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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Sechstes Capitel.
nach der andern Seite hin Wiedertaufe und Bildersturm rit-
terlich bekämpft; hauptsächlich aber und ganz mit Recht rech-
nete er sich als ein Verdienst an, daß er den Begriff von Obrig-
keit und weltlicher Majestät wieder erweckt und zu allgemei-
ner Anerkennung gebracht habe. Von dem Kaiser hatte er
eine so hohe Meinung, daß er glaubte, es müsse ihm ein-
leuchten, wenn man ihm vorstelle, daß in den evangelischen
Ländern die Lehre des Christenthums reiner gepredigt werde,
als seit tausend Jahren. Luther war von dem Begriffe des
Reiches nicht viel minder durchdrungen, als von dem der
Kirche -- ich sage nicht von der momentanen Erscheinung
desselben, sondern von seinem Inhalt und Wesen -- und
er fühlte eine ähnliche Pein, sich von demselben losreißen
zu sollen.

In der That sind hierauf Unterhandlungen zwischen
dem Churfürsten und König Ferdinand angeknüpft worden.
Bei Ferdinand gingen sie, wie er seinem Bruder mehr als
einmal schreibt, hauptsächlich von der Besorgniß aus, daß
etwa vor dessen Ankunft eine Bewegung der Protestanten
erfolge, was ihm sehr verderblich hätte werden können;
bei dem Churfürsten von der natürlichen Scheu, sich
von dem Oberhaupte des Reiches zu trennen, die Luther
noch besonders in ihm erweckt hatte. Dem Landgrafen
kam die Sache zuweilen bedenklich vor. Er fragte einst
sehr trotzig bei dem Churfürsten an, wessen er sich zu ihm
zu versehen habe, wenn er angegriffen werden sollte. 1

Aber allmählig mußte sich doch zeigen, wie wenig sich
von diesen Unterhandlungen erwarten ließ. Es war klar,

1 Rommel Urkundenbuch nr. 9.

Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
nach der andern Seite hin Wiedertaufe und Bilderſturm rit-
terlich bekämpft; hauptſächlich aber und ganz mit Recht rech-
nete er ſich als ein Verdienſt an, daß er den Begriff von Obrig-
keit und weltlicher Majeſtät wieder erweckt und zu allgemei-
ner Anerkennung gebracht habe. Von dem Kaiſer hatte er
eine ſo hohe Meinung, daß er glaubte, es müſſe ihm ein-
leuchten, wenn man ihm vorſtelle, daß in den evangeliſchen
Ländern die Lehre des Chriſtenthums reiner gepredigt werde,
als ſeit tauſend Jahren. Luther war von dem Begriffe des
Reiches nicht viel minder durchdrungen, als von dem der
Kirche — ich ſage nicht von der momentanen Erſcheinung
deſſelben, ſondern von ſeinem Inhalt und Weſen — und
er fühlte eine ähnliche Pein, ſich von demſelben losreißen
zu ſollen.

In der That ſind hierauf Unterhandlungen zwiſchen
dem Churfürſten und König Ferdinand angeknüpft worden.
Bei Ferdinand gingen ſie, wie er ſeinem Bruder mehr als
einmal ſchreibt, hauptſächlich von der Beſorgniß aus, daß
etwa vor deſſen Ankunft eine Bewegung der Proteſtanten
erfolge, was ihm ſehr verderblich hätte werden können;
bei dem Churfürſten von der natürlichen Scheu, ſich
von dem Oberhaupte des Reiches zu trennen, die Luther
noch beſonders in ihm erweckt hatte. Dem Landgrafen
kam die Sache zuweilen bedenklich vor. Er fragte einſt
ſehr trotzig bei dem Churfürſten an, weſſen er ſich zu ihm
zu verſehen habe, wenn er angegriffen werden ſollte. 1

Aber allmählig mußte ſich doch zeigen, wie wenig ſich
von dieſen Unterhandlungen erwarten ließ. Es war klar,

1 Rommel Urkundenbuch nr. 9.
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[180/0196] Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel. nach der andern Seite hin Wiedertaufe und Bilderſturm rit- terlich bekämpft; hauptſächlich aber und ganz mit Recht rech- nete er ſich als ein Verdienſt an, daß er den Begriff von Obrig- keit und weltlicher Majeſtät wieder erweckt und zu allgemei- ner Anerkennung gebracht habe. Von dem Kaiſer hatte er eine ſo hohe Meinung, daß er glaubte, es müſſe ihm ein- leuchten, wenn man ihm vorſtelle, daß in den evangeliſchen Ländern die Lehre des Chriſtenthums reiner gepredigt werde, als ſeit tauſend Jahren. Luther war von dem Begriffe des Reiches nicht viel minder durchdrungen, als von dem der Kirche — ich ſage nicht von der momentanen Erſcheinung deſſelben, ſondern von ſeinem Inhalt und Weſen — und er fühlte eine ähnliche Pein, ſich von demſelben losreißen zu ſollen. In der That ſind hierauf Unterhandlungen zwiſchen dem Churfürſten und König Ferdinand angeknüpft worden. Bei Ferdinand gingen ſie, wie er ſeinem Bruder mehr als einmal ſchreibt, hauptſächlich von der Beſorgniß aus, daß etwa vor deſſen Ankunft eine Bewegung der Proteſtanten erfolge, was ihm ſehr verderblich hätte werden können; bei dem Churfürſten von der natürlichen Scheu, ſich von dem Oberhaupte des Reiches zu trennen, die Luther noch beſonders in ihm erweckt hatte. Dem Landgrafen kam die Sache zuweilen bedenklich vor. Er fragte einſt ſehr trotzig bei dem Churfürſten an, weſſen er ſich zu ihm zu verſehen habe, wenn er angegriffen werden ſollte. 1 Aber allmählig mußte ſich doch zeigen, wie wenig ſich von dieſen Unterhandlungen erwarten ließ. Es war klar, 1 Rommel Urkundenbuch nr. 9.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/196>, abgerufen am 24.11.2024.