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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Vereinigung der kaiserlichen Heere.
nen Augenblick zu verlieren und den gemeinschaftlichen Feind
in Rom aufzusuchen. 1 Am 22sten Februar brach dann
das vereinigte Heer, bei 20000 M. stark, in sechs Hau-
fen vertheilt, mit einigem Geschütz und einiger leichten
Reiterei aus dem Lager von Firenzuola auf und nahm die
große Straße die nach Rom führte. Hauptleute und Ge-
meine waren davon durchdrungen, der Papst habe den neuen
Krieg angefangen; sie wußten sehr wohl, daß wenn es
ihnen der Kaiser an ihrem Sold fehlen lasse, dieß nur aus
Mangel geschehe, und waren entschlossen sich denselben in
Rom zu holen. Der religiöse Widerwille und die Be-
gierde den Kaiser zu rächen, das gerechte Verlangen, zu
ihrem wohlverdienten Solde zu kommen, und der Ruf von
den seit einem Jahrhundert aus aller Welt in Rom zu-
sammengehäuften Schätzen durchdrangen sich in ihnen, und
bildeten das wunderlichste Gemisch von Leidenschaften, de-
ren Inhalt sich zuletzt in dem Entschluß zusammenfaßte, Rom
zu erobern und zu plündern.

Gleich bei dem ersten Hinderniß das sich ihnen in Weg
stellte, flammte diese Stimmung, nun schon selbständig ge-
worden und nicht mehr zu bezähmen, in den heftigsten
Ausbrüchen auf.

Ende Februar und Anfang März hatten die päpstli-
chen Truppen einige Vortheile im Neapolitanischen davon
getragen, und der Vicekönig hatte sich wirklich entschlossen
einen Stillstand mit dem Papst einzugehn, in welchem ent-

1 Schon im Nov. hatte ihnen der Herzog von Ferrara gera-
then, die Bentivogli in Bologna einzusetzen: gehe das nicht "den Zug
auf den Papst vorzunehmen: wenn Bourbon kein Geld schaffe, die
Städte und Flecken zu schätzen, die Knechte zu unterhalten."

Vereinigung der kaiſerlichen Heere.
nen Augenblick zu verlieren und den gemeinſchaftlichen Feind
in Rom aufzuſuchen. 1 Am 22ſten Februar brach dann
das vereinigte Heer, bei 20000 M. ſtark, in ſechs Hau-
fen vertheilt, mit einigem Geſchütz und einiger leichten
Reiterei aus dem Lager von Firenzuola auf und nahm die
große Straße die nach Rom führte. Hauptleute und Ge-
meine waren davon durchdrungen, der Papſt habe den neuen
Krieg angefangen; ſie wußten ſehr wohl, daß wenn es
ihnen der Kaiſer an ihrem Sold fehlen laſſe, dieß nur aus
Mangel geſchehe, und waren entſchloſſen ſich denſelben in
Rom zu holen. Der religiöſe Widerwille und die Be-
gierde den Kaiſer zu rächen, das gerechte Verlangen, zu
ihrem wohlverdienten Solde zu kommen, und der Ruf von
den ſeit einem Jahrhundert aus aller Welt in Rom zu-
ſammengehäuften Schätzen durchdrangen ſich in ihnen, und
bildeten das wunderlichſte Gemiſch von Leidenſchaften, de-
ren Inhalt ſich zuletzt in dem Entſchluß zuſammenfaßte, Rom
zu erobern und zu plündern.

Gleich bei dem erſten Hinderniß das ſich ihnen in Weg
ſtellte, flammte dieſe Stimmung, nun ſchon ſelbſtändig ge-
worden und nicht mehr zu bezähmen, in den heftigſten
Ausbrüchen auf.

Ende Februar und Anfang März hatten die päpſtli-
chen Truppen einige Vortheile im Neapolitaniſchen davon
getragen, und der Vicekönig hatte ſich wirklich entſchloſſen
einen Stillſtand mit dem Papſt einzugehn, in welchem ent-

1 Schon im Nov. hatte ihnen der Herzog von Ferrara gera-
then, die Bentivogli in Bologna einzuſetzen: gehe das nicht „den Zug
auf den Papſt vorzunehmen: wenn Bourbon kein Geld ſchaffe, die
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[383/0393] Vereinigung der kaiſerlichen Heere. nen Augenblick zu verlieren und den gemeinſchaftlichen Feind in Rom aufzuſuchen. 1 Am 22ſten Februar brach dann das vereinigte Heer, bei 20000 M. ſtark, in ſechs Hau- fen vertheilt, mit einigem Geſchütz und einiger leichten Reiterei aus dem Lager von Firenzuola auf und nahm die große Straße die nach Rom führte. Hauptleute und Ge- meine waren davon durchdrungen, der Papſt habe den neuen Krieg angefangen; ſie wußten ſehr wohl, daß wenn es ihnen der Kaiſer an ihrem Sold fehlen laſſe, dieß nur aus Mangel geſchehe, und waren entſchloſſen ſich denſelben in Rom zu holen. Der religiöſe Widerwille und die Be- gierde den Kaiſer zu rächen, das gerechte Verlangen, zu ihrem wohlverdienten Solde zu kommen, und der Ruf von den ſeit einem Jahrhundert aus aller Welt in Rom zu- ſammengehäuften Schätzen durchdrangen ſich in ihnen, und bildeten das wunderlichſte Gemiſch von Leidenſchaften, de- ren Inhalt ſich zuletzt in dem Entſchluß zuſammenfaßte, Rom zu erobern und zu plündern. Gleich bei dem erſten Hinderniß das ſich ihnen in Weg ſtellte, flammte dieſe Stimmung, nun ſchon ſelbſtändig ge- worden und nicht mehr zu bezähmen, in den heftigſten Ausbrüchen auf. Ende Februar und Anfang März hatten die päpſtli- chen Truppen einige Vortheile im Neapolitaniſchen davon getragen, und der Vicekönig hatte ſich wirklich entſchloſſen einen Stillſtand mit dem Papſt einzugehn, in welchem ent- 1 Schon im Nov. hatte ihnen der Herzog von Ferrara gera- then, die Bentivogli in Bologna einzuſetzen: gehe das nicht „den Zug auf den Papſt vorzunehmen: wenn Bourbon kein Geld ſchaffe, die Staͤdte und Flecken zu ſchaͤtzen, die Knechte zu unterhalten.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/393>, abgerufen am 25.11.2024.