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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Ausbreitung der Lehre.
reits vollendet hatte, ward doch von dieser Bewegung noch ein-
mal gewaltig angeregt. Das vielleicht vollkommenste von
allen seinen Werken, die beiden Evangelisten Johannes
und Marcus, und beiden Apostel, Petrus und Paulus,
entstand unter dem Einfluß dieser Jahre: wir haben Stu-
dien dazu, die mit der Jahrzahl 1523 bezeichnet sind;
sie spiegeln den Begriff ab, den man aus der nunmehr
einer frischen Auffassung zugänglich gewordenen Schrift
von dem Tiefsinn, der Hingebung und der Kraft dieser äl-
testen Zeugen der Kirche faßte; Lebendigkeit und Großheit
der Auffassung durchdringen sich darin. 1

Die gesammte Entwickelung des deutschen Geistes
stand mit den neuen Ideen im Bunde; wie in den po-
pulären, so gieng es in den gelehrten Zweigen der geistigen
Thätigkeit.

Wittenberg war keineswegs die einzige Universität wo
sich der Gang der Studien veränderte. Auch in Freiburg,
wo man von Luther nichts wissen wollte, hörte man doch auf,
die aristotelischen Schriften nach der bisherigen Gewohnheit
zu studiren, einzuüben; mit Petrus Hispanus, sagt Ulrich
Zasius, ist es aus: die Bücher der Sentenzen schweigen:
von unsern Theologen liest der eine Matthäus, der andre
Paulus: auch die ersten Anfänger, die neuesten Ankömm-
linge laufen in diese Vorlesungen. 2 Ja Zasius selbst, ei-
ner der ausgezeichnetsten deutschen Juristen jener Zeit, giebt

1 Wie Pirkheimer und Dürer über die Abendmahlsfrage strit-
ten in Gegenwart Melanchthons: Erzählung Peucers bei Strobel:
Nachricht von Melanchthons Aufenthalt in Nürnberg p. 27.
2 Zasii Epistolae I, 63.

Ausbreitung der Lehre.
reits vollendet hatte, ward doch von dieſer Bewegung noch ein-
mal gewaltig angeregt. Das vielleicht vollkommenſte von
allen ſeinen Werken, die beiden Evangeliſten Johannes
und Marcus, und beiden Apoſtel, Petrus und Paulus,
entſtand unter dem Einfluß dieſer Jahre: wir haben Stu-
dien dazu, die mit der Jahrzahl 1523 bezeichnet ſind;
ſie ſpiegeln den Begriff ab, den man aus der nunmehr
einer friſchen Auffaſſung zugänglich gewordenen Schrift
von dem Tiefſinn, der Hingebung und der Kraft dieſer äl-
teſten Zeugen der Kirche faßte; Lebendigkeit und Großheit
der Auffaſſung durchdringen ſich darin. 1

Die geſammte Entwickelung des deutſchen Geiſtes
ſtand mit den neuen Ideen im Bunde; wie in den po-
pulären, ſo gieng es in den gelehrten Zweigen der geiſtigen
Thätigkeit.

Wittenberg war keineswegs die einzige Univerſität wo
ſich der Gang der Studien veränderte. Auch in Freiburg,
wo man von Luther nichts wiſſen wollte, hörte man doch auf,
die ariſtoteliſchen Schriften nach der bisherigen Gewohnheit
zu ſtudiren, einzuüben; mit Petrus Hispanus, ſagt Ulrich
Zaſius, iſt es aus: die Bücher der Sentenzen ſchweigen:
von unſern Theologen lieſt der eine Matthäus, der andre
Paulus: auch die erſten Anfänger, die neueſten Ankömm-
linge laufen in dieſe Vorleſungen. 2 Ja Zaſius ſelbſt, ei-
ner der ausgezeichnetſten deutſchen Juriſten jener Zeit, giebt

1 Wie Pirkheimer und Duͤrer uͤber die Abendmahlsfrage ſtrit-
ten in Gegenwart Melanchthons: Erzaͤhlung Peucers bei Strobel:
Nachricht von Melanchthons Aufenthalt in Nuͤrnberg p. 27.
2 Zasii Epistolae I, 63.
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[85/0095] Ausbreitung der Lehre. reits vollendet hatte, ward doch von dieſer Bewegung noch ein- mal gewaltig angeregt. Das vielleicht vollkommenſte von allen ſeinen Werken, die beiden Evangeliſten Johannes und Marcus, und beiden Apoſtel, Petrus und Paulus, entſtand unter dem Einfluß dieſer Jahre: wir haben Stu- dien dazu, die mit der Jahrzahl 1523 bezeichnet ſind; ſie ſpiegeln den Begriff ab, den man aus der nunmehr einer friſchen Auffaſſung zugänglich gewordenen Schrift von dem Tiefſinn, der Hingebung und der Kraft dieſer äl- teſten Zeugen der Kirche faßte; Lebendigkeit und Großheit der Auffaſſung durchdringen ſich darin. 1 Die geſammte Entwickelung des deutſchen Geiſtes ſtand mit den neuen Ideen im Bunde; wie in den po- pulären, ſo gieng es in den gelehrten Zweigen der geiſtigen Thätigkeit. Wittenberg war keineswegs die einzige Univerſität wo ſich der Gang der Studien veränderte. Auch in Freiburg, wo man von Luther nichts wiſſen wollte, hörte man doch auf, die ariſtoteliſchen Schriften nach der bisherigen Gewohnheit zu ſtudiren, einzuüben; mit Petrus Hispanus, ſagt Ulrich Zaſius, iſt es aus: die Bücher der Sentenzen ſchweigen: von unſern Theologen lieſt der eine Matthäus, der andre Paulus: auch die erſten Anfänger, die neueſten Ankömm- linge laufen in dieſe Vorleſungen. 2 Ja Zaſius ſelbſt, ei- ner der ausgezeichnetſten deutſchen Juriſten jener Zeit, giebt 1 Wie Pirkheimer und Duͤrer uͤber die Abendmahlsfrage ſtrit- ten in Gegenwart Melanchthons: Erzaͤhlung Peucers bei Strobel: Nachricht von Melanchthons Aufenthalt in Nuͤrnberg p. 27. 2 Zasii Epistolae I, 63.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/95>, abgerufen am 25.11.2024.