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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Fünftes Capitel.
ner doch, das Verfahren zu dem man sich genöthigt sieht,
nicht falsch zu verstehen; das wird man um die Einen
freundlich verdienen, und gegen die Andern mit günstigem
Willen erkennen. Die Actenstücke dieses Jahrhunderts sind
gewiß weit entfernt, schön oder classisch genannt werden
zu können, aber sie sind den Umständen angemessen und
haben Charakter; wie die Menschen selbst, so alles was
sie thun.

Der König, dem diese Protestation mit einigen Zu-
sätzen des andern Tages übergeben ward, hielt es nicht
für gut sie anzunehmen; aber sie hatte doch den größten
Eindruck gemacht; daß ein Reichstag in so offenbarer Ent-
zweiung endige, schien wohl gar zu unmittelbarem Unfrie-
den führen zu können; noch am 20sten erschienen, im Auf-
trag der Mehrheit Heinrich von Braunschweig und Philipp
von Baden, um eine Vermittelung zu versuchen.

Und sehr merkwürdig sind die Punkte, über welche sie
sich hiebei mit den Evangelischen vereinigten.

Sie gaben zu, daß der Artikel über die Gerechtsame
der Geistlichkeit auf deren weltliche Verwandte und Unter-
thanen beschränkt werde.

Die Evangelischen dagegen willigten ein, daß bis auf
das Concilium keine weitere Neuerung vorgenommen, be-
sonders keine Secte zugelassen werde, die dem Sacramente
des wahren Fronleichnams und Blutes entgegen sey.

Die Verschiedenheiten der Messe sollten beide Theile
an einander dulden; Niemand sollte in dieser Hinsicht au-
ßerhalb seines weltlichen Gebietes etwas zu sagen haben. 1


1 "Also daß kein Churfürst noch andre Stände ußerthalb ih-

Fuͤnftes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ner doch, das Verfahren zu dem man ſich genöthigt ſieht,
nicht falſch zu verſtehen; das wird man um die Einen
freundlich verdienen, und gegen die Andern mit günſtigem
Willen erkennen. Die Actenſtücke dieſes Jahrhunderts ſind
gewiß weit entfernt, ſchön oder claſſiſch genannt werden
zu können, aber ſie ſind den Umſtänden angemeſſen und
haben Charakter; wie die Menſchen ſelbſt, ſo alles was
ſie thun.

Der König, dem dieſe Proteſtation mit einigen Zu-
ſätzen des andern Tages übergeben ward, hielt es nicht
für gut ſie anzunehmen; aber ſie hatte doch den größten
Eindruck gemacht; daß ein Reichstag in ſo offenbarer Ent-
zweiung endige, ſchien wohl gar zu unmittelbarem Unfrie-
den führen zu können; noch am 20ſten erſchienen, im Auf-
trag der Mehrheit Heinrich von Braunſchweig und Philipp
von Baden, um eine Vermittelung zu verſuchen.

Und ſehr merkwürdig ſind die Punkte, über welche ſie
ſich hiebei mit den Evangeliſchen vereinigten.

Sie gaben zu, daß der Artikel über die Gerechtſame
der Geiſtlichkeit auf deren weltliche Verwandte und Unter-
thanen beſchränkt werde.

Die Evangeliſchen dagegen willigten ein, daß bis auf
das Concilium keine weitere Neuerung vorgenommen, be-
ſonders keine Secte zugelaſſen werde, die dem Sacramente
des wahren Fronleichnams und Blutes entgegen ſey.

Die Verſchiedenheiten der Meſſe ſollten beide Theile
an einander dulden; Niemand ſollte in dieſer Hinſicht au-
ßerhalb ſeines weltlichen Gebietes etwas zu ſagen haben. 1


1 „Alſo daß kein Churfuͤrſt noch andre Staͤnde ußerthalb ih-
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[156/0172] Fuͤnftes Buch. Fuͤnftes Capitel. ner doch, das Verfahren zu dem man ſich genöthigt ſieht, nicht falſch zu verſtehen; das wird man um die Einen freundlich verdienen, und gegen die Andern mit günſtigem Willen erkennen. Die Actenſtücke dieſes Jahrhunderts ſind gewiß weit entfernt, ſchön oder claſſiſch genannt werden zu können, aber ſie ſind den Umſtänden angemeſſen und haben Charakter; wie die Menſchen ſelbſt, ſo alles was ſie thun. Der König, dem dieſe Proteſtation mit einigen Zu- ſätzen des andern Tages übergeben ward, hielt es nicht für gut ſie anzunehmen; aber ſie hatte doch den größten Eindruck gemacht; daß ein Reichstag in ſo offenbarer Ent- zweiung endige, ſchien wohl gar zu unmittelbarem Unfrie- den führen zu können; noch am 20ſten erſchienen, im Auf- trag der Mehrheit Heinrich von Braunſchweig und Philipp von Baden, um eine Vermittelung zu verſuchen. Und ſehr merkwürdig ſind die Punkte, über welche ſie ſich hiebei mit den Evangeliſchen vereinigten. Sie gaben zu, daß der Artikel über die Gerechtſame der Geiſtlichkeit auf deren weltliche Verwandte und Unter- thanen beſchränkt werde. Die Evangeliſchen dagegen willigten ein, daß bis auf das Concilium keine weitere Neuerung vorgenommen, be- ſonders keine Secte zugelaſſen werde, die dem Sacramente des wahren Fronleichnams und Blutes entgegen ſey. Die Verſchiedenheiten der Meſſe ſollten beide Theile an einander dulden; Niemand ſollte in dieſer Hinſicht au- ßerhalb ſeines weltlichen Gebietes etwas zu ſagen haben. 1 1 „Alſo daß kein Churfuͤrſt noch andre Staͤnde ußerthalb ih-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/172>, abgerufen am 26.11.2024.