Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Zweites Capitel. sich Herzog Wilhelm von Baiern bei den einflußreichstenChurfürsten um diese Würde. Den katholischen Fürsten das Edict zu entreißen, auf das sie ihre Verfolgung der Evangelischen hauptsächlich gegründet, hätte sie zu der re- solutesten und gefährlichsten Feindseligkeit veranlassen können. Auch er hielt für gut, die Aufhebung des Wormser Edic- tes noch auszusetzen. Er meinte, erst wenn der Kaiser in das Reich zurückgekommen und mächtig daselbst gewor- den sey, werde diese Maaßregel mit Vortheil und ohne da- mit die alte Religion zu stürzen, ausgeführt werden können: dann werde man auch eine gute Summe Geldes für jene Vergünstigung erhalten können. 1 Allein eben so wenig vermochte er doch oder war er Da nun weder die Ausführung noch die Aufhe- ten. 1 Excerpt des Schreibens von Ferdinand 22sten Sept. --
Daß jenes Schreiben vom 27 Juli Mitte August angekommen, ist wohl keine Frage. Briefe von Spanien giengen in der Regel 14 Tage. Viertes Buch. Zweites Capitel. ſich Herzog Wilhelm von Baiern bei den einflußreichſtenChurfürſten um dieſe Würde. Den katholiſchen Fürſten das Edict zu entreißen, auf das ſie ihre Verfolgung der Evangeliſchen hauptſächlich gegründet, hätte ſie zu der re- ſoluteſten und gefährlichſten Feindſeligkeit veranlaſſen können. Auch er hielt für gut, die Aufhebung des Wormſer Edic- tes noch auszuſetzen. Er meinte, erſt wenn der Kaiſer in das Reich zurückgekommen und mächtig daſelbſt gewor- den ſey, werde dieſe Maaßregel mit Vortheil und ohne da- mit die alte Religion zu ſtürzen, ausgeführt werden können: dann werde man auch eine gute Summe Geldes für jene Vergünſtigung erhalten können. 1 Allein eben ſo wenig vermochte er doch oder war er Da nun weder die Ausführung noch die Aufhe- ten. 1 Excerpt des Schreibens von Ferdinand 22ſten Sept. —
Daß jenes Schreiben vom 27 Juli Mitte Auguſt angekommen, iſt wohl keine Frage. Briefe von Spanien giengen in der Regel 14 Tage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0378" n="368"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> ſich Herzog Wilhelm von Baiern bei den einflußreichſten<lb/> Churfürſten um dieſe Würde. Den katholiſchen Fürſten<lb/> das Edict zu entreißen, auf das ſie ihre Verfolgung der<lb/> Evangeliſchen hauptſächlich gegründet, hätte ſie zu der re-<lb/> ſoluteſten und gefährlichſten Feindſeligkeit veranlaſſen können.<lb/> Auch er hielt für gut, die Aufhebung des Wormſer Edic-<lb/> tes noch auszuſetzen. Er meinte, erſt wenn der Kaiſer<lb/> in das Reich zurückgekommen und mächtig daſelbſt gewor-<lb/> den ſey, werde dieſe Maaßregel mit Vortheil und ohne da-<lb/> mit die alte Religion zu ſtürzen, ausgeführt werden können:<lb/> dann werde man auch eine gute Summe Geldes für jene<lb/> Vergünſtigung erhalten können. <note place="foot" n="1">Excerpt des Schreibens von Ferdinand 22ſten Sept. —<lb/> Daß jenes Schreiben vom 27 Juli Mitte Auguſt angekommen, iſt<lb/> wohl keine Frage. Briefe von Spanien giengen in der Regel 14 Tage.</note></p><lb/> <p>Allein eben ſo wenig vermochte er doch oder war er<lb/> geneigt auf die allgemeine Execution des Wormſer Edictes<lb/> zu dringen. Ein vollkommener Sieg der Anhänger des<lb/> Papſtes wäre dem Haus Öſtreich ſogar verderblich geweſen.</p><lb/> <p>Da nun weder die Ausführung noch die Aufhe-<lb/> bung des Wormſiſchen Edictes rathſam erſchien, da auch<lb/> jene vermittelnden Vorſchläge nicht durchdringen konnten,<lb/> ſo machte ſich ein Prinzip geltend, das ſchon eine Zeit<lb/> daher in den Ereigniſſen mitgewirkt hatte, aber mehr in<lb/> der Tiefe, ohne zu allgemeinem Bewußtſeyn gelangt zu<lb/> ſeyn. Das Prinzip der Territorialentwickelung bemäch-<lb/> tigte ſich auch der religiöſen Angelegenheit. Ich finde,<lb/> daß zuerſt die Städte daſſelbe offen in Anregung brach-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ten.</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [368/0378]
Viertes Buch. Zweites Capitel.
ſich Herzog Wilhelm von Baiern bei den einflußreichſten
Churfürſten um dieſe Würde. Den katholiſchen Fürſten
das Edict zu entreißen, auf das ſie ihre Verfolgung der
Evangeliſchen hauptſächlich gegründet, hätte ſie zu der re-
ſoluteſten und gefährlichſten Feindſeligkeit veranlaſſen können.
Auch er hielt für gut, die Aufhebung des Wormſer Edic-
tes noch auszuſetzen. Er meinte, erſt wenn der Kaiſer
in das Reich zurückgekommen und mächtig daſelbſt gewor-
den ſey, werde dieſe Maaßregel mit Vortheil und ohne da-
mit die alte Religion zu ſtürzen, ausgeführt werden können:
dann werde man auch eine gute Summe Geldes für jene
Vergünſtigung erhalten können. 1
Allein eben ſo wenig vermochte er doch oder war er
geneigt auf die allgemeine Execution des Wormſer Edictes
zu dringen. Ein vollkommener Sieg der Anhänger des
Papſtes wäre dem Haus Öſtreich ſogar verderblich geweſen.
Da nun weder die Ausführung noch die Aufhe-
bung des Wormſiſchen Edictes rathſam erſchien, da auch
jene vermittelnden Vorſchläge nicht durchdringen konnten,
ſo machte ſich ein Prinzip geltend, das ſchon eine Zeit
daher in den Ereigniſſen mitgewirkt hatte, aber mehr in
der Tiefe, ohne zu allgemeinem Bewußtſeyn gelangt zu
ſeyn. Das Prinzip der Territorialentwickelung bemäch-
tigte ſich auch der religiöſen Angelegenheit. Ich finde,
daß zuerſt die Städte daſſelbe offen in Anregung brach-
ten.
1 Excerpt des Schreibens von Ferdinand 22ſten Sept. —
Daß jenes Schreiben vom 27 Juli Mitte Auguſt angekommen, iſt
wohl keine Frage. Briefe von Spanien giengen in der Regel 14 Tage.
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