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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Augsburgische Confession.
die er neu hinzufügte, waren höchst gemäßigt; er bezeich-
nete ausführlicher, welche Irrthümer der Ketzer, die dann
auch immer von der römischen Kirche verworfen waren,
man bei den verschiedenen Artikeln verdamme; er suchte
diese Artikel nicht allein mit der Schrift, sondern auch
mit den Lehren der Kirchenväter, namentlich des Augusti-
nus zu bewähren; das Gedächtniß der Heiligen verwarf er
nicht durchaus, er suchte es nur näher zu bestimmen; die
Würde der weltlichen Obrigkeit hob er auf das nachdrück-
lichste hervor, und schloß endlich mit der Behauptung, daß
diese Lehre nicht allein in der Schrift klar gegründet sey,
sondern auch der römischen Kirche, so weit sich das aus
den Vätern abnehmen lasse, nicht widerstreite; unmöglich
könne man darüber mit ihnen uneins seyn, oder gar sie
Ketzer nennen.

Und meines Dafürhaltens kann man gar nicht läug-
nen, daß die Lehre, wie sie hier erscheint, noch ein Pro-
dukt des lebendigen Geistes der lateinischen Kirche ist, das
sich sogar noch innerhalb der Grenzen derselben hält, von
allen seinen Hervorbringungen vielleicht die merkwürdigste,
innerlich bedeutendste. Es liegt in der Natur der Sache,
daß sie die Farbe ihres Ursprunges trägt, daß ihr nament-
lich der Grundbegriff, von dem Luther in dem Artikel von
der Rechtfertigung ausgegangen, etwas Individuelles ver-
leiht; aber ohne dieß entstehen menschliche Dinge nun ein-
mal nicht. Derselbe Grundbegriff war in der lateinischen
Kirche mehr als einmal überaus wirksam hervorgetreten;
Luther hatte ihn nur wieder mit aller Gewalt des religiö-
sen Bedürfnisses ergriffen, und in dem Kampfe mit ent-

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Augsburgiſche Confeſſion.
die er neu hinzufügte, waren höchſt gemäßigt; er bezeich-
nete ausführlicher, welche Irrthümer der Ketzer, die dann
auch immer von der römiſchen Kirche verworfen waren,
man bei den verſchiedenen Artikeln verdamme; er ſuchte
dieſe Artikel nicht allein mit der Schrift, ſondern auch
mit den Lehren der Kirchenväter, namentlich des Auguſti-
nus zu bewähren; das Gedächtniß der Heiligen verwarf er
nicht durchaus, er ſuchte es nur näher zu beſtimmen; die
Würde der weltlichen Obrigkeit hob er auf das nachdrück-
lichſte hervor, und ſchloß endlich mit der Behauptung, daß
dieſe Lehre nicht allein in der Schrift klar gegründet ſey,
ſondern auch der römiſchen Kirche, ſo weit ſich das aus
den Vätern abnehmen laſſe, nicht widerſtreite; unmöglich
könne man darüber mit ihnen uneins ſeyn, oder gar ſie
Ketzer nennen.

Und meines Dafürhaltens kann man gar nicht läug-
nen, daß die Lehre, wie ſie hier erſcheint, noch ein Pro-
dukt des lebendigen Geiſtes der lateiniſchen Kirche iſt, das
ſich ſogar noch innerhalb der Grenzen derſelben hält, von
allen ſeinen Hervorbringungen vielleicht die merkwürdigſte,
innerlich bedeutendſte. Es liegt in der Natur der Sache,
daß ſie die Farbe ihres Urſprunges trägt, daß ihr nament-
lich der Grundbegriff, von dem Luther in dem Artikel von
der Rechtfertigung ausgegangen, etwas Individuelles ver-
leiht; aber ohne dieß entſtehen menſchliche Dinge nun ein-
mal nicht. Derſelbe Grundbegriff war in der lateiniſchen
Kirche mehr als einmal überaus wirkſam hervorgetreten;
Luther hatte ihn nur wieder mit aller Gewalt des religiö-
ſen Bedürfniſſes ergriffen, und in dem Kampfe mit ent-

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[243/0259] Augsburgiſche Confeſſion. die er neu hinzufügte, waren höchſt gemäßigt; er bezeich- nete ausführlicher, welche Irrthümer der Ketzer, die dann auch immer von der römiſchen Kirche verworfen waren, man bei den verſchiedenen Artikeln verdamme; er ſuchte dieſe Artikel nicht allein mit der Schrift, ſondern auch mit den Lehren der Kirchenväter, namentlich des Auguſti- nus zu bewähren; das Gedächtniß der Heiligen verwarf er nicht durchaus, er ſuchte es nur näher zu beſtimmen; die Würde der weltlichen Obrigkeit hob er auf das nachdrück- lichſte hervor, und ſchloß endlich mit der Behauptung, daß dieſe Lehre nicht allein in der Schrift klar gegründet ſey, ſondern auch der römiſchen Kirche, ſo weit ſich das aus den Vätern abnehmen laſſe, nicht widerſtreite; unmöglich könne man darüber mit ihnen uneins ſeyn, oder gar ſie Ketzer nennen. Und meines Dafürhaltens kann man gar nicht läug- nen, daß die Lehre, wie ſie hier erſcheint, noch ein Pro- dukt des lebendigen Geiſtes der lateiniſchen Kirche iſt, das ſich ſogar noch innerhalb der Grenzen derſelben hält, von allen ſeinen Hervorbringungen vielleicht die merkwürdigſte, innerlich bedeutendſte. Es liegt in der Natur der Sache, daß ſie die Farbe ihres Urſprunges trägt, daß ihr nament- lich der Grundbegriff, von dem Luther in dem Artikel von der Rechtfertigung ausgegangen, etwas Individuelles ver- leiht; aber ohne dieß entſtehen menſchliche Dinge nun ein- mal nicht. Derſelbe Grundbegriff war in der lateiniſchen Kirche mehr als einmal überaus wirkſam hervorgetreten; Luther hatte ihn nur wieder mit aller Gewalt des religiö- ſen Bedürfniſſes ergriffen, und in dem Kampfe mit ent- 16*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/259>, abgerufen am 23.11.2024.