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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Brandenburg und Nürnberg.
den Brief, mit welchem ihm sein Bruder die Beschlüsse zusen-
dete, begleitete er mit sehr bittern Anmerkungen. In dem
Lande ward Jedermann zweifelhaft. Und da nun die benach-
barten Bischöfe sich doch auch nicht zufrieden gaben, ihrer
Jurisdiction nicht verlustig gehen wollten, Versuche machten
die Pfarren nach wie vor zu besetzen, die man nicht kräf-
tig genug zurückwies, so gerieth alles in Verwirrung. Un-
ter diesen Umständen war es ein entscheidendes Ereigniß,
daß Casimir auf jenem ungrischen Kriegszug starb, und
Markgraf Georg die Regierung der Fürstenthümer selbst
übernahm. Mit ihm kamen die eifrig evangelisch gesinnten
Räthe, Hans von Schwarzenberg und Georg Vogler wie-
der in ungehinderte Wirksamkeit. Auf einem abermaligen
Landtag zu Anspach, 1sten März 1528, ward dem frühern
Abschied eine mit rein evangelischen Überzeugungen über-
einstimmende Erläuterung gegeben; auch in den Cerimonien
sollte nun ferner nichts geduldet werden, was dem Worte
Gottes entgegen sey. Nach dem Muster von Sachsen ward
hierauf auch hier eine Visitation veranstaltet, und zwar in
Verbindung mit der Stadt Nürnberg, durch welche beide
Gebiete eine evangelische Kirchenverfassung empfiengen.


I, I, 3. Der Auszug bei Lang II, 9 verwischt das evangelische Ele-
ment noch vollends. Nach Lang soll es z. B. in dem Edict heißen:
Das h. Sacrament soll man keineswegs in beiderlei Gestalt empfan-
gen, gegen die Verwandlung nichts lehren. In der That aber
li[e]st man daselbst nr. 5 (Hortl. p. 35): "Wöllen uns versehen, daß
sich ein jeder mit Empfahung des Sacraments also halte, wie er
das gegen Gott und Kais. Mt verhoff zu verantworten" -- was doch
eine völlige Freiheit involvirt. "Es soll auch wider das hochw. Sa-
crament -- als ob in dem h. Sacrament der Leib und das Blut
nicht gegenwertig wäre nit gepredigt werden." -- Zwischen Gegenwart
und Verwandlung aber, welch ein Unterschied!

Brandenburg und Nuͤrnberg.
den Brief, mit welchem ihm ſein Bruder die Beſchlüſſe zuſen-
dete, begleitete er mit ſehr bittern Anmerkungen. In dem
Lande ward Jedermann zweifelhaft. Und da nun die benach-
barten Biſchöfe ſich doch auch nicht zufrieden gaben, ihrer
Jurisdiction nicht verluſtig gehen wollten, Verſuche machten
die Pfarren nach wie vor zu beſetzen, die man nicht kräf-
tig genug zurückwies, ſo gerieth alles in Verwirrung. Un-
ter dieſen Umſtänden war es ein entſcheidendes Ereigniß,
daß Caſimir auf jenem ungriſchen Kriegszug ſtarb, und
Markgraf Georg die Regierung der Fürſtenthümer ſelbſt
übernahm. Mit ihm kamen die eifrig evangeliſch geſinnten
Räthe, Hans von Schwarzenberg und Georg Vogler wie-
der in ungehinderte Wirkſamkeit. Auf einem abermaligen
Landtag zu Anſpach, 1ſten März 1528, ward dem frühern
Abſchied eine mit rein evangeliſchen Überzeugungen über-
einſtimmende Erläuterung gegeben; auch in den Cerimonien
ſollte nun ferner nichts geduldet werden, was dem Worte
Gottes entgegen ſey. Nach dem Muſter von Sachſen ward
hierauf auch hier eine Viſitation veranſtaltet, und zwar in
Verbindung mit der Stadt Nürnberg, durch welche beide
Gebiete eine evangeliſche Kirchenverfaſſung empfiengen.


I, I, 3. Der Auszug bei Lang II, 9 verwiſcht das evangeliſche Ele-
ment noch vollends. Nach Lang ſoll es z. B. in dem Edict heißen:
Das h. Sacrament ſoll man keineswegs in beiderlei Geſtalt empfan-
gen, gegen die Verwandlung nichts lehren. In der That aber
li[e]ſt man daſelbſt nr. 5 (Hortl. p. 35): „Woͤllen uns verſehen, daß
ſich ein jeder mit Empfahung des Sacraments alſo halte, wie er
das gegen Gott und Kaiſ. Mt verhoff zu verantworten“ — was doch
eine voͤllige Freiheit involvirt. „Es ſoll auch wider das hochw. Sa-
crament — als ob in dem h. Sacrament der Leib und das Blut
nicht gegenwertig waͤre nit gepredigt werden.“ — Zwiſchen Gegenwart
und Verwandlung aber, welch ein Unterſchied!
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[453/0463] Brandenburg und Nuͤrnberg. den Brief, mit welchem ihm ſein Bruder die Beſchlüſſe zuſen- dete, begleitete er mit ſehr bittern Anmerkungen. In dem Lande ward Jedermann zweifelhaft. Und da nun die benach- barten Biſchöfe ſich doch auch nicht zufrieden gaben, ihrer Jurisdiction nicht verluſtig gehen wollten, Verſuche machten die Pfarren nach wie vor zu beſetzen, die man nicht kräf- tig genug zurückwies, ſo gerieth alles in Verwirrung. Un- ter dieſen Umſtänden war es ein entſcheidendes Ereigniß, daß Caſimir auf jenem ungriſchen Kriegszug ſtarb, und Markgraf Georg die Regierung der Fürſtenthümer ſelbſt übernahm. Mit ihm kamen die eifrig evangeliſch geſinnten Räthe, Hans von Schwarzenberg und Georg Vogler wie- der in ungehinderte Wirkſamkeit. Auf einem abermaligen Landtag zu Anſpach, 1ſten März 1528, ward dem frühern Abſchied eine mit rein evangeliſchen Überzeugungen über- einſtimmende Erläuterung gegeben; auch in den Cerimonien ſollte nun ferner nichts geduldet werden, was dem Worte Gottes entgegen ſey. Nach dem Muſter von Sachſen ward hierauf auch hier eine Viſitation veranſtaltet, und zwar in Verbindung mit der Stadt Nürnberg, durch welche beide Gebiete eine evangeliſche Kirchenverfaſſung empfiengen. 1 1 I, I, 3. Der Auszug bei Lang II, 9 verwiſcht das evangeliſche Ele- ment noch vollends. Nach Lang ſoll es z. B. in dem Edict heißen: Das h. Sacrament ſoll man keineswegs in beiderlei Geſtalt empfan- gen, gegen die Verwandlung nichts lehren. In der That aber lieſt man daſelbſt nr. 5 (Hortl. p. 35): „Woͤllen uns verſehen, daß ſich ein jeder mit Empfahung des Sacraments alſo halte, wie er das gegen Gott und Kaiſ. Mt verhoff zu verantworten“ — was doch eine voͤllige Freiheit involvirt. „Es ſoll auch wider das hochw. Sa- crament — als ob in dem h. Sacrament der Leib und das Blut nicht gegenwertig waͤre nit gepredigt werden.“ — Zwiſchen Gegenwart und Verwandlung aber, welch ein Unterſchied!

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/463>, abgerufen am 28.11.2024.