erst auf der nächsten Zusammenkunft eine Erklärung darüber beibringen.
Es ließ sich voraussehen, daß unter dirsen Bedingun- gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte.
Und gerade in einem Momente geschah dieß, in wel- chem die kaiserliche Gewalt sich immer feindseliger zeigte.
Der Kaiser hatte noch von Spanien aus seine Miß- billigung der Protestation ausgesprochen; die vereinigten Stände hatten sich hierauf entschlossen, eine Gesandtschaft nach Italien an ihn zu schicken, um ihre Schritte zu recht- fertigen; allein wie war das spanisch-katholische Weltele- ment, auf das die Gesandten in der Umgebung des Kai- sers stießen, ihren Absichten so ganz entgegengesetzt. Der Kaiser wiederholte nur seine früheren Erklärungen. Er wollte die Protestation nicht annehmen, und war sehr un- willig, als die Gesandten dieselbe dem Secretär, der mit ihnen unterhandelte, auf den Tisch legten. Den ganzen Hof entrüstete es, daß der eine der Gesandten, Michael Ka- den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro- testantischen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiser, der als das weltliche Oberhaupt der katholischen Christenheit daher zog, in die Hände brachte. Die Gesandten mußten dem Hofe eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art von Flucht konnten sie sich retten.
Es wäre jedoch ein Irrthum gewesen, wenn man ge- hofft hätte, daß so feindselige und drohende Begegnisse die Protestanten wieder vereinigen würden.
Auf eben der Versammlung, auf welcher über diesel-
Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
erſt auf der nächſten Zuſammenkunft eine Erklärung darüber beibringen.
Es ließ ſich vorausſehen, daß unter dirſen Bedingun- gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte.
Und gerade in einem Momente geſchah dieß, in wel- chem die kaiſerliche Gewalt ſich immer feindſeliger zeigte.
Der Kaiſer hatte noch von Spanien aus ſeine Miß- billigung der Proteſtation ausgeſprochen; die vereinigten Stände hatten ſich hierauf entſchloſſen, eine Geſandtſchaft nach Italien an ihn zu ſchicken, um ihre Schritte zu recht- fertigen; allein wie war das ſpaniſch-katholiſche Weltele- ment, auf das die Geſandten in der Umgebung des Kai- ſers ſtießen, ihren Abſichten ſo ganz entgegengeſetzt. Der Kaiſer wiederholte nur ſeine früheren Erklärungen. Er wollte die Proteſtation nicht annehmen, und war ſehr un- willig, als die Geſandten dieſelbe dem Secretär, der mit ihnen unterhandelte, auf den Tiſch legten. Den ganzen Hof entrüſtete es, daß der eine der Geſandten, Michael Ka- den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro- teſtantiſchen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiſer, der als das weltliche Oberhaupt der katholiſchen Chriſtenheit daher zog, in die Hände brachte. Die Geſandten mußten dem Hofe eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art von Flucht konnten ſie ſich retten.
Es wäre jedoch ein Irrthum geweſen, wenn man ge- hofft hätte, daß ſo feindſelige und drohende Begegniſſe die Proteſtanten wieder vereinigen würden.
Auf eben der Verſammlung, auf welcher über dieſel-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0194"n="178"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
erſt auf der nächſten Zuſammenkunft eine Erklärung darüber<lb/>
beibringen.</p><lb/><p>Es ließ ſich vorausſehen, daß unter dirſen Bedingun-<lb/>
gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte.</p><lb/><p>Und gerade in einem Momente geſchah dieß, in wel-<lb/>
chem die kaiſerliche Gewalt ſich immer feindſeliger zeigte.</p><lb/><p>Der Kaiſer hatte noch von Spanien aus ſeine Miß-<lb/>
billigung der Proteſtation ausgeſprochen; die vereinigten<lb/>
Stände hatten ſich hierauf entſchloſſen, eine Geſandtſchaft<lb/>
nach Italien an ihn zu ſchicken, um ihre Schritte zu recht-<lb/>
fertigen; allein wie war das ſpaniſch-katholiſche Weltele-<lb/>
ment, auf das die Geſandten in der Umgebung des Kai-<lb/>ſers ſtießen, ihren Abſichten ſo ganz entgegengeſetzt. Der<lb/>
Kaiſer wiederholte nur ſeine früheren Erklärungen. Er<lb/>
wollte die Proteſtation nicht annehmen, und war ſehr un-<lb/>
willig, als die Geſandten dieſelbe dem Secretär, der mit<lb/>
ihnen unterhandelte, auf den Tiſch legten. Den ganzen<lb/>
Hof entrüſtete es, daß der eine der Geſandten, Michael Ka-<lb/>
den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro-<lb/>
teſtantiſchen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiſer, der als das<lb/>
weltliche Oberhaupt der katholiſchen Chriſtenheit daher zog,<lb/>
in die Hände brachte. Die Geſandten mußten dem Hofe<lb/>
eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art<lb/>
von Flucht konnten ſie ſich retten.</p><lb/><p>Es wäre jedoch ein Irrthum geweſen, wenn man ge-<lb/>
hofft hätte, daß ſo feindſelige und drohende Begegniſſe die<lb/>
Proteſtanten wieder vereinigen würden.</p><lb/><p>Auf eben der Verſammlung, auf welcher über dieſel-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[178/0194]
Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
erſt auf der nächſten Zuſammenkunft eine Erklärung darüber
beibringen.
Es ließ ſich vorausſehen, daß unter dirſen Bedingun-
gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte.
Und gerade in einem Momente geſchah dieß, in wel-
chem die kaiſerliche Gewalt ſich immer feindſeliger zeigte.
Der Kaiſer hatte noch von Spanien aus ſeine Miß-
billigung der Proteſtation ausgeſprochen; die vereinigten
Stände hatten ſich hierauf entſchloſſen, eine Geſandtſchaft
nach Italien an ihn zu ſchicken, um ihre Schritte zu recht-
fertigen; allein wie war das ſpaniſch-katholiſche Weltele-
ment, auf das die Geſandten in der Umgebung des Kai-
ſers ſtießen, ihren Abſichten ſo ganz entgegengeſetzt. Der
Kaiſer wiederholte nur ſeine früheren Erklärungen. Er
wollte die Proteſtation nicht annehmen, und war ſehr un-
willig, als die Geſandten dieſelbe dem Secretär, der mit
ihnen unterhandelte, auf den Tiſch legten. Den ganzen
Hof entrüſtete es, daß der eine der Geſandten, Michael Ka-
den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro-
teſtantiſchen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiſer, der als das
weltliche Oberhaupt der katholiſchen Chriſtenheit daher zog,
in die Hände brachte. Die Geſandten mußten dem Hofe
eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art
von Flucht konnten ſie ſich retten.
Es wäre jedoch ein Irrthum geweſen, wenn man ge-
hofft hätte, daß ſo feindſelige und drohende Begegniſſe die
Proteſtanten wieder vereinigen würden.
Auf eben der Verſammlung, auf welcher über dieſel-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/194>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.