zu ernennen, und zuweilen finden wir Bürgermeister als Statthalter. In dem Entwurf zu einer Landesvertheidi- gung vom Jahr 1507 werden funfzehn Hauptleute ernannt: von diesen gehören 14 dem einheimischen Adel an, nur ein einziger dem Orden. 1
Ward aber der Orden auf diese Weise in seinen Be- fugnissen beschränkt, so ward auch allmählig das ihm ei- genthümliche republikanische Wesen von einem mehr monar- chischen überwältigt. Man fand es rathsam, geborne Für- sten zu Hochmeistern zu wählen, 1498 Friedrich von Sach- sen, 1511 Albrecht von Brandenburg. Um ihnen eine stan- desgemäße Existenz zu verschaffen, wurden ganze Comthu- reien eingezogen. Diese Fürsten selbst besorgten die Ge- schäfte durch Canzler, die nicht zu dem Orden gehörten, durch ihre besondern Räthe, auf die Weise deutscher Höfe. Sie nahmen um so mehr eine landesfürstliche Stellung an, da sie ihren Untergebenen außerhalb des Landes, sowohl dem Meister in Liefland als dem Deutschmeister eine große Selbständigkeit zu gewähren, namentlich den ersten aller we- sentlichen Pflichten zu entlassen genöthigt waren. 2 An die Stelle allgemeiner Beziehungen traten engere territoriale Ver- hältnisse.
Da war nun die einzige Frage, die eine weiterausse- hende Bewegung erhielt, ob man sich den Verpflichtungen des Friedens von Thorn unterwerfen würde oder nicht. Die letzten Hochmeister weigerten sich die Huldigung zu leisten,
1 Baczko Preußische Gesch. IV, 142.
2 Albrecht erwähnt bei Schütz Hist. rer. Pruss. p. 331 "was er sich gegen den beiden Meistern verschreiben und obligiren müssen, damit sie sich denn ganz und gar aus dem Gehorsam gezogen."
Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
zu ernennen, und zuweilen finden wir Bürgermeiſter als Statthalter. In dem Entwurf zu einer Landesvertheidi- gung vom Jahr 1507 werden funfzehn Hauptleute ernannt: von dieſen gehören 14 dem einheimiſchen Adel an, nur ein einziger dem Orden. 1
Ward aber der Orden auf dieſe Weiſe in ſeinen Be- fugniſſen beſchränkt, ſo ward auch allmählig das ihm ei- genthümliche republikaniſche Weſen von einem mehr monar- chiſchen überwältigt. Man fand es rathſam, geborne Für- ſten zu Hochmeiſtern zu wählen, 1498 Friedrich von Sach- ſen, 1511 Albrecht von Brandenburg. Um ihnen eine ſtan- desgemäße Exiſtenz zu verſchaffen, wurden ganze Comthu- reien eingezogen. Dieſe Fürſten ſelbſt beſorgten die Ge- ſchäfte durch Canzler, die nicht zu dem Orden gehörten, durch ihre beſondern Räthe, auf die Weiſe deutſcher Höfe. Sie nahmen um ſo mehr eine landesfürſtliche Stellung an, da ſie ihren Untergebenen außerhalb des Landes, ſowohl dem Meiſter in Liefland als dem Deutſchmeiſter eine große Selbſtändigkeit zu gewähren, namentlich den erſten aller we- ſentlichen Pflichten zu entlaſſen genöthigt waren. 2 An die Stelle allgemeiner Beziehungen traten engere territoriale Ver- hältniſſe.
Da war nun die einzige Frage, die eine weiterausſe- hende Bewegung erhielt, ob man ſich den Verpflichtungen des Friedens von Thorn unterwerfen würde oder nicht. Die letzten Hochmeiſter weigerten ſich die Huldigung zu leiſten,
1 Baczko Preußiſche Geſch. IV, 142.
2 Albrecht erwaͤhnt bei Schuͤtz Hist. rer. Pruss. p. 331 „was er ſich gegen den beiden Meiſtern verſchreiben und obligiren muͤſſen, damit ſie ſich denn ganz und gar aus dem Gehorſam gezogen.“
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Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
zu ernennen, und zuweilen finden wir Bürgermeiſter als
Statthalter. In dem Entwurf zu einer Landesvertheidi-
gung vom Jahr 1507 werden funfzehn Hauptleute ernannt:
von dieſen gehören 14 dem einheimiſchen Adel an, nur ein
einziger dem Orden. 1
Ward aber der Orden auf dieſe Weiſe in ſeinen Be-
fugniſſen beſchränkt, ſo ward auch allmählig das ihm ei-
genthümliche republikaniſche Weſen von einem mehr monar-
chiſchen überwältigt. Man fand es rathſam, geborne Für-
ſten zu Hochmeiſtern zu wählen, 1498 Friedrich von Sach-
ſen, 1511 Albrecht von Brandenburg. Um ihnen eine ſtan-
desgemäße Exiſtenz zu verſchaffen, wurden ganze Comthu-
reien eingezogen. Dieſe Fürſten ſelbſt beſorgten die Ge-
ſchäfte durch Canzler, die nicht zu dem Orden gehörten,
durch ihre beſondern Räthe, auf die Weiſe deutſcher Höfe.
Sie nahmen um ſo mehr eine landesfürſtliche Stellung an,
da ſie ihren Untergebenen außerhalb des Landes, ſowohl
dem Meiſter in Liefland als dem Deutſchmeiſter eine große
Selbſtändigkeit zu gewähren, namentlich den erſten aller we-
ſentlichen Pflichten zu entlaſſen genöthigt waren. 2 An die
Stelle allgemeiner Beziehungen traten engere territoriale Ver-
hältniſſe.
Da war nun die einzige Frage, die eine weiterausſe-
hende Bewegung erhielt, ob man ſich den Verpflichtungen
des Friedens von Thorn unterwerfen würde oder nicht. Die
letzten Hochmeiſter weigerten ſich die Huldigung zu leiſten,
1 Baczko Preußiſche Geſch. IV, 142.
2 Albrecht erwaͤhnt bei Schuͤtz Hist. rer. Pruss. p. 331 „was
er ſich gegen den beiden Meiſtern verſchreiben und obligiren muͤſſen,
damit ſie ſich denn ganz und gar aus dem Gehorſam gezogen.“
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/478>, abgerufen am 16.07.2024.
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