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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Reichsregiment, 1522.
cherlei alte Hader den er gegen seine Vettern von der
ernestinischen Linie hegte, und ein persönliches Mißfallen
das ihm die Verwegenheit des rücksichtslosen Mönches er-
weckte, zu einem lebhaften und heftigen Widerwillen zu-
sammenwirkte. Die Wittenberger Unruhen kamen ihm eben
gelegen, um seinen Klagen Nachdruck zu verschaffen. Er
brachte wirklich ein Edict aus, durch welches das Regi-
ment die benachbarten Bischöfe Naumburg, Meißen und
Merseburg aufforderte, die Neuerungen nicht einreißen zu
lassen, die bisher üblichen kirchlichen Gebräuche aufrecht zu
erhalten. 1

Schon in jenem Vierteljahr aber, so wie die Nach-
richt von der Beilegung dieser Bewegung anlangte, änderte
sich die Stimmung. Es war natürlich von der Rückkehr
Luthers nach Wittenberg die Rede, durch welche einer
kaiserlichen Achtserklärung so gradezu Trotz geboten wurde,
und Herzog Georg hatte wohl den Gedanken, die Inter-
vention des Kaisers unmittelbar anzurufen; aber er ver-
letzte damit nur das Selbstgefühl des Regimentes. Der
Gesandte Churfürst Friedrichs Hans von der Planitz wollte
es nicht tadeln lassen, daß sein Herr Luthern in Witten-

Land schyr gar ketzerisch: wollten alle die behemische Weis an sich
nemen, und sub utraque communiciren: er gedächt es aber mit
Gewalt zu weren
. (Schreiben vom 2 Jan. 1522.)
1 Resolution und Decisum etc. 20 Jan. 1522. Walch XV,
2616. Merkwürdig ist der Zusatz nr. 10 "bis so lang durch Ver-
sehung der gemeinen Reichsstände, christliche Versammlung oder Con-
cilia solcher Sachen halben eine bedächtliche wohlerwogene gegründete
gewisse Erklärung -- vorgenummen werde;" woraus man doch zu-
gleich eine andre Tendenz abnimmt, aber noch in ihrer ganzen Un-
bestimmtheit.
Ranke d. Gesch. II. 4

Reichsregiment, 1522.
cherlei alte Hader den er gegen ſeine Vettern von der
erneſtiniſchen Linie hegte, und ein perſönliches Mißfallen
das ihm die Verwegenheit des rückſichtsloſen Mönches er-
weckte, zu einem lebhaften und heftigen Widerwillen zu-
ſammenwirkte. Die Wittenberger Unruhen kamen ihm eben
gelegen, um ſeinen Klagen Nachdruck zu verſchaffen. Er
brachte wirklich ein Edict aus, durch welches das Regi-
ment die benachbarten Biſchöfe Naumburg, Meißen und
Merſeburg aufforderte, die Neuerungen nicht einreißen zu
laſſen, die bisher üblichen kirchlichen Gebräuche aufrecht zu
erhalten. 1

Schon in jenem Vierteljahr aber, ſo wie die Nach-
richt von der Beilegung dieſer Bewegung anlangte, änderte
ſich die Stimmung. Es war natürlich von der Rückkehr
Luthers nach Wittenberg die Rede, durch welche einer
kaiſerlichen Achtserklärung ſo gradezu Trotz geboten wurde,
und Herzog Georg hatte wohl den Gedanken, die Inter-
vention des Kaiſers unmittelbar anzurufen; aber er ver-
letzte damit nur das Selbſtgefühl des Regimentes. Der
Geſandte Churfürſt Friedrichs Hans von der Planitz wollte
es nicht tadeln laſſen, daß ſein Herr Luthern in Witten-

Land ſchyr gar ketzeriſch: wollten alle die behemiſche Weis an ſich
nemen, und sub utraque communiciren: er gedaͤcht es aber mit
Gewalt zu weren
. (Schreiben vom 2 Jan. 1522.)
1 Reſolution und Deciſum etc. 20 Jan. 1522. Walch XV,
2616. Merkwuͤrdig iſt der Zuſatz nr. 10 „bis ſo lang durch Ver-
ſehung der gemeinen Reichsſtaͤnde, chriſtliche Verſammlung oder Con-
cilia ſolcher Sachen halben eine bedaͤchtliche wohlerwogene gegruͤndete
gewiſſe Erklaͤrung — vorgenummen werde;“ woraus man doch zu-
gleich eine andre Tendenz abnimmt, aber noch in ihrer ganzen Un-
beſtimmtheit.
Ranke d. Geſch. II. 4
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[49/0059] Reichsregiment, 1522. cherlei alte Hader den er gegen ſeine Vettern von der erneſtiniſchen Linie hegte, und ein perſönliches Mißfallen das ihm die Verwegenheit des rückſichtsloſen Mönches er- weckte, zu einem lebhaften und heftigen Widerwillen zu- ſammenwirkte. Die Wittenberger Unruhen kamen ihm eben gelegen, um ſeinen Klagen Nachdruck zu verſchaffen. Er brachte wirklich ein Edict aus, durch welches das Regi- ment die benachbarten Biſchöfe Naumburg, Meißen und Merſeburg aufforderte, die Neuerungen nicht einreißen zu laſſen, die bisher üblichen kirchlichen Gebräuche aufrecht zu erhalten. 1 Schon in jenem Vierteljahr aber, ſo wie die Nach- richt von der Beilegung dieſer Bewegung anlangte, änderte ſich die Stimmung. Es war natürlich von der Rückkehr Luthers nach Wittenberg die Rede, durch welche einer kaiſerlichen Achtserklärung ſo gradezu Trotz geboten wurde, und Herzog Georg hatte wohl den Gedanken, die Inter- vention des Kaiſers unmittelbar anzurufen; aber er ver- letzte damit nur das Selbſtgefühl des Regimentes. Der Geſandte Churfürſt Friedrichs Hans von der Planitz wollte es nicht tadeln laſſen, daß ſein Herr Luthern in Witten- 1 1 Reſolution und Deciſum etc. 20 Jan. 1522. Walch XV, 2616. Merkwuͤrdig iſt der Zuſatz nr. 10 „bis ſo lang durch Ver- ſehung der gemeinen Reichsſtaͤnde, chriſtliche Verſammlung oder Con- cilia ſolcher Sachen halben eine bedaͤchtliche wohlerwogene gegruͤndete gewiſſe Erklaͤrung — vorgenummen werde;“ woraus man doch zu- gleich eine andre Tendenz abnimmt, aber noch in ihrer ganzen Un- beſtimmtheit. 1 Land ſchyr gar ketzeriſch: wollten alle die behemiſche Weis an ſich nemen, und sub utraque communiciren: er gedaͤcht es aber mit Gewalt zu weren. (Schreiben vom 2 Jan. 1522.) Ranke d. Geſch. II. 4

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/59>, abgerufen am 22.11.2024.