Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Debatten in den Ständen. sen ihre hergebrachten Rechte zu vertheidigen. In der da-maligen Versammlung war es schon ein paar Mal zu Aus- brüchen dieser Feindseligkeit gekommen. Eine Eingabe der Städte voll der heftigsten Invectiven war verlesen wor- den: das Oberhaupt der deutschen Geistlichkeit, der Chur- fürst von Mainz hatte sein Mißfallen darüber sehr lebhaft zu erkennen gegeben: er meinte, man wolle die Geistlichen wie Verbrecher behandeln, man wolle unmittelbar Hand an sie legen. Aber auch die übrigens katholisch-eifrigsten weltlichen Fürsten forderten Reformen. Hatte ein Fürst ja keinen Auftrag dazu gegeben, so neigten seine Räthe von selber dahin. Die Beschwerden der Nation wurden aufs neue zusammengestellt, zwar dieß Mal ohne Theil- nahme der Geistlichen, aber übrigens vermehrt und ge- schärft, großentheils gegen die Geistlichen selber gerichtet. In den tausendfältigen Unordnungen, die sie aufzählen, drückt sich das Bedürfniß einer Scheidung beider Gebiete und Jurisdictionen aus, welches nie dringender gewesen war. Diese Gegensätze nun weiter zu entwickeln, mit ein- In der That gelang es den Geistlichen, einige Modi- Zunächst wurden die aus dem päpstlichen Breve wie- Debatten in den Staͤnden. ſen ihre hergebrachten Rechte zu vertheidigen. In der da-maligen Verſammlung war es ſchon ein paar Mal zu Aus- brüchen dieſer Feindſeligkeit gekommen. Eine Eingabe der Städte voll der heftigſten Invectiven war verleſen wor- den: das Oberhaupt der deutſchen Geiſtlichkeit, der Chur- fürſt von Mainz hatte ſein Mißfallen darüber ſehr lebhaft zu erkennen gegeben: er meinte, man wolle die Geiſtlichen wie Verbrecher behandeln, man wolle unmittelbar Hand an ſie legen. Aber auch die übrigens katholiſch-eifrigſten weltlichen Fürſten forderten Reformen. Hatte ein Fürſt ja keinen Auftrag dazu gegeben, ſo neigten ſeine Räthe von ſelber dahin. Die Beſchwerden der Nation wurden aufs neue zuſammengeſtellt, zwar dieß Mal ohne Theil- nahme der Geiſtlichen, aber übrigens vermehrt und ge- ſchärft, großentheils gegen die Geiſtlichen ſelber gerichtet. In den tauſendfältigen Unordnungen, die ſie aufzählen, drückt ſich das Bedürfniß einer Scheidung beider Gebiete und Jurisdictionen aus, welches nie dringender geweſen war. Dieſe Gegenſätze nun weiter zu entwickeln, mit ein- In der That gelang es den Geiſtlichen, einige Modi- Zunächſt wurden die aus dem päpſtlichen Breve wie- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0069" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Debatten in den Staͤnden</hi>.</fw><lb/> ſen ihre hergebrachten Rechte zu vertheidigen. In der da-<lb/> maligen Verſammlung war es ſchon ein paar Mal zu Aus-<lb/> brüchen dieſer Feindſeligkeit gekommen. Eine Eingabe der<lb/> Städte voll der heftigſten Invectiven war verleſen wor-<lb/> den: das Oberhaupt der deutſchen Geiſtlichkeit, der Chur-<lb/> fürſt von Mainz hatte ſein Mißfallen darüber ſehr lebhaft<lb/> zu erkennen gegeben: er meinte, man wolle die Geiſtlichen<lb/> wie Verbrecher behandeln, man wolle unmittelbar Hand<lb/> an ſie legen. Aber auch die übrigens katholiſch-eifrigſten<lb/> weltlichen Fürſten forderten Reformen. Hatte ein Fürſt<lb/> ja keinen Auftrag dazu gegeben, ſo neigten ſeine Räthe<lb/> von ſelber dahin. Die Beſchwerden der Nation wurden<lb/> aufs neue zuſammengeſtellt, zwar dieß Mal ohne Theil-<lb/> nahme der Geiſtlichen, aber übrigens vermehrt und ge-<lb/> ſchärft, großentheils gegen die Geiſtlichen ſelber gerichtet.<lb/> In den tauſendfältigen Unordnungen, die ſie aufzählen,<lb/> drückt ſich das Bedürfniß einer Scheidung beider Gebiete<lb/> und Jurisdictionen aus, welches nie dringender geweſen war.</p><lb/> <p>Dieſe Gegenſätze nun weiter zu entwickeln, mit ein-<lb/> ander in Kampf zu bringen war nichts geeigneter, als das<lb/> Gutachten, das jetzt von dem Ausſchuß des Regimentes<lb/> an die Stände gebracht ward.</p><lb/> <p>In der That gelang es den Geiſtlichen, einige Modi-<lb/> ficationen in demſelben durchzuſetzen.</p><lb/> <p>Zunächſt wurden die aus dem päpſtlichen Breve wie-<lb/> derholten Geſtändniſſe nur in ſo fern geduldet als ſie den<lb/> Papſt angiengen: die Worte die ſich auf Prieſter und<lb/> Prälaten bezogen, mußten weggelaſſen werden. Ferner wur-<lb/> den der Anſprüche der Weltlichen auf Sitz und Stimme<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0069]
Debatten in den Staͤnden.
ſen ihre hergebrachten Rechte zu vertheidigen. In der da-
maligen Verſammlung war es ſchon ein paar Mal zu Aus-
brüchen dieſer Feindſeligkeit gekommen. Eine Eingabe der
Städte voll der heftigſten Invectiven war verleſen wor-
den: das Oberhaupt der deutſchen Geiſtlichkeit, der Chur-
fürſt von Mainz hatte ſein Mißfallen darüber ſehr lebhaft
zu erkennen gegeben: er meinte, man wolle die Geiſtlichen
wie Verbrecher behandeln, man wolle unmittelbar Hand
an ſie legen. Aber auch die übrigens katholiſch-eifrigſten
weltlichen Fürſten forderten Reformen. Hatte ein Fürſt
ja keinen Auftrag dazu gegeben, ſo neigten ſeine Räthe
von ſelber dahin. Die Beſchwerden der Nation wurden
aufs neue zuſammengeſtellt, zwar dieß Mal ohne Theil-
nahme der Geiſtlichen, aber übrigens vermehrt und ge-
ſchärft, großentheils gegen die Geiſtlichen ſelber gerichtet.
In den tauſendfältigen Unordnungen, die ſie aufzählen,
drückt ſich das Bedürfniß einer Scheidung beider Gebiete
und Jurisdictionen aus, welches nie dringender geweſen war.
Dieſe Gegenſätze nun weiter zu entwickeln, mit ein-
ander in Kampf zu bringen war nichts geeigneter, als das
Gutachten, das jetzt von dem Ausſchuß des Regimentes
an die Stände gebracht ward.
In der That gelang es den Geiſtlichen, einige Modi-
ficationen in demſelben durchzuſetzen.
Zunächſt wurden die aus dem päpſtlichen Breve wie-
derholten Geſtändniſſe nur in ſo fern geduldet als ſie den
Papſt angiengen: die Worte die ſich auf Prieſter und
Prälaten bezogen, mußten weggelaſſen werden. Ferner wur-
den der Anſprüche der Weltlichen auf Sitz und Stimme
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