Auch säumte man nach dem Reichstag nicht, den beschlossenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es sind zwei Entwürfe dazu in unsern Händen, der eine von städtischer, der andere von fürstlicher Seite. Jener geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Gesandten der verschiedenen Stände gebildet werden müsse, der, seiner besondern Pflichten entledigt nur in Rücksicht auf das all- gemeine Beste Beschluß zu fassen habe; der angegriffene Theil solle immer den Feldhauptmann setzen. In diesem dagegen wird eine der Reichsverfassung entsprechende An- ordnung vorgeschlagen. Ein Fürst soll zum Hauptmann ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern zur Seite haben, drei von den Fürsten, einen von den Gra- fen, zwei von den Städten. Der städtische Entwurf sucht besonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re- ligiöser Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann dürfe dieß geschehn, "wenn man des Glaubens wegen ange- griffen, oder unter dem Scheine geistlicher Jurisdiction ver- hindert werden solle, die Kirchen zu visitiren." In dem fürstlichen, der von der Hand des Churprinzen ist, wird besonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen- wehr habe; des Kaisers wird darin noch nicht gedacht; die letzten Beschlüsse werden nur als Unternehmungen der Stände betrachtet, denen man auch diesseit in aller Hin- sicht ebenbürtig und gleich, denen sich entgegenzustellen man nicht allein berechtigt, sondern sogar verpflichtet sey. 1
Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden
1 Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A., und erstgestellte Notel des Verstendnuß, von den von Nürnberg über- geben, bei Müller.
11*
Entwurf eines proteſt. Buͤndniſſes.
Auch ſäumte man nach dem Reichstag nicht, den beſchloſſenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es ſind zwei Entwürfe dazu in unſern Händen, der eine von ſtädtiſcher, der andere von fürſtlicher Seite. Jener geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Geſandten der verſchiedenen Stände gebildet werden müſſe, der, ſeiner beſondern Pflichten entledigt nur in Rückſicht auf das all- gemeine Beſte Beſchluß zu faſſen habe; der angegriffene Theil ſolle immer den Feldhauptmann ſetzen. In dieſem dagegen wird eine der Reichsverfaſſung entſprechende An- ordnung vorgeſchlagen. Ein Fürſt ſoll zum Hauptmann ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern zur Seite haben, drei von den Fürſten, einen von den Gra- fen, zwei von den Städten. Der ſtädtiſche Entwurf ſucht beſonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re- ligiöſer Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann dürfe dieß geſchehn, „wenn man des Glaubens wegen ange- griffen, oder unter dem Scheine geiſtlicher Jurisdiction ver- hindert werden ſolle, die Kirchen zu viſitiren.“ In dem fürſtlichen, der von der Hand des Churprinzen iſt, wird beſonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen- wehr habe; des Kaiſers wird darin noch nicht gedacht; die letzten Beſchlüſſe werden nur als Unternehmungen der Stände betrachtet, denen man auch dieſſeit in aller Hin- ſicht ebenbürtig und gleich, denen ſich entgegenzuſtellen man nicht allein berechtigt, ſondern ſogar verpflichtet ſey. 1
Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden
1 Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A., und erſtgeſtellte Notel des Verſtendnuß, von den von Nuͤrnberg uͤber- geben, bei Muͤller.
11*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0179"n="163"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Entwurf eines proteſt. Buͤndniſſes</hi>.</fw><lb/><p>Auch ſäumte man nach dem Reichstag nicht, den<lb/>
beſchloſſenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es<lb/>ſind zwei Entwürfe dazu in unſern Händen, der eine<lb/>
von ſtädtiſcher, der andere von fürſtlicher Seite. Jener<lb/>
geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Geſandten<lb/>
der verſchiedenen Stände gebildet werden müſſe, der, ſeiner<lb/>
beſondern Pflichten entledigt nur in Rückſicht auf das all-<lb/>
gemeine Beſte Beſchluß zu faſſen habe; der angegriffene<lb/>
Theil ſolle immer den Feldhauptmann ſetzen. In dieſem<lb/>
dagegen wird eine der Reichsverfaſſung entſprechende An-<lb/>
ordnung vorgeſchlagen. Ein Fürſt ſoll zum Hauptmann<lb/>
ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern<lb/>
zur Seite haben, drei von den Fürſten, einen von den Gra-<lb/>
fen, zwei von den Städten. Der ſtädtiſche Entwurf ſucht<lb/>
beſonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re-<lb/>
ligiöſer Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann<lb/>
dürfe dieß geſchehn, „wenn man des Glaubens wegen ange-<lb/>
griffen, oder unter dem Scheine geiſtlicher Jurisdiction ver-<lb/>
hindert werden ſolle, die Kirchen zu viſitiren.“ In dem<lb/>
fürſtlichen, der von der Hand des Churprinzen iſt, wird<lb/>
beſonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen-<lb/>
wehr habe; des Kaiſers wird darin noch nicht gedacht;<lb/>
die letzten Beſchlüſſe werden nur als Unternehmungen der<lb/>
Stände betrachtet, denen man auch dieſſeit in aller Hin-<lb/>ſicht ebenbürtig und gleich, denen ſich entgegenzuſtellen man<lb/>
nicht allein berechtigt, ſondern ſogar verpflichtet ſey. <noteplace="foot"n="1">Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A.,<lb/>
und erſtgeſtellte Notel des Verſtendnuß, von den von Nuͤrnberg uͤber-<lb/>
geben, bei Muͤller.</note></p><lb/><p>Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden<lb/><fwplace="bottom"type="sig">11*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[163/0179]
Entwurf eines proteſt. Buͤndniſſes.
Auch ſäumte man nach dem Reichstag nicht, den
beſchloſſenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es
ſind zwei Entwürfe dazu in unſern Händen, der eine
von ſtädtiſcher, der andere von fürſtlicher Seite. Jener
geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Geſandten
der verſchiedenen Stände gebildet werden müſſe, der, ſeiner
beſondern Pflichten entledigt nur in Rückſicht auf das all-
gemeine Beſte Beſchluß zu faſſen habe; der angegriffene
Theil ſolle immer den Feldhauptmann ſetzen. In dieſem
dagegen wird eine der Reichsverfaſſung entſprechende An-
ordnung vorgeſchlagen. Ein Fürſt ſoll zum Hauptmann
ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern
zur Seite haben, drei von den Fürſten, einen von den Gra-
fen, zwei von den Städten. Der ſtädtiſche Entwurf ſucht
beſonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re-
ligiöſer Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann
dürfe dieß geſchehn, „wenn man des Glaubens wegen ange-
griffen, oder unter dem Scheine geiſtlicher Jurisdiction ver-
hindert werden ſolle, die Kirchen zu viſitiren.“ In dem
fürſtlichen, der von der Hand des Churprinzen iſt, wird
beſonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen-
wehr habe; des Kaiſers wird darin noch nicht gedacht;
die letzten Beſchlüſſe werden nur als Unternehmungen der
Stände betrachtet, denen man auch dieſſeit in aller Hin-
ſicht ebenbürtig und gleich, denen ſich entgegenzuſtellen man
nicht allein berechtigt, ſondern ſogar verpflichtet ſey. 1
Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden
1 Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A.,
und erſtgeſtellte Notel des Verſtendnuß, von den von Nuͤrnberg uͤber-
geben, bei Muͤller.
11*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/179>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.