Plan aufgestiegen, mit Hülfe des Papstes ihn den Kaiser sel- ber abzusetzen. Noch waren diese Pläne nicht ganz beseitigt.
Eben so wenig war das militärische Uebergewicht der einen oder der andern von den beiden großen Mächten, die schon so lange gegen einander unter den Waffen standen, entschieden. Von Jahr zu Jahr immer glücklicher hatte sich das Haus Oestreich erhoben, noch wollte sich aber Frank- reich mit nichten in den Verlust des vorwaltenden Ansehens finden, das es bisher besessen, oder seinen Besitz in Ita- lien aufgeben.
Zu diesen Kämpfen der Staatsinteressen kam nun aber, wenn auch für den Augenblick nicht so geräuschvoll, aber in sich selber doch noch bedeutender die religiöse Bewegung. Die Autorität der römischen Kirche, welche so viele Jahr- hunderte daher das Abendland beherrschte, fand jetzt einen Widerstand wie noch niemals. Schon öfter hatten sich ihr Feinde erhoben, aber niemals hatten dieselben eine zugleich so energische und so gut begründete Religiosität entwickelt; nie- mals waren ihre Bestrebungen mit dem allgemeinen Leben des Geistes, dem Gange der europäischen Cultur so ver- bündet gewesen; auch hatten sie noch nie so rasch und le- bendig in allen Nationen um sich gegriffen.
Da war nun aber auch überdieß noch geschehen, daß diese Reformationsideen in zwei verschiedenen einander zu- widerlaufenden Richtungen emporkamen. Die eine schloß sich so viel wie möglich an die entwickelte Lehre, den be- stehenden Staat an, die andere war von Anfang mit dem Gedanken einer Umbildung der Staatsverhältnisse verschmol- zen und setzte sich zum Ziel, die ursprünglichen Zustände
Lage der Welt.
Plan aufgeſtiegen, mit Hülfe des Papſtes ihn den Kaiſer ſel- ber abzuſetzen. Noch waren dieſe Pläne nicht ganz beſeitigt.
Eben ſo wenig war das militäriſche Uebergewicht der einen oder der andern von den beiden großen Mächten, die ſchon ſo lange gegen einander unter den Waffen ſtanden, entſchieden. Von Jahr zu Jahr immer glücklicher hatte ſich das Haus Oeſtreich erhoben, noch wollte ſich aber Frank- reich mit nichten in den Verluſt des vorwaltenden Anſehens finden, das es bisher beſeſſen, oder ſeinen Beſitz in Ita- lien aufgeben.
Zu dieſen Kämpfen der Staatsintereſſen kam nun aber, wenn auch für den Augenblick nicht ſo geräuſchvoll, aber in ſich ſelber doch noch bedeutender die religiöſe Bewegung. Die Autorität der römiſchen Kirche, welche ſo viele Jahr- hunderte daher das Abendland beherrſchte, fand jetzt einen Widerſtand wie noch niemals. Schon öfter hatten ſich ihr Feinde erhoben, aber niemals hatten dieſelben eine zugleich ſo energiſche und ſo gut begründete Religioſität entwickelt; nie- mals waren ihre Beſtrebungen mit dem allgemeinen Leben des Geiſtes, dem Gange der europäiſchen Cultur ſo ver- bündet geweſen; auch hatten ſie noch nie ſo raſch und le- bendig in allen Nationen um ſich gegriffen.
Da war nun aber auch überdieß noch geſchehen, daß dieſe Reformationsideen in zwei verſchiedenen einander zu- widerlaufenden Richtungen emporkamen. Die eine ſchloß ſich ſo viel wie möglich an die entwickelte Lehre, den be- ſtehenden Staat an, die andere war von Anfang mit dem Gedanken einer Umbildung der Staatsverhältniſſe verſchmol- zen und ſetzte ſich zum Ziel, die urſprünglichen Zuſtände
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Lage der Welt.
Plan aufgeſtiegen, mit Hülfe des Papſtes ihn den Kaiſer ſel-
ber abzuſetzen. Noch waren dieſe Pläne nicht ganz beſeitigt.
Eben ſo wenig war das militäriſche Uebergewicht der
einen oder der andern von den beiden großen Mächten, die
ſchon ſo lange gegen einander unter den Waffen ſtanden,
entſchieden. Von Jahr zu Jahr immer glücklicher hatte ſich
das Haus Oeſtreich erhoben, noch wollte ſich aber Frank-
reich mit nichten in den Verluſt des vorwaltenden Anſehens
finden, das es bisher beſeſſen, oder ſeinen Beſitz in Ita-
lien aufgeben.
Zu dieſen Kämpfen der Staatsintereſſen kam nun aber,
wenn auch für den Augenblick nicht ſo geräuſchvoll, aber
in ſich ſelber doch noch bedeutender die religiöſe Bewegung.
Die Autorität der römiſchen Kirche, welche ſo viele Jahr-
hunderte daher das Abendland beherrſchte, fand jetzt einen
Widerſtand wie noch niemals. Schon öfter hatten ſich ihr
Feinde erhoben, aber niemals hatten dieſelben eine zugleich ſo
energiſche und ſo gut begründete Religioſität entwickelt; nie-
mals waren ihre Beſtrebungen mit dem allgemeinen Leben
des Geiſtes, dem Gange der europäiſchen Cultur ſo ver-
bündet geweſen; auch hatten ſie noch nie ſo raſch und le-
bendig in allen Nationen um ſich gegriffen.
Da war nun aber auch überdieß noch geſchehen, daß
dieſe Reformationsideen in zwei verſchiedenen einander zu-
widerlaufenden Richtungen emporkamen. Die eine ſchloß
ſich ſo viel wie möglich an die entwickelte Lehre, den be-
ſtehenden Staat an, die andere war von Anfang mit dem
Gedanken einer Umbildung der Staatsverhältniſſe verſchmol-
zen und ſetzte ſich zum Ziel, die urſprünglichen Zuſtände
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/119>, abgerufen am 22.11.2024.
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