Sanction der Beschlüsse des großen Rathes. Dieser übe die kirchliche Gewalt aus, aber unter der Bedingung, daß er die Regel der heiligen Schrift nicht verletze, auch nicht im Minde- sten, denn das sey der Gemeinde von ihren Predigern verhei- ßen worden. Zwingli ging, wie gesagt, von dem Begriff der Gemeinde aus, realisirte ihn aber nicht vollständig; wie man wohl in neuern Zeiten, auf das Prinzip der Natio- nalsouveränetät sich stützend, es gleichwohl vermeiden hat, die Nation selbst thätig auftreten zu lassen.
Um der bestehenden äußeren Ordnung doch wenigstens Einen Vortheil abzugewinnen, forderten die Nichteinver- standenen hierauf, daß der Zehnte abgeschafft würde, der ja keineswegs von göttlichem Rechte sey. Zwingli bemerkte, der Zehnte sey entweder durch bürgerlichen Vertrag schon in die dritte Hand übergegangen, oder die Unterhaltung von Kirchen und Schulen sey darauf gegründet. 1 Er wollte die öffentliche Ordnung so wenig erschüttern lassen wie Luther. Er stützte sich nicht so gewaltig wie dieser auf den Begriff der Obrigkeit; aber auch er war entschlossen, die einmal gebildete politische Welt nicht gefährden zu lassen. Irgendwo mußte die Bewegung einhalten, wenn nicht alles in Frage gestellt werden sollte. Er war an diesem Punkt angekom- men, ließ sich keinen Schritt weiter bringen und hatte da- bei den allgemeinen Willen, von der in der Republik alles abhing, auf seiner Seite.
Da nun aber hiedurch alle weiter vordrängenden Be- strebungen zurückgehalten wurden, so machten die Mißver- gnügten Versuche, sich für sich selber zu constituiren. Die
1 Füßli's Beiträge I, 235.
Wiedertaͤufer.
Sanction der Beſchlüſſe des großen Rathes. Dieſer übe die kirchliche Gewalt aus, aber unter der Bedingung, daß er die Regel der heiligen Schrift nicht verletze, auch nicht im Minde- ſten, denn das ſey der Gemeinde von ihren Predigern verhei- ßen worden. Zwingli ging, wie geſagt, von dem Begriff der Gemeinde aus, realiſirte ihn aber nicht vollſtändig; wie man wohl in neuern Zeiten, auf das Prinzip der Natio- nalſouveränetät ſich ſtützend, es gleichwohl vermeiden hat, die Nation ſelbſt thätig auftreten zu laſſen.
Um der beſtehenden äußeren Ordnung doch wenigſtens Einen Vortheil abzugewinnen, forderten die Nichteinver- ſtandenen hierauf, daß der Zehnte abgeſchafft würde, der ja keineswegs von göttlichem Rechte ſey. Zwingli bemerkte, der Zehnte ſey entweder durch bürgerlichen Vertrag ſchon in die dritte Hand übergegangen, oder die Unterhaltung von Kirchen und Schulen ſey darauf gegründet. 1 Er wollte die öffentliche Ordnung ſo wenig erſchüttern laſſen wie Luther. Er ſtützte ſich nicht ſo gewaltig wie dieſer auf den Begriff der Obrigkeit; aber auch er war entſchloſſen, die einmal gebildete politiſche Welt nicht gefährden zu laſſen. Irgendwo mußte die Bewegung einhalten, wenn nicht alles in Frage geſtellt werden ſollte. Er war an dieſem Punkt angekom- men, ließ ſich keinen Schritt weiter bringen und hatte da- bei den allgemeinen Willen, von der in der Republik alles abhing, auf ſeiner Seite.
Da nun aber hiedurch alle weiter vordrängenden Be- ſtrebungen zurückgehalten wurden, ſo machten die Mißver- gnügten Verſuche, ſich für ſich ſelber zu conſtituiren. Die
1 Fuͤßli’s Beitraͤge I, 235.
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Wiedertaͤufer.
Sanction der Beſchlüſſe des großen Rathes. Dieſer übe die
kirchliche Gewalt aus, aber unter der Bedingung, daß er die
Regel der heiligen Schrift nicht verletze, auch nicht im Minde-
ſten, denn das ſey der Gemeinde von ihren Predigern verhei-
ßen worden. Zwingli ging, wie geſagt, von dem Begriff der
Gemeinde aus, realiſirte ihn aber nicht vollſtändig; wie
man wohl in neuern Zeiten, auf das Prinzip der Natio-
nalſouveränetät ſich ſtützend, es gleichwohl vermeiden hat,
die Nation ſelbſt thätig auftreten zu laſſen.
Um der beſtehenden äußeren Ordnung doch wenigſtens
Einen Vortheil abzugewinnen, forderten die Nichteinver-
ſtandenen hierauf, daß der Zehnte abgeſchafft würde, der
ja keineswegs von göttlichem Rechte ſey. Zwingli bemerkte,
der Zehnte ſey entweder durch bürgerlichen Vertrag ſchon
in die dritte Hand übergegangen, oder die Unterhaltung von
Kirchen und Schulen ſey darauf gegründet. 1 Er wollte die
öffentliche Ordnung ſo wenig erſchüttern laſſen wie Luther.
Er ſtützte ſich nicht ſo gewaltig wie dieſer auf den Begriff
der Obrigkeit; aber auch er war entſchloſſen, die einmal
gebildete politiſche Welt nicht gefährden zu laſſen. Irgendwo
mußte die Bewegung einhalten, wenn nicht alles in Frage
geſtellt werden ſollte. Er war an dieſem Punkt angekom-
men, ließ ſich keinen Schritt weiter bringen und hatte da-
bei den allgemeinen Willen, von der in der Republik alles
abhing, auf ſeiner Seite.
Da nun aber hiedurch alle weiter vordrängenden Be-
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gnügten Verſuche, ſich für ſich ſelber zu conſtituiren. Die
1 Fuͤßli’s Beitraͤge I, 235.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/107>, abgerufen am 24.11.2024.
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