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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Krönung Carls V.

Und nun ward er mit den Sandalen und dem von
Edelsteinen starrenden Kaisermantel bekleidet, der von dem
byzantinischen Hofe herübergenommen worden; er ward mit
dem exorcisirten Oel gesalbt, mit einer Formel, fast noch
ganz der nemlichen, welche einst Hinkmar von Rheims ge-
braucht; 1 er empfing die Krone Carls des Großen, die
Insignien jener alten geheiligten Würde, in der er als das
Oberhaupt der Christenheit erschien; aber zugleich leistete er
auch den Schwur, den einst in den Zeiten der Siege der
Hierarchie die Päpste den Kaisern aufgelegt, daß er den
Papst und die Römische Kirche, alle ihre Besitzthümer,
Ehren und Rechte vertheidigen wolle; er war ein gewissen-
hafter Mensch und wir können nicht zweifeln, daß er den
Eid mit allem Ernst seines Gemüthes ablegte. Jene Ver-
einigung der geistlichen und weltlichen Hierarchie, welche
die Idee der lateinischen Christenheit fordert, ward noch
einmal vollzogen.

Während der Cerimonie stand der französische Gesandte,
Bischof von Tarbes, zwischen dem Stuhl des Kaisers und
dem des Papstes neben dem Grafen von Nassau; sie spra-
chen viel von der Freundschaft, die nun zwischen ihren
Fürsten bestehe, von der nichts zu wünschen sey, als
daß sie lange dauere. Man braucht aber nur den Bericht

Caesaris ap. Bononiam, historiola, autore H. C. Agrippa bei
Schardius III, 266.
1 Die Worte der Salbung in dem Ritual: ipse -- super
caput tuum infundat benedictionem, eandem usque ad interiora
cordis tui penetrare faciat
(bei Rainaldus p. 569 nr. 23, erinnert
sehr an Hinkmars Formel von 877) "cujus sacratissima unctio su-
per caput ejus defluat atque ad interiora ejus descendat et in-
tima cordis illius penetret.
Doch ist die alte Formel durchaus schöner.
Kroͤnung Carls V.

Und nun ward er mit den Sandalen und dem von
Edelſteinen ſtarrenden Kaiſermantel bekleidet, der von dem
byzantiniſchen Hofe herübergenommen worden; er ward mit
dem exorciſirten Oel geſalbt, mit einer Formel, faſt noch
ganz der nemlichen, welche einſt Hinkmar von Rheims ge-
braucht; 1 er empfing die Krone Carls des Großen, die
Inſignien jener alten geheiligten Würde, in der er als das
Oberhaupt der Chriſtenheit erſchien; aber zugleich leiſtete er
auch den Schwur, den einſt in den Zeiten der Siege der
Hierarchie die Päpſte den Kaiſern aufgelegt, daß er den
Papſt und die Römiſche Kirche, alle ihre Beſitzthümer,
Ehren und Rechte vertheidigen wolle; er war ein gewiſſen-
hafter Menſch und wir können nicht zweifeln, daß er den
Eid mit allem Ernſt ſeines Gemüthes ablegte. Jene Ver-
einigung der geiſtlichen und weltlichen Hierarchie, welche
die Idee der lateiniſchen Chriſtenheit fordert, ward noch
einmal vollzogen.

Während der Cerimonie ſtand der franzöſiſche Geſandte,
Biſchof von Tarbes, zwiſchen dem Stuhl des Kaiſers und
dem des Papſtes neben dem Grafen von Naſſau; ſie ſpra-
chen viel von der Freundſchaft, die nun zwiſchen ihren
Fürſten beſtehe, von der nichts zu wünſchen ſey, als
daß ſie lange dauere. Man braucht aber nur den Bericht

Caesaris ap. Bononiam, historiola, autore H. C. Agrippa bei
Schardius III, 266.
1 Die Worte der Salbung in dem Ritual: ipse — super
caput tuum infundat benedictionem, eandem usque ad interiora
cordis tui penetrare faciat
(bei Rainaldus p. 569 nr. 23, erinnert
ſehr an Hinkmars Formel von 877) „cujus sacratissima unctio su-
per caput ejus defluat atque ad interiora ejus descendat et in-
tima cordis illius penetret.
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[221/0237] Kroͤnung Carls V. Und nun ward er mit den Sandalen und dem von Edelſteinen ſtarrenden Kaiſermantel bekleidet, der von dem byzantiniſchen Hofe herübergenommen worden; er ward mit dem exorciſirten Oel geſalbt, mit einer Formel, faſt noch ganz der nemlichen, welche einſt Hinkmar von Rheims ge- braucht; 1 er empfing die Krone Carls des Großen, die Inſignien jener alten geheiligten Würde, in der er als das Oberhaupt der Chriſtenheit erſchien; aber zugleich leiſtete er auch den Schwur, den einſt in den Zeiten der Siege der Hierarchie die Päpſte den Kaiſern aufgelegt, daß er den Papſt und die Römiſche Kirche, alle ihre Beſitzthümer, Ehren und Rechte vertheidigen wolle; er war ein gewiſſen- hafter Menſch und wir können nicht zweifeln, daß er den Eid mit allem Ernſt ſeines Gemüthes ablegte. Jene Ver- einigung der geiſtlichen und weltlichen Hierarchie, welche die Idee der lateiniſchen Chriſtenheit fordert, ward noch einmal vollzogen. Während der Cerimonie ſtand der franzöſiſche Geſandte, Biſchof von Tarbes, zwiſchen dem Stuhl des Kaiſers und dem des Papſtes neben dem Grafen von Naſſau; ſie ſpra- chen viel von der Freundſchaft, die nun zwiſchen ihren Fürſten beſtehe, von der nichts zu wünſchen ſey, als daß ſie lange dauere. Man braucht aber nur den Bericht 1 1 Die Worte der Salbung in dem Ritual: ipse — super caput tuum infundat benedictionem, eandem usque ad interiora cordis tui penetrare faciat (bei Rainaldus p. 569 nr. 23, erinnert ſehr an Hinkmars Formel von 877) „cujus sacratissima unctio su- per caput ejus defluat atque ad interiora ejus descendat et in- tima cordis illius penetret. Doch iſt die alte Formel durchaus ſchoͤner. 1 Caesaris ap. Bononiam, historiola, autore H. C. Agrippa bei Schardius III, 266.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/237>, abgerufen am 24.11.2024.