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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Viertes Capitel.
dem gewohnten Sinne der lateinischen Christenheit; zu den
deutschen Reformationsideen hatte er keine Sympathie; sie
waren ihm vielmehr widerwärtig und wir werden sehen,
wie er sich entschloß sie zu beseitigen.

Dazu wirkte in ihm vor allem, daß er ja nicht allein
deutscher Kaiser war, sondern König von Spanien. Er
hatte die entscheidenden Jahre männlicher Jugend, in denen
der Mensch seine Lebensrichtung definitiv einschlägt, in Spa-
nien zugebracht und wesentliche Elemente der nationalen Ge-
sinnung in sich aufgenommen.

Wäre der Katholicismus allenthalben in seiner tiefern
Bedeutung erstorben gewesen, so hätte er dem Sturme die-
ses Jahrhunderts erliegen müssen.

Wie aber in einigen andern Theilen des romanischen
Europa, so hatte er vor allem in Spanien lebendige Wurzel.

In Spanien war der Staat des Mittelalters, in wel-
chem sich Königthum und Priesterthum durchdrangen, noch
in vollen kräftigen Trieben.

Jener Kampf mit dem Islam, der so wesentlich zur
Entwickelung dieser Staats- und Kirchenform beigetragen,
dauerte hier noch immer fort; man war noch fortwährend
beschäftigt, das Land zu christianisiren: man nahm sich keine
Gewaltsamkeit dabei übel. Im Jahre 1524 ließ sich Carl
von dem Eide entbinden, der ihn verpflichtete, die Mau-
risken der Krone Aragon zu schonen. 1 Noch besonders
feuerte ihn der Sieg von Pavia an; er braucht in dieser
Beziehung einmal den Ausdruck, weil Gott ihm seine Feinde
in die Hand gegeben, müsse er die Feinde Gottes bekeh-

1 Breve des Papstes vom 12. März 1524 bei Llorente I, 427.

Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel.
dem gewohnten Sinne der lateiniſchen Chriſtenheit; zu den
deutſchen Reformationsideen hatte er keine Sympathie; ſie
waren ihm vielmehr widerwärtig und wir werden ſehen,
wie er ſich entſchloß ſie zu beſeitigen.

Dazu wirkte in ihm vor allem, daß er ja nicht allein
deutſcher Kaiſer war, ſondern König von Spanien. Er
hatte die entſcheidenden Jahre männlicher Jugend, in denen
der Menſch ſeine Lebensrichtung definitiv einſchlägt, in Spa-
nien zugebracht und weſentliche Elemente der nationalen Ge-
ſinnung in ſich aufgenommen.

Wäre der Katholicismus allenthalben in ſeiner tiefern
Bedeutung erſtorben geweſen, ſo hätte er dem Sturme die-
ſes Jahrhunderts erliegen müſſen.

Wie aber in einigen andern Theilen des romaniſchen
Europa, ſo hatte er vor allem in Spanien lebendige Wurzel.

In Spanien war der Staat des Mittelalters, in wel-
chem ſich Königthum und Prieſterthum durchdrangen, noch
in vollen kräftigen Trieben.

Jener Kampf mit dem Islam, der ſo weſentlich zur
Entwickelung dieſer Staats- und Kirchenform beigetragen,
dauerte hier noch immer fort; man war noch fortwährend
beſchäftigt, das Land zu chriſtianiſiren: man nahm ſich keine
Gewaltſamkeit dabei übel. Im Jahre 1524 ließ ſich Carl
von dem Eide entbinden, der ihn verpflichtete, die Mau-
risken der Krone Aragon zu ſchonen. 1 Noch beſonders
feuerte ihn der Sieg von Pavia an; er braucht in dieſer
Beziehung einmal den Ausdruck, weil Gott ihm ſeine Feinde
in die Hand gegeben, müſſe er die Feinde Gottes bekeh-

1 Breve des Papſtes vom 12. Maͤrz 1524 bei Llorente I, 427.
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[108/0124] Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel. dem gewohnten Sinne der lateiniſchen Chriſtenheit; zu den deutſchen Reformationsideen hatte er keine Sympathie; ſie waren ihm vielmehr widerwärtig und wir werden ſehen, wie er ſich entſchloß ſie zu beſeitigen. Dazu wirkte in ihm vor allem, daß er ja nicht allein deutſcher Kaiſer war, ſondern König von Spanien. Er hatte die entſcheidenden Jahre männlicher Jugend, in denen der Menſch ſeine Lebensrichtung definitiv einſchlägt, in Spa- nien zugebracht und weſentliche Elemente der nationalen Ge- ſinnung in ſich aufgenommen. Wäre der Katholicismus allenthalben in ſeiner tiefern Bedeutung erſtorben geweſen, ſo hätte er dem Sturme die- ſes Jahrhunderts erliegen müſſen. Wie aber in einigen andern Theilen des romaniſchen Europa, ſo hatte er vor allem in Spanien lebendige Wurzel. In Spanien war der Staat des Mittelalters, in wel- chem ſich Königthum und Prieſterthum durchdrangen, noch in vollen kräftigen Trieben. Jener Kampf mit dem Islam, der ſo weſentlich zur Entwickelung dieſer Staats- und Kirchenform beigetragen, dauerte hier noch immer fort; man war noch fortwährend beſchäftigt, das Land zu chriſtianiſiren: man nahm ſich keine Gewaltſamkeit dabei übel. Im Jahre 1524 ließ ſich Carl von dem Eide entbinden, der ihn verpflichtete, die Mau- risken der Krone Aragon zu ſchonen. 1 Noch beſonders feuerte ihn der Sieg von Pavia an; er braucht in dieſer Beziehung einmal den Ausdruck, weil Gott ihm ſeine Feinde in die Hand gegeben, müſſe er die Feinde Gottes bekeh- 1 Breve des Papſtes vom 12. Maͤrz 1524 bei Llorente I, 427.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/124>, abgerufen am 24.11.2024.