tigeren Fürsten von Europa in jedem Moment so ge- nau wie möglich zu kennen.
Um nun dem Mangel, den ich empfand, abzu- helfen, besuchte ich im Herbst 1839 Brüssel. Hier in einem Hauptsitz der burgundischen Macht durfte ich hoffen, Denkmale nicht allein seiner provinciellen, sondern auch seiner allgemeinen Staatsverwaltung zu finden.
Glücklicherweise hatte mir ein durch germanischen Eifer ausgezeichneter Beamter des dortigen Archivs auf das trefflichste vorgearbeitet. Eine Reihe ver- gessener Papiere aus dem sechszehnten Jahrhundert war vor kurzem aufgefunden, in Ordnung gebracht, und unter dem Titel: Documens relatifs a l'hi- stoire de la reforme religieuse in 25 prächtigen Bänden aufgestellt worden. Da fanden sich nun Correspondenzen zwischen Carl V und seinem Bru- der, zwischen den beiden Brüdern und ihrer Schwe- ster Maria, Regentin der Niederlande, die auf alle europäischen Angelegenheiten Bezug nahmen; An- weisungen an ihre Bevollmächtigten in Deutschland, Dänemark, der Schweiz, der Türkei und deren Be- richte; Aufsätze, zuweilen von Granvella in der Mitte der Geschäfte entworfen; eine Fülle von mehr oder minder wichtigen Literalien über die Beziehun- gen der niederländischen Regierung, wie zu ihren übrigen Nachbarn, so denn auch zu deutschen Für-
Vorrede.
tigeren Fürſten von Europa in jedem Moment ſo ge- nau wie möglich zu kennen.
Um nun dem Mangel, den ich empfand, abzu- helfen, beſuchte ich im Herbſt 1839 Brüſſel. Hier in einem Hauptſitz der burgundiſchen Macht durfte ich hoffen, Denkmale nicht allein ſeiner provinciellen, ſondern auch ſeiner allgemeinen Staatsverwaltung zu finden.
Glücklicherweiſe hatte mir ein durch germaniſchen Eifer ausgezeichneter Beamter des dortigen Archivs auf das trefflichſte vorgearbeitet. Eine Reihe ver- geſſener Papiere aus dem ſechszehnten Jahrhundert war vor kurzem aufgefunden, in Ordnung gebracht, und unter dem Titel: Documens relatifs à l’hi- stoire de la réforme religieuse in 25 prächtigen Bänden aufgeſtellt worden. Da fanden ſich nun Correſpondenzen zwiſchen Carl V und ſeinem Bru- der, zwiſchen den beiden Brüdern und ihrer Schwe- ſter Maria, Regentin der Niederlande, die auf alle europäiſchen Angelegenheiten Bezug nahmen; An- weiſungen an ihre Bevollmächtigten in Deutſchland, Dänemark, der Schweiz, der Türkei und deren Be- richte; Aufſätze, zuweilen von Granvella in der Mitte der Geſchäfte entworfen; eine Fülle von mehr oder minder wichtigen Literalien über die Beziehun- gen der niederländiſchen Regierung, wie zu ihren übrigen Nachbarn, ſo denn auch zu deutſchen Für-
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[IV/0010]
Vorrede.
tigeren Fürſten von Europa in jedem Moment ſo ge-
nau wie möglich zu kennen.
Um nun dem Mangel, den ich empfand, abzu-
helfen, beſuchte ich im Herbſt 1839 Brüſſel. Hier
in einem Hauptſitz der burgundiſchen Macht durfte
ich hoffen, Denkmale nicht allein ſeiner provinciellen,
ſondern auch ſeiner allgemeinen Staatsverwaltung
zu finden.
Glücklicherweiſe hatte mir ein durch germaniſchen
Eifer ausgezeichneter Beamter des dortigen Archivs
auf das trefflichſte vorgearbeitet. Eine Reihe ver-
geſſener Papiere aus dem ſechszehnten Jahrhundert
war vor kurzem aufgefunden, in Ordnung gebracht,
und unter dem Titel: Documens relatifs à l’hi-
stoire de la réforme religieuse in 25 prächtigen
Bänden aufgeſtellt worden. Da fanden ſich nun
Correſpondenzen zwiſchen Carl V und ſeinem Bru-
der, zwiſchen den beiden Brüdern und ihrer Schwe-
ſter Maria, Regentin der Niederlande, die auf alle
europäiſchen Angelegenheiten Bezug nahmen; An-
weiſungen an ihre Bevollmächtigten in Deutſchland,
Dänemark, der Schweiz, der Türkei und deren Be-
richte; Aufſätze, zuweilen von Granvella in der Mitte
der Geſchäfte entworfen; eine Fülle von mehr oder
minder wichtigen Literalien über die Beziehun-
gen der niederländiſchen Regierung, wie zu ihren
übrigen Nachbarn, ſo denn auch zu deutſchen Für-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/10>, abgerufen am 18.12.2024.
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