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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Fünftes Capitel.

Denn was Anders heißt es, wenn sie es den Für-
sten überläßt, über die Befolgung oder Nichtbefolgung des
Wormser Edicts sich mit ihren Unterthanen zu vereinigen.
Darin lag die Nothwendigkeit durchgreifender und umfas-
sender Maaßregeln. 1 Was die Reichsversammlung selber
auszuführen nicht einmüthig noch entschlossen genug war,
das überließ sie den einzelnen Ständen.

So verstand es Landgraf Philipp, wenn er seine "Un-
terthanen geistlichen und weltlichen Standes" nach Hom-
berg zu kommen einlud, um sich "mit ihnen in Sachen
den heiligen Glauben belangend zu vergleichen." Darauf
gründet sich Markgraf Casimir von Brandenburg, wenn er
als ein Gottliebender und kaiserlicher Maj. gehorsamer Fürst
wie er sagt, mit den Abgeordneten seiner Landschaft eine
Einrichtung trifft, die bei aller Zurückhaltung doch einen
unzweifelhaft evangelischen Inhalt hat. Wir besitzen eine
kleine Schrift aus jener Zeit, in der man aus den Wor-
ten des Reichsabschiedes nicht allein die Befugniß, son-
dern die Pflicht der Fürsten herleitet, Anordnungen nach
Maaßgabe des göttlichen Wortes zu treffen, über das ge-
sammte christliche Leben und Wesen, denn dieß zu umfassen

1 "Das ist je die Wahrheit, daß das kais. Edict anders nichts
innen hält, denn die Sachen unsern h. Glauben und Religion, auch
die Irsallehren und Mißbreuch so daraus entsprungen seyn, belan-
gend. So denn an denselben, nemlich wie und was man glauben,
was man lehren predigen und halten, was man auch in solchem flie-
hen und vermeiden soll, ein ganz christlich Leben und unser einige
Seligkeit ohne alles Mittel gelegen ist, -- so folget gewißlich, daß
der angezeigt Artikel auf ein ordentlich christlich Leben Regiment und
Wesen muß gezogen werden. Die hineingebrachten Wort des Edicts
machen auch den Artikel viel läuterer." (Worte der gleich anzufüh-
renden Schrift.)
Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.

Denn was Anders heißt es, wenn ſie es den Für-
ſten überläßt, über die Befolgung oder Nichtbefolgung des
Wormſer Edicts ſich mit ihren Unterthanen zu vereinigen.
Darin lag die Nothwendigkeit durchgreifender und umfaſ-
ſender Maaßregeln. 1 Was die Reichsverſammlung ſelber
auszuführen nicht einmüthig noch entſchloſſen genug war,
das überließ ſie den einzelnen Ständen.

So verſtand es Landgraf Philipp, wenn er ſeine „Un-
terthanen geiſtlichen und weltlichen Standes“ nach Hom-
berg zu kommen einlud, um ſich „mit ihnen in Sachen
den heiligen Glauben belangend zu vergleichen.“ Darauf
gründet ſich Markgraf Caſimir von Brandenburg, wenn er
als ein Gottliebender und kaiſerlicher Maj. gehorſamer Fürſt
wie er ſagt, mit den Abgeordneten ſeiner Landſchaft eine
Einrichtung trifft, die bei aller Zurückhaltung doch einen
unzweifelhaft evangeliſchen Inhalt hat. Wir beſitzen eine
kleine Schrift aus jener Zeit, in der man aus den Wor-
ten des Reichsabſchiedes nicht allein die Befugniß, ſon-
dern die Pflicht der Fürſten herleitet, Anordnungen nach
Maaßgabe des göttlichen Wortes zu treffen, über das ge-
ſammte chriſtliche Leben und Weſen, denn dieß zu umfaſſen

1 „Das iſt je die Wahrheit, daß das kaiſ. Edict anders nichts
innen haͤlt, denn die Sachen unſern h. Glauben und Religion, auch
die Irſallehren und Mißbreuch ſo daraus entſprungen ſeyn, belan-
gend. So denn an denſelben, nemlich wie und was man glauben,
was man lehren predigen und halten, was man auch in ſolchem flie-
hen und vermeiden ſoll, ein ganz chriſtlich Leben und unſer einige
Seligkeit ohne alles Mittel gelegen iſt, — ſo folget gewißlich, daß
der angezeigt Artikel auf ein ordentlich chriſtlich Leben Regiment und
Weſen muß gezogen werden. Die hineingebrachten Wort des Edicts
machen auch den Artikel viel laͤuterer.“ (Worte der gleich anzufuͤh-
renden Schrift.)
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[440/0450] Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. Denn was Anders heißt es, wenn ſie es den Für- ſten überläßt, über die Befolgung oder Nichtbefolgung des Wormſer Edicts ſich mit ihren Unterthanen zu vereinigen. Darin lag die Nothwendigkeit durchgreifender und umfaſ- ſender Maaßregeln. 1 Was die Reichsverſammlung ſelber auszuführen nicht einmüthig noch entſchloſſen genug war, das überließ ſie den einzelnen Ständen. So verſtand es Landgraf Philipp, wenn er ſeine „Un- terthanen geiſtlichen und weltlichen Standes“ nach Hom- berg zu kommen einlud, um ſich „mit ihnen in Sachen den heiligen Glauben belangend zu vergleichen.“ Darauf gründet ſich Markgraf Caſimir von Brandenburg, wenn er als ein Gottliebender und kaiſerlicher Maj. gehorſamer Fürſt wie er ſagt, mit den Abgeordneten ſeiner Landſchaft eine Einrichtung trifft, die bei aller Zurückhaltung doch einen unzweifelhaft evangeliſchen Inhalt hat. Wir beſitzen eine kleine Schrift aus jener Zeit, in der man aus den Wor- ten des Reichsabſchiedes nicht allein die Befugniß, ſon- dern die Pflicht der Fürſten herleitet, Anordnungen nach Maaßgabe des göttlichen Wortes zu treffen, über das ge- ſammte chriſtliche Leben und Weſen, denn dieß zu umfaſſen 1 „Das iſt je die Wahrheit, daß das kaiſ. Edict anders nichts innen haͤlt, denn die Sachen unſern h. Glauben und Religion, auch die Irſallehren und Mißbreuch ſo daraus entſprungen ſeyn, belan- gend. So denn an denſelben, nemlich wie und was man glauben, was man lehren predigen und halten, was man auch in ſolchem flie- hen und vermeiden ſoll, ein ganz chriſtlich Leben und unſer einige Seligkeit ohne alles Mittel gelegen iſt, — ſo folget gewißlich, daß der angezeigt Artikel auf ein ordentlich chriſtlich Leben Regiment und Weſen muß gezogen werden. Die hineingebrachten Wort des Edicts machen auch den Artikel viel laͤuterer.“ (Worte der gleich anzufuͤh- renden Schrift.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/450>, abgerufen am 27.11.2024.