das kleinere, die Capi- telſtube des biſchöflichen Hofes, wo er wohnte, und wo nur die Mitglieder der Reichsverſammlung Zutritt fanden. Aus einem ähnlichen Grunde hätte er es gern geſehen, daß die lateiniſche Abfaſſung verleſen worden wäre, aber da erinnerten ihn die Fürſten, auf deutſcher Erde möge Seine Majeſtät die deutſche Sprache erlauben. Hierauf verlas der jüngere ſächſiſche Kanzler, Dr. Chriſtian Baier, das deutſche Bekenntniß mit einer Vernehmlichkeit der Stimme, die der Klarheit und Feſtigkeit der darin ausge- drückten Ueberzeugung entſprach. 1 Die geiſtlichen Fürſten waren nicht ſehr zahlreich zugegen: ſie hatten gefürchtet, 2 1 Fuͤrſtenberg „hell und klar, daß menniglich, ſo dabei was, der anders deutſch verſtunde, alle Wort eigentlich, was doch in ſol- cher Verſammlung ſelten geſchieht, verſtehen mocht.“ Auch den Ka- tholiken erſchien die Verleſung als eine große und zwar ſehr unver- diente Ehre. Noch zwei Jahr ſpaͤter ſchmaͤhlt Eck daruͤber. Luthe- ranismus in arcem dignitatum evectus ita invaluit, ut assertores 2 daruͤber foͤrmlich unterhandelt worden. Der Churfuͤrſt und ſeine Mit- verwandten baten: J. Mt. wolt morgen wieder an dem Ort, (im Pallaſt) erſcheinen und den Umbſtand (die Umſtehenden) ire Verant- wortung vernehmen zu laſſen geſtatten, denn ſie weren von iren Wid- derwertigen nit alleyn bei J. M., ſondern auch bei menniglich verun- glimpft; aber endlich iſt es bei dem Beſcheyd blieben.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/264>, abgerufen am 24.11.2024.