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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Entwurf eines Grenzzollsystemes.

Im Frühjahr 1522 beschlossen dann die Stände wirk-
lich, auf diesen Plan einzugehn, vorzüglich deshalb, weil
der gemeine Mann dadurch nicht beschwert werde, um aber
ihrer Sache sicher zu seyn, vor jedem weitern Schritte den
Kaiser um seiner vorläufige Einwilligung zu ersuchen.

Nachdem diese von Spanien eingegangen, nur mit
der Bedingung, daß die nähern Bestimmungen noch einmal
mitgetheilt werden möchten, ward auf dem Reichstag im
Winter 1522--23 auf Veranlassung des großen Ausschus-
ses der Stände eine Commission niedergesetzt, um einen
ausführlichen Entwurf auszuarbeiten. 1

Man gieng in demselben von dem Grundsatz aus,
die unentbehrlichen Lebensbedürfnisse unbesteuert zu lassen.
Als solche betrachtet man: Getraide, Wein und Bier, Zug-
und Schlachtvieh, auch das Leder. Alle andern Artikel
dagegen sollten sowohl bei der Ausfuhr als bei der Ein-
fuhr verzollt werden. Man dachte sie weder nach dem
Gewicht noch nach einem Tarif, der zu mancherlei Nach-
suchung genöthigt haben würde, anzuschlagen, sondern nach
dem Einkaufspreis, den ein Jeder angeben müsse: der Zoll
sollte 4 Procent desselben betragen.

Es ward der Entwurf gemacht, das ganze Gebiet
des römischen Reiches deutscher Nation durch eine Zollli-
nie einzuschließen. Sie ist folgende.

Sie soll beginnen bei Nikolsburg in Mähren und von
hier gegen Ungarn gewandt über Wien und Gräz nach

1 Ordnung ains gemainen Reichs Zolls In Ratschlag ver-
fast. (Fr. A. Bd 38.) Ein Actenstück das ich unter den Urkunden
mitzutheilen denke.
Entwurf eines Grenzzollſyſtemes.

Im Frühjahr 1522 beſchloſſen dann die Stände wirk-
lich, auf dieſen Plan einzugehn, vorzüglich deshalb, weil
der gemeine Mann dadurch nicht beſchwert werde, um aber
ihrer Sache ſicher zu ſeyn, vor jedem weitern Schritte den
Kaiſer um ſeiner vorläufige Einwilligung zu erſuchen.

Nachdem dieſe von Spanien eingegangen, nur mit
der Bedingung, daß die nähern Beſtimmungen noch einmal
mitgetheilt werden möchten, ward auf dem Reichstag im
Winter 1522—23 auf Veranlaſſung des großen Ausſchuſ-
ſes der Stände eine Commiſſion niedergeſetzt, um einen
ausführlichen Entwurf auszuarbeiten. 1

Man gieng in demſelben von dem Grundſatz aus,
die unentbehrlichen Lebensbedürfniſſe unbeſteuert zu laſſen.
Als ſolche betrachtet man: Getraide, Wein und Bier, Zug-
und Schlachtvieh, auch das Leder. Alle andern Artikel
dagegen ſollten ſowohl bei der Ausfuhr als bei der Ein-
fuhr verzollt werden. Man dachte ſie weder nach dem
Gewicht noch nach einem Tarif, der zu mancherlei Nach-
ſuchung genöthigt haben würde, anzuſchlagen, ſondern nach
dem Einkaufspreis, den ein Jeder angeben müſſe: der Zoll
ſollte 4 Procent deſſelben betragen.

Es ward der Entwurf gemacht, das ganze Gebiet
des römiſchen Reiches deutſcher Nation durch eine Zollli-
nie einzuſchließen. Sie iſt folgende.

Sie ſoll beginnen bei Nikolsburg in Mähren und von
hier gegen Ungarn gewandt über Wien und Gräz nach

1 Ordnung ains gemainen Reichs Zolls In Ratſchlag ver-
faſt. (Fr. A. Bd 38.) Ein Actenſtuͤck das ich unter den Urkunden
mitzutheilen denke.
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[45/0055] Entwurf eines Grenzzollſyſtemes. Im Frühjahr 1522 beſchloſſen dann die Stände wirk- lich, auf dieſen Plan einzugehn, vorzüglich deshalb, weil der gemeine Mann dadurch nicht beſchwert werde, um aber ihrer Sache ſicher zu ſeyn, vor jedem weitern Schritte den Kaiſer um ſeiner vorläufige Einwilligung zu erſuchen. Nachdem dieſe von Spanien eingegangen, nur mit der Bedingung, daß die nähern Beſtimmungen noch einmal mitgetheilt werden möchten, ward auf dem Reichstag im Winter 1522—23 auf Veranlaſſung des großen Ausſchuſ- ſes der Stände eine Commiſſion niedergeſetzt, um einen ausführlichen Entwurf auszuarbeiten. 1 Man gieng in demſelben von dem Grundſatz aus, die unentbehrlichen Lebensbedürfniſſe unbeſteuert zu laſſen. Als ſolche betrachtet man: Getraide, Wein und Bier, Zug- und Schlachtvieh, auch das Leder. Alle andern Artikel dagegen ſollten ſowohl bei der Ausfuhr als bei der Ein- fuhr verzollt werden. Man dachte ſie weder nach dem Gewicht noch nach einem Tarif, der zu mancherlei Nach- ſuchung genöthigt haben würde, anzuſchlagen, ſondern nach dem Einkaufspreis, den ein Jeder angeben müſſe: der Zoll ſollte 4 Procent deſſelben betragen. Es ward der Entwurf gemacht, das ganze Gebiet des römiſchen Reiches deutſcher Nation durch eine Zollli- nie einzuſchließen. Sie iſt folgende. Sie ſoll beginnen bei Nikolsburg in Mähren und von hier gegen Ungarn gewandt über Wien und Gräz nach 1 Ordnung ains gemainen Reichs Zolls In Ratſchlag ver- faſt. (Fr. A. Bd 38.) Ein Actenſtuͤck das ich unter den Urkunden mitzutheilen denke.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/55>, abgerufen am 24.11.2024.