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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Gespräch zu Marburg.
die Schweizer gaben jene grobe Vorstellung auf, die sie
von der lutherischen Auffassung bisher gehegt hatten. Lu-
ther meint, die Heftigkeit der Streitschriften werde sich nun
legen. 1

Zunächst wurden alle die wichtigsten Glaubensartikel, in
denen man übereinstimmte, verzeichnet und von den Theo-
logen beider Parteien unterschrieben; die Abweichungen von
dem römischen Bekenntniß sowohl, wie von den wiedertäu-
ferischen Secten sind darin sorgfältig bemerkt; es war doch
auch dieß eine erwünschte Grundlage gemeinschaftlicher Fort-
entwickelung, und das Marburger Gespräch ist durch die
Feststellung derselben auf immer wichtig. Der funfzehnte
und letzte dieser Artikel betrifft das Abendmahl. Man
ist über die Art und Weise der Feier, und den Zweck der-
selben, selbst darin einstimmig, daß hier der wahre Leib und
das wahre Blut Christi geistlich genossen werde; nur über
die Eine Frage kann man sich nicht vereinigen, ob dieser wahre
Leib nun auch leiblich im Brode sey. Da trennt sich eine
freiere Auffassung der Schrift von dem in der Kirchengemein-
schaft geltend gewordenen Begriff des Mysteriums. Doch
will ein Theil gegen den andern christliche Liebe ausüben.

Nur so weit gab Luther nicht nach, daß er auch brü-
derliche Liebe gewährt, d. i., daß er anerkannt hätte, man
bilde nun eine einzige Gemeinschaft. 2 Dazu war ihm die

1 Melanchthon sagt in dem Anhang zum Chron. Urspergense:
Triduo duravit colloquium et durasset diutius spe uberioris tum
concordiae futurae, nisi horrendus ille morbus sudatorius -- --
vocatos dispersisset.
Das ist dann in Bullinger übergegangen. Es
zeigt wenigstens, welcher Eindruck bei Melanchthon geblieben war.
2 Luther an Gerbellius 4. Oct.: Denuntiatum est eis, nisi
et hoc articulo resipiscant, charitate quidem nostra posse eos uti

Geſpraͤch zu Marburg.
die Schweizer gaben jene grobe Vorſtellung auf, die ſie
von der lutheriſchen Auffaſſung bisher gehegt hatten. Lu-
ther meint, die Heftigkeit der Streitſchriften werde ſich nun
legen. 1

Zunächſt wurden alle die wichtigſten Glaubensartikel, in
denen man übereinſtimmte, verzeichnet und von den Theo-
logen beider Parteien unterſchrieben; die Abweichungen von
dem römiſchen Bekenntniß ſowohl, wie von den wiedertäu-
feriſchen Secten ſind darin ſorgfältig bemerkt; es war doch
auch dieß eine erwünſchte Grundlage gemeinſchaftlicher Fort-
entwickelung, und das Marburger Geſpräch iſt durch die
Feſtſtellung derſelben auf immer wichtig. Der funfzehnte
und letzte dieſer Artikel betrifft das Abendmahl. Man
iſt über die Art und Weiſe der Feier, und den Zweck der-
ſelben, ſelbſt darin einſtimmig, daß hier der wahre Leib und
das wahre Blut Chriſti geiſtlich genoſſen werde; nur über
die Eine Frage kann man ſich nicht vereinigen, ob dieſer wahre
Leib nun auch leiblich im Brode ſey. Da trennt ſich eine
freiere Auffaſſung der Schrift von dem in der Kirchengemein-
ſchaft geltend gewordenen Begriff des Myſteriums. Doch
will ein Theil gegen den andern chriſtliche Liebe ausüben.

Nur ſo weit gab Luther nicht nach, daß er auch brü-
derliche Liebe gewährt, d. i., daß er anerkannt hätte, man
bilde nun eine einzige Gemeinſchaft. 2 Dazu war ihm die

1 Melanchthon ſagt in dem Anhang zum Chron. Urſpergenſe:
Triduo duravit colloquium et durasset diutius spe uberioris tum
concordiae futurae, nisi horrendus ille morbus sudatorius — —
vocatos dispersisset.
Das iſt dann in Bullinger uͤbergegangen. Es
zeigt wenigſtens, welcher Eindruck bei Melanchthon geblieben war.
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et hoc articulo resipiscant, charitate quidem nostra posse eos uti
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[175/0191] Geſpraͤch zu Marburg. die Schweizer gaben jene grobe Vorſtellung auf, die ſie von der lutheriſchen Auffaſſung bisher gehegt hatten. Lu- ther meint, die Heftigkeit der Streitſchriften werde ſich nun legen. 1 Zunächſt wurden alle die wichtigſten Glaubensartikel, in denen man übereinſtimmte, verzeichnet und von den Theo- logen beider Parteien unterſchrieben; die Abweichungen von dem römiſchen Bekenntniß ſowohl, wie von den wiedertäu- feriſchen Secten ſind darin ſorgfältig bemerkt; es war doch auch dieß eine erwünſchte Grundlage gemeinſchaftlicher Fort- entwickelung, und das Marburger Geſpräch iſt durch die Feſtſtellung derſelben auf immer wichtig. Der funfzehnte und letzte dieſer Artikel betrifft das Abendmahl. Man iſt über die Art und Weiſe der Feier, und den Zweck der- ſelben, ſelbſt darin einſtimmig, daß hier der wahre Leib und das wahre Blut Chriſti geiſtlich genoſſen werde; nur über die Eine Frage kann man ſich nicht vereinigen, ob dieſer wahre Leib nun auch leiblich im Brode ſey. Da trennt ſich eine freiere Auffaſſung der Schrift von dem in der Kirchengemein- ſchaft geltend gewordenen Begriff des Myſteriums. Doch will ein Theil gegen den andern chriſtliche Liebe ausüben. Nur ſo weit gab Luther nicht nach, daß er auch brü- derliche Liebe gewährt, d. i., daß er anerkannt hätte, man bilde nun eine einzige Gemeinſchaft. 2 Dazu war ihm die 1 Melanchthon ſagt in dem Anhang zum Chron. Urſpergenſe: Triduo duravit colloquium et durasset diutius spe uberioris tum concordiae futurae, nisi horrendus ille morbus sudatorius — — vocatos dispersisset. Das iſt dann in Bullinger uͤbergegangen. Es zeigt wenigſtens, welcher Eindruck bei Melanchthon geblieben war. 2 Luther an Gerbellius 4. Oct.: Denuntiatum est eis, nisi et hoc articulo resipiscant, charitate quidem nostra posse eos uti

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/191>, abgerufen am 28.11.2024.