fordert, das Geld um das Heer zu befriedigen, konnte er jetzt nicht mehr versagen. Er sah: seine eigne Rettung hieng davon ab. In seinem Auftrag begab sich Lannoy nach Florenz, um zu sehen ob es da aufgebracht werden könne. In der That sicherte man ihm hier zu, 150000 Scudi in bestimmten Terminen zu zahlen, und er eilte nach dem Gebirg, um mit diesem Versprechen das Heer wo möglich zum Rückzug zu bewegen. 1
Am 21 April langte er in dem Lager an, und blieb drei Tage daselbst. Man sah ihn mit Bourbon essen und trinken: alle ihre alten Mißverständnisse waren beigelegt; jedoch zeigte sich, daß das Anerbieten der Florentiner ihnen nicht genügte: sie erklärten, daß sie wenigstens 240000 Sc. haben müßten, um das Heer zum Rückzug zu bewegen.
Ob sie alsdann im Stande gewesen wären, oder auch nur den ernstlichen Versuch gemacht haben würden, es zu- rückzuführen? Ich möchte es nicht behaupten. Die Tu- multe jenes Lagers waren in zu frischem Gedächtniß. Auch finde ich nicht, daß sie der Kaiser dazu aufgefordert hätte.
Höchst eigenthümlich ist doch aufs neue das Verhält- niß des Kaisers.
Noch öfter wurden zwischen ihm und dem Papst jene ostensiblen Äußerungen väterlichen Wohlwollens und kind- licher Ergebenheit gewechselt, die in der katholischen Welt herkömmlich sind: der Kaiser sprach noch zuweilen von der Entwurzelung der Lutheraner: in Hinsicht Italiens gab er Versicherungen von denen der Papst sagt, er würde darauf
1 Instruction Lannoys in Hormayrs Archiv 1812 p. 377. Die Excerpte bei Bucholtz p. 71 stammen wohl aus denselben Papieren.
Empoͤrung im Lager.
fordert, das Geld um das Heer zu befriedigen, konnte er jetzt nicht mehr verſagen. Er ſah: ſeine eigne Rettung hieng davon ab. In ſeinem Auftrag begab ſich Lannoy nach Florenz, um zu ſehen ob es da aufgebracht werden könne. In der That ſicherte man ihm hier zu, 150000 Scudi in beſtimmten Terminen zu zahlen, und er eilte nach dem Gebirg, um mit dieſem Verſprechen das Heer wo möglich zum Rückzug zu bewegen. 1
Am 21 April langte er in dem Lager an, und blieb drei Tage daſelbſt. Man ſah ihn mit Bourbon eſſen und trinken: alle ihre alten Mißverſtändniſſe waren beigelegt; jedoch zeigte ſich, daß das Anerbieten der Florentiner ihnen nicht genügte: ſie erklärten, daß ſie wenigſtens 240000 Sc. haben müßten, um das Heer zum Rückzug zu bewegen.
Ob ſie alsdann im Stande geweſen wären, oder auch nur den ernſtlichen Verſuch gemacht haben würden, es zu- rückzuführen? Ich möchte es nicht behaupten. Die Tu- multe jenes Lagers waren in zu friſchem Gedächtniß. Auch finde ich nicht, daß ſie der Kaiſer dazu aufgefordert hätte.
Höchſt eigenthümlich iſt doch aufs neue das Verhält- niß des Kaiſers.
Noch öfter wurden zwiſchen ihm und dem Papſt jene oſtenſiblen Äußerungen väterlichen Wohlwollens und kind- licher Ergebenheit gewechſelt, die in der katholiſchen Welt herkömmlich ſind: der Kaiſer ſprach noch zuweilen von der Entwurzelung der Lutheraner: in Hinſicht Italiens gab er Verſicherungen von denen der Papſt ſagt, er würde darauf
1 Inſtruction Lannoys in Hormayrs Archiv 1812 p. 377. Die Excerpte bei Bucholtz p. 71 ſtammen wohl aus denſelben Papieren.
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Empoͤrung im Lager.
fordert, das Geld um das Heer zu befriedigen, konnte er
jetzt nicht mehr verſagen. Er ſah: ſeine eigne Rettung
hieng davon ab. In ſeinem Auftrag begab ſich Lannoy
nach Florenz, um zu ſehen ob es da aufgebracht werden
könne. In der That ſicherte man ihm hier zu, 150000
Scudi in beſtimmten Terminen zu zahlen, und er eilte nach
dem Gebirg, um mit dieſem Verſprechen das Heer wo
möglich zum Rückzug zu bewegen. 1
Am 21 April langte er in dem Lager an, und blieb
drei Tage daſelbſt. Man ſah ihn mit Bourbon eſſen und
trinken: alle ihre alten Mißverſtändniſſe waren beigelegt;
jedoch zeigte ſich, daß das Anerbieten der Florentiner ihnen
nicht genügte: ſie erklärten, daß ſie wenigſtens 240000 Sc.
haben müßten, um das Heer zum Rückzug zu bewegen.
Ob ſie alsdann im Stande geweſen wären, oder auch
nur den ernſtlichen Verſuch gemacht haben würden, es zu-
rückzuführen? Ich möchte es nicht behaupten. Die Tu-
multe jenes Lagers waren in zu friſchem Gedächtniß. Auch
finde ich nicht, daß ſie der Kaiſer dazu aufgefordert hätte.
Höchſt eigenthümlich iſt doch aufs neue das Verhält-
niß des Kaiſers.
Noch öfter wurden zwiſchen ihm und dem Papſt jene
oſtenſiblen Äußerungen väterlichen Wohlwollens und kind-
licher Ergebenheit gewechſelt, die in der katholiſchen Welt
herkömmlich ſind: der Kaiſer ſprach noch zuweilen von der
Entwurzelung der Lutheraner: in Hinſicht Italiens gab er
Verſicherungen von denen der Papſt ſagt, er würde darauf
1 Inſtruction Lannoys in Hormayrs Archiv 1812 p. 377. Die
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/399>, abgerufen am 16.07.2024.
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