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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Ausbreitung der Lehre.
für Luther Partei genommen, gehörte wenigstens eine Zeit-
lang 1 Urbanus Regius, einer der vertrautesten ergebensten
Schüler Johann Ecks, der sich aber jetzt von demselben
losmachte, 2 und anfangs in dem obern, dann besonders
in dem niedern Deutschland die großartigste Wirksamkeit
entwickelt hat. Später stand ihm hier Johann Bugenhagen
zur Seite, der damals lange Zeit in dem Prämonstra-
tenser Kloster zu Belbuck in Pommern eben auch auf
ganz andern Wegen gegangen war. Bugenhagen war
zwar, wie die pommersche Geschichte zeigt, welche er be-
reits 1518 verfaßte, von der Nothwendigkeit einer Um-
wandlung des geistlichen Standes überzeugt, und befehdete
die Mißbräuche nach Kräften; 3 allein auch von Luther
wollte er nichts wissen: als ihm dessen Buch von der ba-
bylonischen Gefangenschaft zu Gesicht kam -- einst bei Tisch
-- rief er aus, einen verderblicheren Ketzer habe es seit dem
Leiden Christi nicht gegeben. Aber eben dieß Buch machte
ihn andern Sinnes. Er nahm es mit nach Hause, las
es, studirte es, und überzeugte sich, daß die ganze Welt
irre und Luther allein die Wahrheit sehe. Diese Meinung
theilte er seinen Collegen an der Klosterschule der er vor-
stand, seinem Abte, allen seinen Freunden mit. 4 -- So

1 Braun Geschichte der Bischöfe von Augsburg III, 239.
Auch in Welser's Augsburger Chronik heißt er ein Carmelit.
2 Ein paar Briefe die sie wechselten bei Adami p. 35. Eck
zeigt sich heftig und bitter: Regius (König) setzt die gewohnte Ehr-
erbietung gegen den Lehrer bei aller Festigkeit seiner Opposition doch
nicht aus den Augen.
3 J. H. Balthasar Praefatio in Bugenhagii Pomeraniam p. 5.
4 Chytraei Saxonia p. 287. Lange: Leben Bugenhagens 1731
enthält nichts besonderes.

Ausbreitung der Lehre.
für Luther Partei genommen, gehörte wenigſtens eine Zeit-
lang 1 Urbanus Regius, einer der vertrauteſten ergebenſten
Schüler Johann Ecks, der ſich aber jetzt von demſelben
losmachte, 2 und anfangs in dem obern, dann beſonders
in dem niedern Deutſchland die großartigſte Wirkſamkeit
entwickelt hat. Später ſtand ihm hier Johann Bugenhagen
zur Seite, der damals lange Zeit in dem Prämonſtra-
tenſer Kloſter zu Belbuck in Pommern eben auch auf
ganz andern Wegen gegangen war. Bugenhagen war
zwar, wie die pommerſche Geſchichte zeigt, welche er be-
reits 1518 verfaßte, von der Nothwendigkeit einer Um-
wandlung des geiſtlichen Standes überzeugt, und befehdete
die Mißbräuche nach Kräften; 3 allein auch von Luther
wollte er nichts wiſſen: als ihm deſſen Buch von der ba-
byloniſchen Gefangenſchaft zu Geſicht kam — einſt bei Tiſch
— rief er aus, einen verderblicheren Ketzer habe es ſeit dem
Leiden Chriſti nicht gegeben. Aber eben dieß Buch machte
ihn andern Sinnes. Er nahm es mit nach Hauſe, las
es, ſtudirte es, und überzeugte ſich, daß die ganze Welt
irre und Luther allein die Wahrheit ſehe. Dieſe Meinung
theilte er ſeinen Collegen an der Kloſterſchule der er vor-
ſtand, ſeinem Abte, allen ſeinen Freunden mit. 4 — So

1 Braun Geſchichte der Biſchoͤfe von Augsburg III, 239.
Auch in Welſer’s Augsburger Chronik heißt er ein Carmelit.
2 Ein paar Briefe die ſie wechſelten bei Adami p. 35. Eck
zeigt ſich heftig und bitter: Regius (Koͤnig) ſetzt die gewohnte Ehr-
erbietung gegen den Lehrer bei aller Feſtigkeit ſeiner Oppoſition doch
nicht aus den Augen.
3 J. H. Balthasar Praefatio in Bugenhagii Pomeraniam p. 5.
4 Chytraei Saxonia p. 287. Lange: Leben Bugenhagens 1731
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[69/0079] Ausbreitung der Lehre. für Luther Partei genommen, gehörte wenigſtens eine Zeit- lang 1 Urbanus Regius, einer der vertrauteſten ergebenſten Schüler Johann Ecks, der ſich aber jetzt von demſelben losmachte, 2 und anfangs in dem obern, dann beſonders in dem niedern Deutſchland die großartigſte Wirkſamkeit entwickelt hat. Später ſtand ihm hier Johann Bugenhagen zur Seite, der damals lange Zeit in dem Prämonſtra- tenſer Kloſter zu Belbuck in Pommern eben auch auf ganz andern Wegen gegangen war. Bugenhagen war zwar, wie die pommerſche Geſchichte zeigt, welche er be- reits 1518 verfaßte, von der Nothwendigkeit einer Um- wandlung des geiſtlichen Standes überzeugt, und befehdete die Mißbräuche nach Kräften; 3 allein auch von Luther wollte er nichts wiſſen: als ihm deſſen Buch von der ba- byloniſchen Gefangenſchaft zu Geſicht kam — einſt bei Tiſch — rief er aus, einen verderblicheren Ketzer habe es ſeit dem Leiden Chriſti nicht gegeben. Aber eben dieß Buch machte ihn andern Sinnes. Er nahm es mit nach Hauſe, las es, ſtudirte es, und überzeugte ſich, daß die ganze Welt irre und Luther allein die Wahrheit ſehe. Dieſe Meinung theilte er ſeinen Collegen an der Kloſterſchule der er vor- ſtand, ſeinem Abte, allen ſeinen Freunden mit. 4 — So 1 Braun Geſchichte der Biſchoͤfe von Augsburg III, 239. Auch in Welſer’s Augsburger Chronik heißt er ein Carmelit. 2 Ein paar Briefe die ſie wechſelten bei Adami p. 35. Eck zeigt ſich heftig und bitter: Regius (Koͤnig) ſetzt die gewohnte Ehr- erbietung gegen den Lehrer bei aller Feſtigkeit ſeiner Oppoſition doch nicht aus den Augen. 3 J. H. Balthasar Praefatio in Bugenhagii Pomeraniam p. 5. 4 Chytraei Saxonia p. 287. Lange: Leben Bugenhagens 1731 enthaͤlt nichts beſonderes.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/79>, abgerufen am 22.11.2024.